#militaryXmovies Special zum 80. Jahrestag
Jannes Bergmann/Paul Fröhlich/Eric Strohmeier-Wimmer
Miszelle
Veröffentlicht am: 
07. Juni 2022

Am heutigen Tag vor genau 80 Jahren ging die am 4. Juni begonnene Schlacht um Midway zu Ende und damit das Ereignis, das häufig als der Wendepunkt des Zweiten Weltkriegs im Pazifik angesehen wird. Es gelang der amerikanischen US Navy der japanischen Kaiserliche Marine eine schwere Niederlage zuzufügen, in deren Folge die strategische Initiative von Japan an die USA überging. Aus diesem Anlass betrachten wir heute in einer XXL-Ausgabe unserer Twitterreihe #militaryXmovies die Darstellung der Schlacht in drei unterschiedlichen Filmen.

Den Anfang macht „Schlacht um Midway“ (OT: „The Battle of Midway“),1 ein amerikanischer Propagandafilm erschienen im September 1942, also kein halbes Jahr nach den Ereignissen, und damit der erste Film überhaupt, der sich der Schlacht widmet. Der 18-minütige Streifen ist zusammengeschnitten aus Material, das direkt an den Tagen der Schlacht aufgenommen wurde, kombiniert mit einigen Szenen des alltäglichen Lebens auf dem Atoll in den Wochen zuvor. Eingeleitet wird das Ganze von Kommentaren bekannter Hollywoodschauspieler wie Henry Fonda oder Jane Darwell, die versuchen dem Publikum zu Anfang auf persönlicher Ebene einen Eindruck von der Bedeutung der Schlacht und der Inseln in „ihrem Vorgarten“ zu vermitteln, unterstützt durch eingefügtes Material einer typischen amerikanischen Familie in der Heimat.

Die eigentlichen Szenen der Schlacht nehmen nur knapp 5 Minuten in Anspruch und kommen größtenteils ohne Kommentar oder Erläuterungen aus. Aufgrund der schwankenden Qualität durch die unmittelbare Aufzeichnung während des Kampfgeschehens und dem eher willkürlichen Zusammenschnitt verschiedener Szenen lässt sich der Ablauf der Schlacht ohne Vorwissen kaum nachvollziehen. Das letzte Drittel widmet sich der siegreichen Rückkehr der amerikanischen Piloten, einem Überblick über die erfolgten Zerstörungen und dem Gedenken der gefallenen amerikanischen Soldaten. Den Abschluss bildet eine Auflistung der bekannten japanischen Verluste an Schiffen und Flugzeugen, die jeweils demonstrativ mit einem Pinsel übermalt werden, begleitet von triumphaler, patriotischer Musik.

Regie führte John Ford, der auch das Filmmaterial auf und um Midway während der Kämpfe selbst aufzeichnete. Seine Beteiligung an der Schlacht wird in einer kurzen Sequenz in Roland Emmerichs Film (s.u.) nachgestellt, ein Beweis, dass dieser Film bis heute nachwirkt. Er gewann bei der Oscarverleihung 1942 den Oscar in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“, was angesichts der eindeutigen Propagandainhalte natürlich kritisch gesehen werden muss, gleichzeitig aber auch einen interessanten filmhistorischen Blick auf diese Kategorie erlaubt, die erst in diesem Jahr neu eingeführt und in der ersten Zeit von propagandistisch genutzten und von staatlicher Seite produzierten Filmen zum Krieg dominiert wurde.

Der 2011 veröffentlichte Film „Rengō Kantai Shirei Chōkan Yamamoto Isoroku“ (dt.: Der Admiral – Krieg im Pazifik) zeigt die japanische Perspektive auf die Schlacht.2 Der Streifen behandelt die letzten und bedeutendsten Jahre der Karriere von Admiral Yamamoto Isoroku (1884–1943) – des Oberkommandierenden der Vereinigten Flotte der Kaiserlichen Marine – und steht in einer langen filmischen Tradition seiner Glorifizierung und Mystifizierung. Yamamoto gilt als Architekt des Angriffs auf Pearl Harbor im Dezember 1941, jedoch auch als Kritiker des Krieges mit den Vereinigten Staaten. Die Darstellung des Kampfgeschehens nimmt in „Isoroku“ dabei weitaus weniger Raum ein als in vergleichbaren Filmen. Der Film fokussiert vielmehr den inneren Konflikt des japanischen Admirals zwischen dem Wissen um die US-amerikanischen Ressourcen und seiner Pflichterfüllung während der ersten beiden Jahre des Pazifikkrieges. Mit dieser Verengung auf den Gewissenskonflikt wird er als tragischer Protagonist bzw. deutlich menschlicher als in früheren japanischen Produktionen dargestellt, die ihn deutlich heroischer nachgezeichnet hatten.3 Es steht somit das Narrativ der moralischen Integrität Yamamotos im Zentrum der Handlung.

Die Schlacht um Midway nimmt parallel zu den vorangegangenen Kämpfen in dem Film nur eine Episode ein. Sie soll aber in einem dramatisch präsentierten Schlachtengemälde die kriegsentscheidende Niederlage der japanische Marine bzw. den Wendepunkt des Pazifischen Krieges im Juni 1942 verdeutlichen. Aber auch hier folgt der Film weitestgehend der unmittelbaren Perspektive auf den Admiral: Bei der Beschreibung der Schlacht kehrt der Blick des Zuschauers immer wieder auf die Brücke des Flaggschiffs von Yamamoto zurück, wo dieser sukzessive die Versenkung der japanischen Flugzeugträger aus Funksprüchen und damit den folgenreichen Fehlschlag des Unternehmens zur Kenntnis nehmen muss. Die Konsequenzen der Schlacht um Midway bzw. die japanische Kriegsniederlage erlebte Admiral Yamamoto nicht mehr. Wenige Monate später wurde er bei einer Inspektionsreise mit seinem Flugzeug abgeschossen.

Den Abschluss macht der Spielfilm „Midway – Für die Freiheit“ (OT: Midway, USA 2019) von Roland Emmerich.4 Die filmische Inszenierung der Ereignisse beginnt mit dem Angriff auf Pearl Harbor, zeigt den Doolittle Raid auf Tokio und endet mit dem Sieg der US Navy. Im Zentrum der langweiligen, einfallslosen Handlung stehen der Nachrichtendienst und die Sturzkampfbomber-Piloten der US Navy. Personifiziert durch die beiden vermeintlichen „Helden“, den Analysten Edwin Layton und den Staffelführer Dick Best.

In der ersten Stunde erinnert der Film stark an „Pearl Harbor“ (2001). Eigenständigkeit entwickelt er erst mit dem Beginn der Schlacht um das Atoll im Pazifik. Möglichst akkurat wird versucht den Ablauf der Kämpfe darzustellen. Dabei zerfällt die Handlung in diverse Stränge, denen man ohne historisches Hintergrundwissen kaum folgen kann. Im Bestreben historische Authentizität zu vermitteln verliert sich der Streifen in Details, wie der Darstellung der Analyse von Funksprüchen oder dem Einsatz von Martin B-26 Bombern.

Visuell wirken die dargestellten Flugzeuge und Schiffe, als kämen sie aus einem drittklassigen Videospiel. Völlig unrealistisch erscheinen die Inszenierungen der Flugszenen und Schiffsbewegungen, bei denen die schwerfälligen Flugzeugträger auffallend wendig wirken. Hölzerne, teils unfreiwillig komischen Dialoge, eindimensionale Figuren sowie schlechte Schauspielerleistungen machen den Film, der vor Pathos strotzt, teils unerträglich.

Der historische Hintergrund der Schlacht um Midway fungiert letztlich nur als Vehikel zur Unterhaltung des Publikums. Gleichzeitig werden fragwürdige Männlichkeitsbilder vermittelt und der übertriebenen Heldenverehrung einzelner Personen Vorschub geleistet.


  • 1. https://archive.org/details/BattleOfMidway
  • 2. https://www.youtube.com/watch?v=JipTSQ-sOpk
  • 3. Vgl. Dick Stegewerns, Establishing the genre of the revisionist war film. The Shin-Tōhō body of post-Occupation war films in Japan, in: Chinese and Japanese Films on the Second World War, hg. v. King-fai Tam/Timothy Y. Tsu/Sandra Wilson, London 2015, S. 93–106, hier S. 98.
  • 4. https://www.youtube.com/watch?v=LiWtTUiQ2Lw
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