Gundula Gahlen/Wencke Meteling/Christoph Nübel
Aufsatz
Veröffentlicht am: 
05. Januar 2015
DOI: 
10.15500/akm.05.01.2015

Die Frage, wie die Gewalt des Krieges das persönliche Leben der Menschen prägte, wurde jahrzehntelang in der Forschung kaum aufgeworfen. Erst seit dem späten 20. Jahrhundert hat sich die Historiografie mit dem Problem der möglicherweise anhaltenden Präsenz der Gewalt im privaten Leben aller Beteiligten eingehender beschäftigt.1 Hierbei spielte die Etablierung des Trauma-Konzepts, das in den 1970er-Jahren in Zusammenhang mit den Veteranen des Vietnamkriegs entwickelt wurde, und die neue Diagnose des Posttraumatischen Belastungssyndroms (post-traumatic stress disorder, PTSD) eine entscheidende Rolle. Das neue Label wurde durch die American Psychiatric Association in der dritten Auflage des Diagnostic Statistical Manual of Mental Disorders 1980 eingeführt. Der damit verbundene Trauma-Begriff wurde in den Folgejahren in der Politik, im Militär und in der Gesellschaft, schließlich auch in der Historiografie aufgenommen.2 Hierdurch wurden neue Wege eröffnet, um über die Auswirkungen von Gewalt einschließlich ihrer finanziellen, politischen und öffentlichen Implikationen zu reflektieren.3 Die Kategorie des „Traumas“ ist zu einem Steuerungselement unserer historischen Vorstellungskraft geworden, das die Wahrnehmung und Erforschung von kollektiver Gewalt in der Geschichte und der damit verbundenen nachhaltigen Leidenserfahrungen der Zeitgenossen verändert hat.4

Für die beiden Weltkriege hat sich mittlerweile der Kenntnisstand über seelische Belastungen des Krieges und über die Soldaten, die diesen Belastungen nicht standhielten und psychische Versehrungen davontrugen, deutlich erweitert. Es liegen mehrere länderübergreifende Studien und international vergleichende Sammelbände zur Thematik vor, die auf zahlreichen Einzelstudien aufbauen.5 Exzellente Überblicke zur internationalen Forschung verfassten Paul Lerner und Mark Micale6 sowie Babette Quinkert, Philipp Rauh und Ulrike Winkler7 und schließlich Hans-Georg Hofer und Livia Prüll.8

Insgesamt ist auffällig, dass in diesem Bereich der Zweite Weltkrieg lange Zeit vom breiten Forschungsinteresse am Ersten Weltkrieg überschattet wurde.9 Die unvorhergesehene Masse an psychischen Opfern in diesem Konflikt, die Kontroversen, welche die Kriegsneurose oder der „shell shock“ in der Medizin, im Militär und in der Politik auslösten, wie auch die rasche Popularisierung der Begriffe, die in den jeweiligen Ländern bzw. Sprachen zu Synonymen der industrialisierten Kriegführung wurden, waren hierfür vorrangig verantwortlich.10 Demgegenüber war die Entwicklung im Zweiten Weltkrieg diffuser und die gebräuchliche Begrifflichkeit sowie die psychiatrischen Diagnosen und Therapien der auftretenden psychischen Leiden waren sehr viel heterogener als im Ersten Weltkrieg, woraus sich das lange Zeit geringere Interesse der Forschung wohl mit erklärt.11

Zur intensiven Erforschung der psychischen Kriegsfolgen in den Jahren 1914-1918 hat sicherlich auch beigetragen, dass sich die Historiografie des „Großen Krieges“ früher für kulturwissenschaftliche Ansätze geöffnet hat als die des Zweiten Weltkrieges. Allerdings liegen mittlerweile auch für den Zweiten Weltkrieg mehrere wegweisende Studien vor.12 Hier ist insbesondere der von Jolande Withuis und Annet Mooij herausgegebene Sammelband „The Politics of War Trauma: The Aftermath of World War Two in Eleven Countries“ von 2011 anzuführen. Darin wurde erstmals systematisch untersucht, wie sich die Ausprägungen des psychischen Traumas in Abhängigkeit vom technologischen Wandel, von den gültigen Konzepten psychischer Krankheit, vom medizinischen System und vom Rentensystem jeweils unterschieden.13

Psychische Versehrungen

Im vorliegenden Themenschwerpunkt werden die kriegsbedingten psychischen Versehrungen der Soldaten und Veteranen in zeitgenössischen Wahrnehmungen und Deutungen untersucht und kontextualisiert. Auf die Verwendung eines Trauma-Konzeptes als Beschreibungs- und Analyseinstrument wird verzichtet.14 Die hier versammelten Beiträge zielen gerade nicht darauf, Soldaten und Zivilisten in psychiatrischer Behandlung mit einem diagnostischen Label zu versehen, das auf einem heutigen medizinischen Kenntnisstand beruht. Dies würde nur bedeuten, die subjektiven Erfahrungen der Soldaten in ein enges Korsett retrospektiver Zuschreibungen einzuzwängen.15 Schließlich transportiert die Kategorie des Traumas spezifische – oftmals anachronistische – Vorstellungen davon, wie Schmerz und erschütternde Erlebnisse psychisch und physisch verarbeitet wurden, ohne dass diese Zusammenhänge konkret historisch belegt würden.16 Die Zuschreibung einer „Traumatisierung“ gibt ein Wissen über die Bedeutung von Krieg, Gewalt und Tod für die Verhaltensweisen der Kriegsgenerationen sowie über die persönlichen Verarbeitungsweisen ihrer Erlebnisse während dieser Zeit vor, wodurch andere Erfahrungswelten und Handlungsweisen ausgeblendet werden.17

Dies zeigt beispielhaft ein Vergleich der typischen Symptome der Kriegsneurotiker des Ersten Weltkriegs mit den Symptomen, über die Soldaten heutiger Militäreinsätze klagen. Während im Ersten Weltkrieg Lähmungs- und Schüttelerscheinungen vielfach vorkamen, fehlen diese Symptome heute weitgehend. In der Forschung existiert hierzu die These, dass jeder Krieg seine eigenen Symptomkomplexe hervorbringe.18 Hinzu kommt, dass das heute in der Psychiatrie gebräuchliche Trauma-Konzept selbst eine Entwicklung genommen hat, die Teil der Geschichte der psychiatrischen Wissensproduktion ist.19

Entsprechend ist eine „Verarbeitungsgeschichte“ extremer Erlebnisse durch die psychiatrische Wissenschaft unverzichtbar für eine Erfahrungsgeschichte des Krieges und der Nachkriegszeit wie auch für eine Erinnerungsgeschichte des Krieges. Zu fragen ist, wie gesellschaftlich-kulturelle Umstände die Ausprägung und Deutung psychischer Kriegsversehrungen beeinflusst haben und wie sich die kulturellen Normen für den Umgang mit seelischen Kriegsbelastungen im und nach dem Krieg verschoben.20

Das Zeitalter der Weltkriege

Ungeachtet aller Unterschiede zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg lassen sich gemeinsame Strukturmerkmale und Kontinuitätslinien zwischen beiden Kriegen ausmachen, etwa bei Gewalttechniken, Methoden der Propaganda oder der Verwaltungs- und Okkupationspraxis. Um solche Phänomene, insbesondere wenn sie die Totalisierung der Kriegführung betreffen, vergleichend in den Blick nehmen zu können, operiert die Militärgeschichte – und nicht nur sie – mit dem Konzept des „Zeitalters der Weltkriege“.21 Der Vorzug dieses Ansatzes ist es, den starken Umbruch- oder Zäsurcharakter, der mit den Jahreszahlen 1914, 1918, 1939 oder 1945 im Allgemeinen hervorgehoben wird, zurückzustellen oder zumindest kritisch zu hinterfragen.22 Das Zeitalter der Weltkriege wird hier als eine zusammenhängende Periode begriffen, die in Europa zu entscheidenden gesellschaftlichen Transformationen und gewalttätigen politischen, sozialen, kulturellen und räumlichen Neuordnungen geführt hat.23 Dazu gehört auch, die jeweiligen Vor- und Nachkriegszeiten perspektivisch einzubinden, um längere Entwicklungslinien, Kontinuitäten und Brüche sichtbar zu machen, wie es einige der hier versammelten Aufsätze tun. Damit berühren sie etwa die in der Forschung immer wieder diskutierte Frage, ob der Erste Weltkrieg den „Anfang vom Ende des bürgerlichen Zeitalters“ bedeutete24 und inwiefern er als Katalysator der Moderne wirkte und Modernisierungsschübe auslöste. Solche Fragen haben bereits Zeitgenossen wie Ernst Troeltsch umgetrieben, der sich kurz nach Kriegsende mitten in einem „Sturm der Neubildung der Welt“ wähnte: „Da schwankt der Boden unter den Füßen und tanzen rings um uns die verschiedensten Möglichkeiten weiteren Werdens, selbstverständlich da am meisten, wo der Weltkrieg zugleich eine totale Umwälzung bedeutet hat, in Deutschland und in Rußland.“25

Der breit gefasste Untersuchungszeitraum ermöglicht es, eine Brücke zwischen dem Umgang mit seelischen Leiden in beiden Kriegen zu schlagen und dabei Kontinuitäten und Diskontinuitäten zu untersuchen, ohne unabweisbare Unterschiede zu verwischen.26 Erster und Zweiter Weltkrieg waren industrialisierte, technisierte Massenkriege, die den Soldaten das Gefühl vermittelten, dass ihnen Kontrollmöglichkeiten und eine Berechenbarkeit von Risiken weitgehend genommen waren. Diese existenzielle Bedrohung an der Front wirkte sich äußerst belastend auf die Kriegsteilnehmer aus und förderte psychische Zusammenbrüche.27 Dem Ersten Weltkrieg war dabei eigen, dass erstmalig Kriegsneurosen in großer Zahl auftraten und die Kriegsneurose zu einer zentralen Metapher dieses Krieges wurde.

Ausgehend von der Annahme, dass die extreme Gewalt der Weltkriege und ihrer Folgekonflikte in allen kriegsbeteiligten Gesellschaften fortdauernde immaterielle Schäden hinterließ,28 erscheint es nur konsequent, auch die Nachkriegszeiten einzubeziehen. Strukturen langer Dauer zeigten sich erstens im Erfahrungsraum der Militärpsychiatrie, der auch nach 1945 noch wesentlich von Einsichten aus dem Ersten Weltkrieg geprägt war.29 Obendrein bestand eine personelle Kontinuität bei den Psychiatern im Zeitalter der Weltkriege, auch über die politische Zäsur von 1945 hinaus.30 Das Gleiche gilt zweitens für die Erfahrungsräume der zivilen Gesellschaft und des Militärs als Institution und drittens schließlich für die individuellen Lebensläufe der (ehemaligen) Soldaten.31 So gab es Militärangehörige, die im Ersten und im Zweiten Weltkrieg kämpften, manche hatten in der Zwischenkriegszeit ihre militärische Ausbildung und Sozialisation erhalten. Dies trifft insbesondere auf die militärische Elite zu. Offiziere des Ersten Weltkriegs wurden vielfach wieder im Zweiten Weltkrieg eingesetzt, und ihr Denken und Handeln fußte oftmals auf Erfahrungen und Lehren aus dem „Großen Krieg“.32

Die Beiträge des Themenschwerpunktes

Der Themenschwerpunkt vereint sechs Beiträge, die sich mit der Situation in Deutschland, Belgien, Frankreich, Irland und der Sowjetunion auf nationaler oder auch lokaler Ebene befassen. Damit werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den europäischen Gesellschaften sowie mögliche transnationale Umbruchphasen ersichtlich, die beim Umgang mit psychischen Versehrungen im Zeitalter der Weltkriege maßgeblich waren und die sich längst nicht immer mit den Jahreszahlen 1914, 1918, 1939 und 1945 decken.

Der Themenschwerpunkt beginnt mit einem Beitrag von Julia Barbara Köhne über die Militärpsychiatrie und Kriegspsychologie im Ersten Weltkrieg in Deutschland und das Problem der Masse. Die „Masse“ war das Schreckbild des anhebenden 20. Jahrhunderts. Sie verkörperte alles Degenerierte und Schwache und galt aus diesem Grund als Gefahr für Staat und Nation. So nimmt es nicht wunder, dass Militärpsychiater und Kriegspsychologen die traumatisierten Soldaten des Ersten Weltkrieges mit Attributen der „Masse“ beschrieben. In deren deviantem Verhalten erkannten sie eine Gefahr für den gesunden, weil wohlgeordneten Heereskörper. Die Militärpsychiater rangen mit dem neuen, schwer fass- und beschreibbaren Krankheitsbild. Die „Kriegshysteriker“, wie man sie unter anderem nannte, wurden zum Symbol der Masse. Ziel der Militärpsychiatrie im Ersten Weltkrieg war es, bei den betroffenen Soldaten den Willen zum Opfer und zur Ordnung wiederherzustellen. Die Kriegspsychologen konnten der Masse indes auch positive Eigenschaften abgewinnen. Gesunde Soldaten gingen in der Masse auf, so die Annahme, und würden damit Teil einer Gemeinschaft, welche die Nation verteidigte. Somit war die Kriegspsychologie bestrebt, der Masse einen Nutzen abzuringen. Der Beitrag betont die Kontinuitäten über 1914 hinweg, indem er zeigt, dass die Deutungen der Vorkriegszeit in Militärpsychiatrie und Kriegspsychologie von überragender Bedeutung waren.

Christine Van Everbroeck beschäftigt sich mit der belgischen Militärpsychiatrie im Ersten Weltkrieg. Sie stellt die Frage, inwieweit der Krieg hier neue Erkenntnisse und Behandlungsmethoden beförderte. Das belgische Militär war schon vor 1914 für die Erkenntnisse der Psychiatrie sensibilisiert und richtete bereits wenige Monate nach Kriegsausbruch die erste psychiatrische Klinik ein. Allerdings wurden die hier eingelieferten Soldaten mit der Demobilisierung kurz nach Kriegsende auf allgemeinpsychiatrische Anstalten in ganz Belgien verteilt, was einer Aberkennung ihres Sonderstatus als Kriegskranke gleichkam. Die Zeitgenossen werteten dies allerdings als einen Akt der Normalisierung nach vier Kriegsjahren. Der Krieg glich einer Störung des sozialen Lebens, die man rasch überwinden müsse. Die belgischen Militärpsychiater interpretierten die Kriegsereignisse auf ganz ähnliche Weise. Sie waren überzeugt, dass die psychischen Leiden der Soldaten bereits in der Vorkriegszeit angelegt waren und sie sich deshalb nicht grundsätzlich von anderen psychischen Erkrankungen unterschieden. Wie es scheint, brachte der Krieg in Belgien keine Ausdifferenzierung der psychiatrischen Methoden. Vielmehr bewirkte er, dass die Einstellungsuntersuchung der Rekruten noch sorgfältiger ausgeführt wurde, um mögliche Erkrankungen bereits im Frühstadium zu erkennen und nur die am besten geeigneten Männer zu Soldaten zu machen. Zivile Ärzte übertrugen dieses Modell auf die belgische Zivilgesellschaft und leisteten damit einem Denken in Kategorien der Eugenik und sozialen Hygiene Vorschub. Diese Befunde unterstreichen, dass die Geschichte der Medizin und der Militärpsychiatrie des Ersten Weltkrieges beileibe nicht in einer Fortschrittsgeschichte aufgeht. Wenn vom Weltkrieg als Laboratorium der Moderne die Rede ist, dann geht es gerade um das Janusgesicht der Moderne.

Während Köhne und Van Everbroeck die Entwicklung der Militärpsychiatrie und vorrangig die Fachdiskurse in Deutschland und Belgien behandeln, untersucht Marie Derrien in ihrem Beitrag den französischen Umgang mit psychisch versehrten Veteranen im Ersten Weltkrieg und in den Nachkriegsjahren anhand einer Detailstudie zur Behandlungspraxis. Sie rekonstruiert die Geschichte der einzigen französischen Organisation, die speziell der Unterstützung von Veteranen mit „nervösen Kriegsleiden“ gewidmet war: L’Assistance aux Blessés Nerveux de la Guerre (A.B.N.G.). 1917 von Marguerite Hérold ins Leben gerufen, der Ehefrau des politisch einflussreichen und gut vernetzten André-Ferdinand Hérold, welcher der Organisation vorstand, verfolgte sie einen doppelten Zweck: Sie sollte Soldaten mit „nervösen Kriegsleiden“ medizinische Pflege sowie Hilfe bei ihrer Rückkehr ins zivile Leben bieten. Nach bescheidenen Anfängen eröffnete die A.B.N.G. nach dem Krieg eine Krankenstation sowie ein Umschulungsheim in einem Schloss in Arnouville-lès-Gonesse, nördlich von Paris gelegen, das allerdings die veranschlagte Kapazität von 150 Veteranen nie erreichte und aufgrund finanzieller Engpässe schon 1923 den Grundsatz der Gratispflege aufgeben musste. Mehr und mehr löste sich die Organisation von ihrem Ursprungszweck und konzentrierte ihre Aktivitäten stattdessen auf „labile und zurückgebliebene“ Kinder. Dass die Nachfrage seitens der anvisierten Veteranen nicht größer war, lag in der Sache selbst begründet: Hinter dem Ausdruck „nervöse Kriegsleiden“ verbargen sich sehr unterschiedliche neurologische wie auch – stärker stigmatisierte – psychiatrische Krankheitsbilder, deren Abgrenzung zeitgenössisch umstritten war. Die A.B.N.G. wurde sich der Ambiguität der verschiedenen Diagnosen und des Problems der angemessenen Behandlung der von ihr betreuten Veteranen, erst recht der Schwierigkeit oder sogar Unmöglichkeit ihrer erfolgreichen Wiedereingliederung ins gesellschaftliche Leben, zunehmend bewusst; und sie war überfordert angesichts von Gewaltausbrüchen, Alkoholismus und akuten Anfällen ehemaliger Soldaten, die unter starken psychischen Störungen litten. Ihre Statutenänderung – von temporärer Umschulung zu dauerhaftem Ruhestand – trug der Einsicht Rechnung, dass etliche der betroffenen Veteranen nie mehr ins normale zivile Leben zurückkehren würden. Dies werteten die Mitglieder der A.B.N.G. aber nicht als Scheitern, sondern als Korrektur ihrer anfänglichen Fehlannahme.

Der vierte Beitrag des Themenschwerpunktes stammt von Justin Dolan Stover, der sich mit dem Umgang mit Kriegstraumata in Irland in den Jahren 1914 bis 1927 beschäftigt. Anders als die bisherigen Aufsätze nimmt sein Beitrag nicht die Militärpsychiatrie in den Blick, auch stehen bei ihm nicht nur Soldaten im Mittelpunkt, sondern die gesamte irische Bevölkerung. Der Beitrag verknüpft die Konzepte Loyalität und Trauma vor dem Hintergrund der Ereignisse des „Greater War“ in Irland. In der Zeit des Ersten Weltkrieges war die irische Gesellschaft erheblichem Druck ausgesetzt, da der stärker werdende Nationalismus darauf zielte, die britische Vorherrschaft zu brechen und die unabhängige Republik zu etablieren. Vor diesem Hintergrund erschütterten der Krieg auf dem Kontinent und die revolutionären Ereignisse im Inneren das Loyalitätsgefüge in Irland. Die Entwicklungen verweisen auf die zahlreichen Verschränkungen von Gewalt, Loyalitäten und Traumata. Gewalt zeigt sich hier als ein Faktor der Vergesellschaftung, weil sie zwischen der eigenen und der anderen Gruppe eine blutige Grenze zieht. Laut Stover war sie ein Auslöser von Traumata, die sozial verhandelt werden mussten, um bewältigt werden zu können. Nach Kriegsende war indes das Narrativ, die Veteranen des Ersten Weltkrieges hätten auf dem Kontinent für die irische Souveränität und für die Freiheit Europas gekämpft, bereits aus der Zeit gefallen. Auch Republikaner und Unionisten rangen in der irischen Gesellschaft um die Anerkennung ihrer Leistungen und Leiden in einer Zeit der Konflikte, um ihre politischen Vorstellungen zu verwirklichen. Insofern verstärkte der Krieg gesellschaftliche Auseinandersetzungen, die bereits vor 1914 angelegt waren, und rief zusätzlich Spannungen hervor.

Robert Dale schlägt nachfolgend den Bogen zum Zweiten Weltkrieg. Mit der Rückkehr von über 300.000 Veteranen in das kriegszerstörte Leningrad untersucht er einen historischen Extremfall: Leningrad war aufgrund der Belagerung, die rund einem Drittel der Vorkriegsbevölkerung das Leben gekostet und ein Fünftel des Wohnbestandes zerstört hatte, eine der am stärksten vom Krieg betroffenen Städte in der Sowjetunion. Psychische Kriegsleiden erstreckten sich deshalb sowohl auf Veteranen wie auf die Zivilbevölkerung. Leningrad bietet deshalb einen aufschlussreichen Fall, um zu ergründen, wie psychische Kriegsleiden in der spätstalinistischen Gesellschaft wahrgenommen und verhandelt wurden. In vielerlei Hinsicht kann die Kriegsheimkehr der Veteranen nach Leningrad als traumatisch beschrieben werden; das gilt besonders für die kriegsversehrten, die weiblichen sowie die ehemaligen Kriegsgefangenen unter ihnen, die harschen Diskriminierungen ausgesetzt waren. Doch warnt Dale davor, moderne, westlich geprägte Konzepte von Kriegstraumata wie post-traumatischen Stress vorschnell auf die spätstalinistische Leningrader Gesellschaft zu übertragen. Deren Auffassungen von und ihr Umgang mit Angst, Verrücktheit, Männlichkeit und sozialer Pflicht, um nur einige Facetten zu nennen, welche die Konzeption psychischer Kriegsleiden beeinflussten, unterschieden sich erheblich von heutigen westlichen kulturellen Mustern. Wie es scheint, gelang es den meisten Veteranen, nach dem Krieg die Fäden ihres Vorkriegslebens wieder aufzunehmen und fortzuspinnen. Wenngleich sich Psychiater intensiv mit den psychischen Kriegsleiden von Soldaten wie auch Zivilisten auseinandersetzten, wurde letztlich nur ein sehr geringer Teil von ihnen offiziell als psychisch Kriegsversehrte anerkannt. Gesellschaftlich blieben psychische Versehrungen und geistige Krankheiten, nicht zuletzt aufgrund vorherrschender Männlichkeitsvorstellungen, stigmatisiert. Einige Veteranen reagierten darauf, indem sie ihre psychischen Leiden „somatisierten“, sie also zu physischen Krankheiten oder Beschwerden erklärten. Das schiere Ausmaß seelischer Kriegsversehrungen im Nachkriegsleningrad legt den Schluss nahe, dass der Krieg die Toleranzschwelle für abweichendes Sozialverhalten gesenkt hat.

Der Themenschwerpunkt endet mit einem Beitrag von Livia Prüll und Philipp Rauh. Sie zeichnen die Entwicklung des Umgangs mit psychisch versehrten Veteranen in Deutschland seit dem Ersten Weltkrieg nach und gehen auf militärische, staatliche und soziokulturelle Einflüsse ein. Zeitlich spannt der Beitrag den weiten Bogen vom Ersten Weltkrieg bis in die jüngste Vergangenheit mit einem Schwerpunkt im Zeitalter der Weltkriege. Im Mittelpunkt stehen die Diskussionen um die Anerkennung der für die Rentenvergabe wichtigen Kriegsdienstbeschädigung und die Streitfrage, ob der Kriegsdienst die Ursache für die psychischen Leiden der Kombattanten war oder nicht. Prüll und Rauh arbeiten heraus, wie sich im Ersten Weltkrieg eine psychiatrische Lehre im Umgang mit psychisch kranken Soldaten durchsetzte, die den ärztlichen Blick auf psychisch kranke Soldaten über mehrere Jahrzehnte hinweg prägte. Die führenden Vertreter des Faches einigten sich 1916 auf einem Kongress nach einer kontrovers geführten Diskussion darauf, einen Zusammenhang zwischen den Kriegserlebnissen und länger anhaltenden psychischen Beschwerden von Soldaten auszuschließen und stattdessen den Erkrankten einen fehlenden Willen zur Gesundheit zu attestieren. Mit dieser psychiatrischen Lehre ging die folgenschwere Vorstellung einher, dass eine Kriegsrente dem Heilungsprozess des Veteranen entgegenwirke. Entsprechend kämpften Psychiater noch bis in die 1960er Jahre hinein zum Teil vehement gegen die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung psychisch kranker Soldaten und Veteranen. Prüll und Rauh stellen allerdings heraus, dass bis zum Ende der Weimarer Republik seelisch kranke Veteranen des Ersten Weltkrieges trotz der Kritik führender Psychiater in das staatliche Fürsorgesystem integriert blieben. Eine schlagartige Änderung im versorgungsrechtlichen Umgang sowie in der psychiatrischen Begutachtungspraxis erfolgte erst mit einem vom Kabinett Hitler im Juli 1934 verabschiedeten Gesetz, das die psychischen Symptome der Kriegsteilnehmer mit charakterlicher und angeborener Minderwertigkeit erklärte und Renten verwehrte. Allerdings arbeiten Prüll und Rauh heraus, dass hier in Bezug auf die dahinter stehende psychiatrische Lehrmeinung kein nationalsozialistisches Gedankengut übernommen wurde, sondern dass diese Ansicht in psychiatrischen Fachjournalen seit dem Ersten Weltkrieg propagiert wurde und an ihr auch nach 1945 festgehalten wurde. Bis in die 1960er Jahre blieb es in der Bundesrepublik unmöglich, psychisch versehrten Kriegsteilnehmern eine Wehrdienstbeschädigung zu bescheinigen. Und bis in die jüngste Vergangenheit prägten Zweifel der psychiatrischen Gutachter, ob die Leiden der Veteranen wirklich vom Krieg herrührten, die Entschädigungsverfahren in der Bundeswehr. Der Beitrag von Prüll und Rauh macht zwei Dinge deutlich. Zum einen stellt er heraus, dass die Konstituierung wie auch die Revidierung militärpsychiatrischer Konzepte in Deutschland in hohem Maße von gesundheits-, sozial-, finanz- wie gesellschaftspolitischen Faktoren beeinflusst waren. Zum anderen belegt er eindrücklich, dass die entwickelten wissenschaftlichen Theorien nicht umgehend in die psychiatrische Begutachtungspraxis Eingang fanden, sondern dass sich die praktizierenden Militärpsychiater bei wissenschaftlichen Paradigmenwechseln nur langsam von erprobten Praktiken, Theorien und Konzepten lösten.

Die im Themenschwerpunkt versammelten Beiträge gewähren Einblick in aktuelle Forschungen zum Thema psychische Versehrungen im Zeitalter der Weltkriege. Die Aufsätze fragen zum einen nach den gängigen medizinischen Theorien, den Mentalitäten und Diagnosestrategien der Psychiater, aber auch nach der medizinischen Behandlungspraxis. Hierbei zeigt sich, dass im Zeitalter der Weltkriege das psychiatrische Wissen in einer internationalen Forschungslandschaft verhandelt wurde, gleichzeitig aber nationale und lokale Besonderheiten bestanden. Zum anderen thematisieren sie die Sichtweisen der betroffenen Soldaten und Veteranen und ihr empfundenes Leiden. Und schließlich diskutieren sie breitere gesellschaftliche, politische und kulturelle Einflussfaktoren, welche den Umgang der Zeitgenossen mit psychischen Versehrungen prägten.

Aus der Zusammenschau der Beiträge wird deutlich, welche Anschauungen über psychische Kriegsleiden existierten, welche neu entstanden, welche an Relevanz gewannen oder verloren, warum sich bestimmte Auffassungen und Praktiken in Wissenschaft und Gesellschaft durchsetzten und andere nicht und was dies für die betroffenen Soldaten und Veteranen bedeutete. Alle Beiträge vereint dabei die Erkenntnis, dass psychisch versehrte Kriegsteilnehmer um soziopolitische und kulturelle Anerkennung ringen mussten, während gleichzeitig die Gewalt über das jeweilige Kriegsende hinaus als sozialer Kitt wie auch als Konfliktherd wirkte, der homogenisierende, aber auch konfliktgeladene Gruppenstrukturen und Identitäten schuf.

  • 1. Eine Pionierstudie erstellte hierbei Peter Leed, der erstmals das Thema als Forschungsgegenstand einer Sozial- und Kulturgeschichte behandelte. Eric J. Leed, No man's land. Combat and identity in World War I, Cambridge 1981. Vgl. auch Alice Förster/Birgit Beck, Post-Traumatic Stress Disorder and World War II: Can a Psychiatric Concept Help Us Understand Postwar Society? in: Richard Bessel/Dirk Schumann (Hrsg.), Life after Death. Approaches to a Cultural and Social History of Europe During the 1940s and 1950s, New York 2003, S. 15-38; Birbaumer, Niels/Langewiesche, Dieter, Neuropsychologie und Historie: Versuch einer empirischen Annäherung. Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) und Soziopathie in Österreich nach 1945 (Neuropsychology and History: An Empirical Approximation. Posttraumatic Stress Disorder (PTSD) and Sociopathy in Post-War-Austria), in: Geschichte und Gesellschaft 32 (2006), S. 153-175.
  • 2. Vgl. hierzu Allen Youngs Studie, welche die Entstehungsgeschichte der Diagnose nachzeichnet: Allan Young, The harmony of illusions: Inventing post-traumatic stress disorder, Princeton NJ 1997; Franziska Lamott, Das Trauma als symbolisches Kapital: Zu Risiken und Nebenwirkungen des Trauma-Diskurses, in: Psychosozial (2003), S. 53–62. Siehe auch Paul Lerner/Mark S. Micale, Trauma, Psychiatry, and History: A Conceptual and Historiographical Introduction, in: Dies. (Hrsg.), Traumatic pasts. History, psychiatry, and trauma in the modern age, 1870 - 1930, Cambridge u.a. 2001, S. 1-27.
  • 3. Vgl. hierzu insbes. den Sammelband von Eckart, Wolfgang U./Seidler, Günter H. (Hrsg.), Verletzte Seelen. Möglichkeiten und Perspektiven einer historischen Traumaforschung, Gießen 2005.
  • 4. Svenja Goltermann, Die Gesellschaft der Überlebenden. Deutsche Kriegsheimkehrer und ihre Gewalterfahrungen im Zweiten Weltkrieg, München 2009, S. 20.
  • 5. Hans Binneveld, From shell shock to combat stress. A comparative history of military psychiatry, Amsterdam 1997; Edgar Jones/Simon Wessely, Shell shock to PTSD. Military psychiatry from 1900 to the Gulf War, Hove, East Sussex, New York 2005; Ben Shephard, A war of nerves. Soldiers and psychiatrists in the twentieth century, Cambridge, Mass 2000; Susanne Michl/Jan Plamper, Soldatische Angst im Ersten Weltkrieg: Die Karriere eines Gefühls in der Kriegspsychiatrie Deutschlands, Frankreichs und Russlands, in: Geschichte der Gefühle 35 (2009), S. 209-248; Lerner/Micale (Hrsg.), Traumatic Pasts, 2001; Babette Quinkert/Philipp Rauh/Ulrike Winkler (Hrsg.), Krieg und Psychiatrie 1914-1950, Göttingen 2010; Hans-Georg Hofer/Cay-Rüdiger Prüll/Wolfgang Eckart (Hrsg.), War, trauma and medicine in Germany and Central Europe (1914-1939), Freiburg 2011; Ekins, Ashley/Stewart, Elizabeth (Hrsg.), War wounds: Medicine and the trauma of conflict, Wollombi, NSW 2011; Hans-Walter Schmuhl/Volker Roelcke (Hrsg.), "Heroische Therapien": Die deutsche Psychiatrie im internationalen Vergleich, 1918-1945, Göttingen 2013; Livia Prüll/Philipp Rauh (Hrsg.), Krieg und medikale Kultur: Patientenschicksale und ärztliches Handeln in der Zeit der Weltkriege 1914-1945, Göttingen 2014.
  • 6. Lerner/Micale, Trauma, psychiatry, and history.
  • 7. Babette Quinkert/Philipp Rauh/Ulrike Winkler, Einleitung, in: Dies. (Hrsg.), Krieg und Psychiatrie, S. 9-28.
  • 8. Hans-Georg Hofer/Cay-Rüdiger Prüll, Reassessing War, Trauma and Medicie in Germany and Central Europe (1914-1939), in: Hofer/Prüll/Eckart (Hrsg.), War, trauma and medicine, S. 7-29.
  • 9. Vgl. speziell zum Ersten Weltkrieg für Deutschland u.a. Maria Hermes, Krankheit: Krieg. Psychiatrische Deutungen des Ersten Weltkrieges, Essen 2012; Julia Barbara Köhne, Kriegshysteriker: Strategische Bilder und mediale Techniken militärpsychiatrischen Wissens (1914-1920), Husum 2009; Paul Frederick Lerner, Hysterical men. War, psychiatry, and the politics of trauma in Germany, 1890- 1930, Ithaca 2003. Für die Zeit der Weimarer Republik: Jason Crouthamel, The Great War and German memory. Society, politics and psychological trauma 1914-1945, Exeter 2009; Stephanie Neuner, Politik und Psychiatrie. Die staatliche Versorgung psychisch Kriegsbeschädigter in Deutschland 1920-1939, Göttingen 2011; Anton Kaes, Shell Shock Cinema. Weimar Culture and the Wounds of War, Princeton 2011; Zu Österreich-Ungarn: Hans-Georg Hofer, Nervenschwäche und Krieg. Modernitätskritik und Krisenbewältigung in der österreichischen Psychiatrie, 1880-1920, Wien 2004. Vgl. zu Frankreich z. B. Gregory M. Thomas, Treating the trauma of the Great War. Soldiers, civilians, and psychiatry in France, 1914-1940, Baton Rouge 2009 ; Jean-Yves Le Naour, Les soldats de la honte, Paris 2011; Hervé Guillemain/Stéphane Tison, Du front à l’asile, 1914-1918, Paris 2013. Vgl. zu Russland: Elena Senjavskaja, Psychologija vojny v XX veke. Istorričeskij opyt Rossii, Moskva 1999; Catherine Merridale, The Collective Mind. Trauma and Shell-Shock in Twentieth-Century Russia, in: Journal of Contemporary History 35 (2000), S. 39-55; Jacqueline Lee Friedlander, Psychiatrists and Crisis in Russia, 1880-1917, Berkeley 2007; Laura L. Philips, Gendered Dis/ability. Perspectives from the Treatment of Psychiatric Casualties in Russia’s Early Twentieth-Century Wars, in: Social History of Medicine 20 (2007), S. 333-350; Irina Sirotkina, The Politics of Etiology. Shell Shock in The Russian Army, 1914-1918, in: Angela Brintlinger/ Ilya Vinitsky (Hrsg.), Madness and the Mad in Russian Culture, Toronto 2007, S. 117-129. Vgl. zu England bes. Peter Leese, Shell Shock. Traumatic Neuroses and the British Soldiers of the First World War, New York 2002; Reid, Fiona: Broken men: shell shock, treatment and recovery in Britain, 1914-1930, London; New York 2011: Continuum. Fiona Reid, Broken men. Shell shock, treatment and recovery in Britain 1914-1930, London, New York 2011.
  • 10. Reid, Broken Men, S. 9, 11; Peter Leese, “Why Are They Not Cured?” British Shellshock Treatment During the Great War, in: Lerner/Micale (Hrsg.), Traumatic pasts, S. 205-221.
  • 11. Elizabeth Roberts-Pedersen, A Weak Spot in the Personality? Conceptualising “War Neurosis” in British Medical Literature of the Second World War, in: Australian Journal of Politics & History 58 (2012), S. 408–420; Jones/Wessely, Shell Shock to PTSD, S. 161-165.
  • 12. Vgl. zu Deutschland: Helmut Schmitz (Hrsg.), Narratives of trauma. Discourses of German wartime suffering in national and international perspectives, Amsterdam u.a. 2011; Georg Berger, Die beratenden Psychiater des deutschen Heeres 1939 bis 1945, Frankfurt am Main 1998; Klaus Blaßneck, Militärpsychiatrie im Nationalsozialismus. Kriegsneurotiker im Zweiten Weltkrieg, Würzburg 2000; Alexander Neumann, "Arzttum ist immer Kämpfertum". Die Heeressanitätsinspektion und das Amt "Chef des Wehrmachtsanitätswesens" im Zweiten Weltkrieg (1939-1945), Düsseldorf 2005; Roland Müller, Wege zum Ruhm. Militärpsychiatrie im Zweiten Weltkrieg. Das Beispiel Marburg, Marburg, Köln 2001; Henning Tümmers, Fern der Berliner Zentrale. Tübinger Ärzte und ihre Handlungsspielräume im Umgang mit "Psychopathen", in: Quinkert/Rauh/Winkler (Hrsg.), Krieg und Psychiatrie, S. 104–128; Peter Steinkamp, Patientenschicksale und ärztliches Handeln im Zweiten Weltkrieg, in: Prüll/Rauh (Hrsg.), Krieg und medikale Kultur, S. 153-233; für die Zeit nach 1945: Goltermann, Die Gesellschaft der Überlebenden, 2009. Zu England: Ben Shephard, „Pitiless psychology“. The role of prevention in British military psychiatry in the Second World War, in: History of Psychiatry (1999), S. 491-524; Edgar Jones/Stephen Ironside, Battle exhaustion. The dilemma of psychiatric casualities in Normandy, June - August 1944. In: Historical journal 53 (2010), S. 109-138. Zu den USA: Hans Pols, Die Militäroperation in Tunesien 1942/43 und die Neuorientierung der US-amerikanischen Militärpsychiatrie, in: Quinkert/Rauh/Winkler (Hrsg.), Krieg und Psychiatrie, S. 129-152; ders., The Repression of War Trauma in American Psychiatry after World War II, in: Roger Mark Harrison/Steve Sturdy Cooter (Hrsg.), Medicine and Modern Warfare, Amsterdam u.a 1999, S. 251-276; Gerald N. Grob, Der Zweite Weltkrieg und die US-amerikanische Psychiatrie, in: Quinkert/Rauh/Winkler (Hrsg.), Krieg und Psychiatrie, S. 153-164.
  • 13. Withuis, Jolande/Annet Mooij (Hrsg.), The politics of war trauma. The aftermath of World War II in eleven European countries, Amsterdam 2010.
  • 14. Vgl. zur Begriffsgeschichte des Traumas Heinz Schott, Das psychische Trauma in medizinhistorischer Perspektive, in: Eckart/Seidler (Hrsg.), Verletzte Seelen, S. 41-56; Katrin Lehmacher, Trauma-Konzepte im historischen Wandel. Ein Beitrag zur Rezeptionsgeschichte der Posttraumatic-Stress Disorder in Deutschland (1980-1991), Bonn, Univ., Diss. 2013, URL: http://hss.ulb.uni-bonn.de/2013/3103/3103.htm (13.10.2014).
  • 15. Vgl. hierzu die Warnungen bei Goltermann, Die Gesellschaft der Überlebenden, S. 18 f., 21, 422; Hofer, Nervenschwäche im Krieg, S. 28 f.; Richard J. McNally, Remembering trauma, Cambridge 2003, S. 283; Karl-Heinz Leven, Krankheiten - historische Deutung vs. retrospektive Diagnose, in: Norbert Paul/Theodor Schlich (Hrsg.), Medizingeschichte: Aufgaben - Probleme - Perspektive, Frankfurt am Main, New York 1998, S. 153-185; Wulf Kansteiner, Menschheitstrauma, Holocausttrauma, kulturelles Trauma: Eine kritische Genealogie der philosophischen, psychologischen und kulturwissenschaftlichen Traumaforschung seit 1945, in: Friedrich Jaeger (Hrsg.), Handbuch der Kulturwissenschaften, Bd. 3, Stuttgart 2004, S. 109-138.
  • 16. Goltermann, Die Gesellschaft der Überlebenden, S. 18, 21. Vgl. dagegen Alice Förster/Birgit Beck, Post-Traumatic Stress Disorder and World War II: Can a Psychiatric Concept Help Us Understand Postwar Society?, in: Richard Bessel/Dirk Schumann (Hrsg.), Life after death. Approaches to a cultural and social history during the 1940s and 1950s, Washington, D.C, Cambridge 2003, S. 15-38. Siehe auch die aktuelle Kritik an der Diagnose Posttraumatische Belastungsstörung von Ben Shephard, Die Psychiatrie des Krieges ist zu wichtig, um sie den Psychiatern zu überlassen, in: Melissa Larner/James Peto/Colleen M. Schmitz (Hrsg.), Krieg und Medizin, Göttingen 2009, S. 175-187.
  • 17. Goltermann, Die Gesellschaft der Überlebenden, S. 424. Vgl. hierzu als ein eindrückliches Beispiel für die heterogene Verarbeitungsweise traumatischer Erlebnisse den Beitrag von Robert Dale in diesem Themenschwerpunkt über die Situation in Leningrad nach dem Zweiten Weltkrieg.
  • 18. Edgar Jones/Simon Wessely, War Syndromes: The Impact of Culture on Medically Unexplained Symptoms, in: Medical History (2005), S. 55-78.
  • 19. Goltermann, Die Gesellschaft der Überlebenden, S. 426; siehe auch Lamott, Das Trauma als symbolisches Kapital, S. 53-62. Siehe dazu insbesondere den Beitrag von Julia Köhne.
  • 20. Goltermann, Die Gesellschaft der Überlebenden, S. 23.
  • 21. Henry Rousso, Eine neue Sicht des Krieges, in: Jörg Echternkamp/Stefan Martens (Hrsg.), Der Zweite Weltkrieg in Europa. Erfahrungen und Erinnerungen, Paderborn u.a. 2007, S. 269-276. Siehe nur die Buchreihen „Zeit der Weltkriege“, herausgegeben von Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz sowie „Zeitalter der Weltkriege“, herausgegeben vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, Potsdam.
  • 22. Dazu jetzt Anselm Doering-Manteuffel, Die deutsche Geschichte in den Zeitbögen des 20. Jahrhunderts, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 62 (2014) 3, S. 321-348.
  • 23. Bruno Thoß, Die Zeit der Weltkriege – Epochen als Erfahrungseinheit?, in: Ders./Hans-Erich Volkmann (Hrsg.): Erster Weltkrieg – Zweiter Weltkrieg. Ein Vergleich, Paderborn 2002, S. 7-30.
  • 24. Wolfgang Mommsen, Der Erste Weltkrieg. Anfang vom Ende des bürgerlichen Zeitalters, Frankfurt am Main 2004.
  • 25. Ernst Troeltsch, Der Historismus und seine Probleme, 1922, zit. n. Oliver Jahraus/Christian Kirchmeier, Ausblick: Der Erste Weltkrieg als Katastrophe, in: Niels Werber/Stefan Kaufmann/Lars Koch (Hrsg.), Erster Weltkrieg. Kulturwissenschaftliches Handbuch, Stuttgart, Weimar 2014, S. 495-509, S. 503.
  • 26. Livia Prüll/Philipp Rauh, Militär und medikale Kultur in Deutschland 1914-1945, in: Prüll/Rauh (Hrsg.), Krieg und medikale Kultur, S. 7-29, hier S. 21; vgl. zudem Cay-Rüdiger Prüll, Die Bedeutung des Ersten Weltkriegs für die Medizin im Nationalsozialismus, in: Gerd Krumeich (Hrsg.), Nationalsozialismus und Erster Weltkrieg, Essen 2010, S. 363-378.
  • 27. Oetting, Dirk Walther, Motivation und Gefechtswert: Vom Verhalten des Soldaten im Kriege, Frankfurt am Main [u.a.], 1988, S. 18, 23 f., 26, 29; Blaßneck, Militärpsychiatrie im Nationalsozialismus, S. 18 f.; Leed, No Man’s Land, S. 163-192; Bernd Ulrich/Benjamin Ziemann (Hrsg.), Frontalltag im Ersten Weltkrieg: Ein historisches Lesebuch, Essen 2008, S. 102-109.
  • 28. Diese in jüngster Zeit in der Forschung vertretene These wendet sich gegen den lange Zeit vorherrschenden Eindruck, als sei die Gesellschaft kaum nachhaltig durch den Krieg erschüttert worden. Goltermann, Die Gesellschaft der Überlebenden, S. 16; Mark Mazower, Der dunkle Kontinent: Europa im 20. Jahrhundert, Berlin 2000, S. 318; Richard Bessel, „Leben nach dem Tod“: Vom Zweiten Weltkrieg zur Zweiten Nachkriegszeit, in: Bernd Wegner u. a. (Hrsg.), Wie Kriege enden. Wege zum Frieden von der Antike bis zur Gegenwart, Paderborn 2002, S. 239-258; Klaus Naumann, Einleitung, in: Ders. (Hrsg.), Nachkrieg in Deutschland, Hamburg 2001, S. 9-26, hier S. 24 f.
  • 29. Hier handelt es sich um einen Befund, der international feststellbar ist. Quinkert/Rauh/Winkler, Einleitung, S. 21; Mark Harrison, Krieg und Medizin im Zeitalter der Moderne, in: Larner/Peto/Schmitz (Hrsg.), Krieg und Medizin, S. 11-29. hier 24. Vgl. zu England Shephard, „Pitiless Psychology“; vgl. zu den USA Grob, Der Zweite Weltkrieg und die US-amerikanische Psychiatrie.
  • 30. Vgl. zu den Kontinuitäten in der Ärzteschaft z. B. für Deutschland Geoffrey Cocks, Psychotherapy in the Third Reich: The Göring Institute, New Brunswick 1997; Franz-Werner Kersting, Anstaltsärzte zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik: Das Beispiel Westfalen, Paderborn, 1996. Siehe daneben Prüll, Die Bedeutung des Ersten Weltkriegs.
  • 31. Siehe beispielhaft zu den deutschen Soldaten nach 1945 Jörg Echternkamp, Soldaten im Nachkrieg. Historische Deutungskonflikte und westdeutsche Demokratisierung 1945-1955, München 2014.
  • 32. Bernhard R. Kroener, Generationserfahrungen und Elitenwandel. Strukturveränderungen im deutschen Offizierskorps 1933-1945, in: Rainer Hudemann/Georges-Henri Soutou (Hrsg.), Eliten in Deutschland und Frankreich im 19. und 20. Jahrhundert – Strukturen und Beziehungen, Bd. 1, München 1994, S. 219-233.
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