Die Yamamoto Isoroku-Gedenkstätte (Yamamoto Isoroku Kinenkan) in Nagaoka
Takuma Melber
Aufsatz
Veröffentlicht am: 
17. April 2023
DOI: 
https://doi.org/10.15500/akm.17.04.2023

Am Morgen des 18. April 1943 schossen US-amerikanische Jagdflugzeuge einen japanischen Bomber über der Salomoneninsel Bougainville im Pazifik ab. Die unter dem Decknamen Operation Vengeance (dt. „Operation Rache“) laufende Militäraktion der Amerikaner sollte ihr Ziel nicht verfehlen: Nur wenige Tage zuvor hatte der Nachrichtendienst der US-Navy einen japanischen Funkspruch dekodiert. Dieser informierte die amerikanische Seite darüber, dass kein Geringerer als Admiral Yamamoto Isoroku1 am Morgen des 18. April auf den Salomonen erwartet wurde. Vom Militärstützpunkt Rabaul (Papua-Neuguinea) aus gestartet, wollte der Oberbefehlshaber der Vereinigten Flotte Japans an diesem Tag Soldaten auf den Salomoneninseln seine Aufwartung machen, um im Anschluss an die über Monate hinweg erbittert geführte Schlacht um Guadalcanal die Moral der Truppe zu heben. Der Abschuss des Flugzeuges des Modelltyps Mitsubishi G4M Hamaki resultierte im Tod des ‚Strategos‘ der Kaiserlichen Marine Japans und stellt eine der erfolgreichsten Intelligence-Operationen des Zweiten Weltkriegs dar.

In seiner Heimatstadt Nagaoka, die in der weitestgehend agrarisch geprägten Präfektur Niigata auf der Hauptinsel Honshu und rund 250 Kilometer nordwestlich von Japans Hauptstadt Tokio entfernt liegt, wird die Erinnerung an Admiral Yamamoto Isoroku bis zum heutigen Tag hochgehalten. Bis heute zählt er zu den prominentesten Söhnen der Stadt. Es finden sich noch zahlreiche Spuren der Erinnerung an das Leben und Wirken Yamamotos in Nagaoka. Der vorliegende Beitrag fokussiert dabei auf die Yamamoto-Isoroku-Gedenkstätte (jap. Yamamoto Isoroku Kinenkan). Im Zentrum der Stadt gelegen, befindet sich diese am Rande des Yamamoto Kinenkōen, des Yamamoto-Gedenkparks. Dieser wird zum einen von einer Yamamoto-Büste, zum anderen vom Elternhaus des Admirals flankiert. Der Planer des japanischen Angriffs auf die US-Pazifikflotte in Pearl Harbor (7. Dezember 1941) wurde am 4. April 1884 als Takano Isoroku geboren. Sein Vater war ein Samurai, der im Zuge des Modernisierungsprozesses Japans (Meiji-Restauration) verarmte. Erst 1916 wurde der damals junge Offizier vom ortsansässigen Yamamoto-Clan adoptiert. Das Haus der Familie Takano und damit Yamamotos Geburtshaus brannte im Zuge eines US-Bombenangriffs auf Nagaoka am 1. August 1945 nieder, wie rund zwei Drittel der Stadt. Heute kann das Elternhaus Yamamotos in restaurierter Form im Yamamoto-Gedenkpark besichtigt werden. Auf der anderen Seite des Parks und dem Elternhaus gegenüberliegend steht eine Büste Yamamotos, bei der es sich ebenfalls um ein nachgebautes Objekt handelt: Seinen Tod zum Anlass nehmend hatte die Kaiserliche Marine Japans eine gewaltige Yamamoto-Ganzkörperstatue von 56 Künstlern herstellen lassen. Diese auf einem 2,70 Meter hohen Sockel stehende, 3,60 Meter hohe Ganzkörperplastik Yamamotos war aufgrund von Ressourcenengpässen im Krieg nicht etwa aus Bronze, sondern aus Zement gefertigt. Sie wurde am 8. Dezember 1943 auf dem Gelände des Hauptquartiers der Marineflieger in Tsuchiura (Präfektur Ibaraki) errichtet, das heißt im Todesjahr Yamamotos und am japanischen Jahrestag des Pearl Harbor-Angriffs.2 Die Anzahl der Bildhauer war dabei nicht zufällig gewählt, sondern bewusst in Bezugnahme auf den Vornamen des Admirals. Denn die Schriftzeichen seines Namens Isoroku, lassen sich auch als die Zahl „56“ lesen – eine bewusst gewählte Zeichenkombination, die das Alter von Yamamotos Vater bei dessen Geburt widerspiegelte. Im August 1945 wurde die Yamamoto-Statue im Kasumigaura-See (Präfektur Ibaraki) in zwei Teile geteilt versenkt. Dies geschah, um sie vor einer antizipierten Demontage durch die Alliierten zu bewahren. 1948 wurde der obere Teil der Statue, nämlich die Büste, vom Grund des Sees gehoben, und 1955 nach Nagaoka gebracht. 1958 wurde sie hier zur Erinnerung an den prominenten Sohn der Stadt im Yamamoto Kinenkoen aufgestellt, bevor die Originalbüste zwölf Jahre später durch ein in Bronze gegossenes, aber lediglich 1,16 Meter hohes Brustbild Yamamotos ersetzt wurde. Das aus Zement hergestellte Original wurde schließlich der Kaijō Jieitai Daiichi Jukka Gakkō Kyōiku Sankōkan in Etajima geschenkt, einer zentralen Ausbildungsstätte und Museum der Maritimen Selbstverteidigungsstreitkräfte Japans.3

Das Geburtshaus Yamamoto Isorokus im Yamamoto-Gedenkpark (Yamamoto Kinenkōen), Foto: Takuma Melber

Yamamoto-Büste im Yamamoto-Gedenkpark (Yamamoto Kinenkōen), Foto: Takuma Melber

Nur von einer Straße getrennt und damit in unmittelbarer Nähe zum Yamamoto-Gedenkpark (Yamamoto Kinenkōen) liegt die Yamamoto Isoroku-Gedenkstätte (Yamamoto Isoroku Kinenkan). Die hier gezeigte Dauerausstellung widmet sich umfänglich der Biografie Yamamoto Isorokus. Mehrere Schaukästen sind in einem großen, quadratischen Raum aufgestellt, die den Besucherinnen und Besuchern der Gedenkstätte das Leben des posthum zum Großadmiral ernannten Yamamoto in chronologischer Reihenfolge und mittels schriftlicher (Ego-)Dokumente, fotografischer Zeugnisse und weiterer Objekte näherbringt. Die Erklärungen der in den einzelnen Schaukästen gezeigten Stücke sind dabei allein in japanischer Schrift gehalten. Das Fotografieren der hier ausgestellten Dokumente und Objekte ist strengstens verboten. Im Nachfolgenden sollen einige ausgewählte, militärhistorisch interessante Exponate der Dauerausstellung vorgestellt werden, um der Leserschaft einen Eindruck über das im Yamamoto Isoroku Kinenkan Gezeigte zu vermitteln.

Die erste Sektion der Ausstellung nimmt die Familie des jungen Yamamoto Isoroku in den Blick: Am 4. April 1884 wurde er in Nagaoka als Takano Isoroku und als Sprössling des lokalen Takano-Clans geboren, welcher nicht nur militärische Fertigkeiten besaß, sondern sich auch durch ein hohes Maß an Bildung und Schriftgewandtheit auszeichnete. Da sich die Takanos im Zuge der Meiji-Restauration Mitte des 19. Jahrhunderts gegen den Modernisierungsprozess Japans gestellt hatten, verarmte die Familie in der Folge, sodass sein Vater schließlich einer Tätigkeit als Lehrer nachgehen musste. Der zu dieser Zeit noch den Namen Takano Isoroku tragende Protagonist wurde aufgrund seiner besonderen, vielversprechenden Fähigkeiten 1916 schließlich in den altehrwürdigen, lokalen Samurai-Clan der Yamamoto aufgenommen. In diesem Bereich der Ausstellung sind es vor allem Familienunterlagen, primär Fotos, aber auch wenige Schriftzeugnisse wie etwa erste persönliche Briefe Yamamotos, der zu dieser Zeit noch Takano Isoroku hieß, die ihn im Kreise seiner Familie darstellen. Auch eine fotografische Aufnahme seines Geburtshauses wird gezeigt, um zu verdeutlichen, dass Yamamoto Isoroku – gemessen am eigentlichen sozialen Status der Takano-Familie – in spärlichen Verhältnissen aufwuchs. Weitere wichtige Eckpunkte der persönlichen Familiengeschichte Yamamotos werden in dieser Sektion thematisiert: Der Verlust beider Elternteile innerhalb weniger Monate traf Isoroku im Jahr 1913 schwer. Die Ausstellung beinhaltet daneben aber auch ein Hochzeitsfoto, das den damals jungen Marineoffizier an der Seite seiner Frau Reiko am 31. August 1918 zeigt. Bereits in dieser anfänglichen Sektion der Dauerausstellung wird der Grundtenor der Präsentation Yamamotos deutlich: Yamamoto Isoroku, eine der schillerndsten Personen der Militärgeschichte des modernen Japans, soll hier nicht rein als Militär, sondern vor allem als Mensch und Individuum portraitiert werden. Bis heute gilt Admiral Yamamoto Isoroku als einer der bedeutendsten Vertreter des gemäßigten und moderaten Flügels der Kaiserlichen Japanischen Marine vor und während des Krieges. Zudem hat Yamamoto bis heute den Ruf inne, als eine der liberal-demokratischen Welt des Westens zugewandte Persönlichkeit ein großer Amerikafreund gewesen zu sein.4 Als solcher wird er auch in der Gedenkstätte präsentiert. Dies mag mit Blick auf seine Rolle als Befehlshaber des Überraschungsangriffs auf Pearl Harbor und die militärische Auseinandersetzung Japans mit den USA im Pazifikkrieg (1941–1945) Besucherinnen und Besucher der Ausstellung auf den ersten Blick eher überraschen. Im Bereich zur schulischen Erziehung Yamamotos in Nagaoka findet sich so beispielsweise eine Autobiografie Benjamin Franklins, einer der wichtigsten politischen Denker und einer der Gründungsväter der Vereinigten Staaten von Amerika. Yamamoto bewunderte ihn bereits im Teenageralter und so findet sich unter den ausgestellten Objekten auch ein schulisches Notizbuch mit der Aufschrift „Franklin“5 – wohl ein Spitzname, den Yamamoto zu Schulzeiten führte. Dies gilt als ein Indiz dafür, dass er sich schon in jungen Jahren mit den Werten der westlich-liberalen Welt identifizierte oder sich für sie zumindest interessierte.

Daneben findet sich in dieser Ausstellungssektion auch eine Kalligrafie mit dem Slogan Jōzai Senjō, (dt.: „Sei mental immer auf dem Schlachtfeld“) – ein traditionelles Motto in Nagaoka ortsansässiger Samurai, das sich Yamamoto schon in sehr jungen Jahren zu eigen gemacht haben soll. Yamamoto wird so in der Ausstellung als eine Person charakterisiert, die einerseits an den traditionell-konservativen Werten Japans festhielt, andererseits aber im Sinne einer westlich-modernen Denkweise ein progressiver Geist und damit in gewisser Hinsicht seiner Zeit voraus war.

Der Ausstellungsraum des Yamamoto Isoroku Kinenkan, Foto: Takuma Melber

Die grundsätzlich sehr proamerikanische Haltung Yamamotos wird auch in den weiteren Schaukästen der Ausstellung deutlich, in der seine berufliche Ausbildung und frühe militärische Karriere thematisiert werden. Die Gedenkstätte informiert die Besucherinnen und Besucher darüber, dass Yamamoto nach kurzem Aufenthalt in Boston von 1919 bis 1921 eine universitäre Ausbildung in Harvard genoss, wo er Englisch studierte. Generell wandte sich Yamamoto intensiv dem Land, den Leuten sowie der Kultur der Vereinigten Staaten von Amerika zu. Große Bewunderung zeigte er dabei für die emanzipatorische Frauenbewegung in den USA. Eine Entwicklung hin zu mehr Selbständigkeit, Selbstbestimmung und Freiheit für das vermeintlich schwache Geschlecht erachtete Yamamoto auch für die japanische Frauenwelt als erstrebenswert. Wie die Ausstellung zeigt, kam Yamamoto in den USA auch mit zwei Themenfeldern in Berührung, die gerade später, als er zu Kriegszeiten in höchster militärischer Verantwortung stand, eine besondere Bedeutung einnehmen sollten: Dies waren die Erdölwirtschaft sowie die Entwicklung der modernen Luftfahrt, deren Rolle er für die moderne Seekriegsführung erkannte. Beispielsweise tauschte sich Yamamoto mit einem ebenfalls aus Nagaoka stammenden und im Ölbusiness tätigen Japaner aus, dessen Geschäfte er in Texas und damit vor Ort studierte Auch eine weitere Inspektionsreise nach Mexiko half ihm zu realisieren, dass die Erdölwirtschaft eine entscheidende Bedeutung für die weltweite Ökonomie, aber auch für militärische Belange seiner Zeit einnahm. Vor allem wurde Yamamoto in den USA aber bewusst, dass das Japanische Kaiserreich nicht nur in militärischen Bereichen weiterhin modernisiert und technologisiert werden müsste, um mit Ländern wie den USA oder dem Britischen Empire konkurrieren zu können. Ein aus den 1920er Jahren stammendes Foto zeigt Yamamoto vor dem Kapitol in Washington, wo er als Marineattaché von 1926 bis 1929 tätig war. Seine diplomatische Rolle während der Zwischenkriegszeit wird ebenfalls untermauert, als er etwa bei den Londoner Flotten- und weiteren internationalen Konferenzen die Interessen Japans vertrat. Dabei verfolgte er im Vergleich zu anderen Stimmen aus Japans Heer und Marine eine gemäßigte Linie: Neben einem Foto von der Londoner Flottenkonferenz von 1930 präsentiert dieser Ausstellungsbereich etwa auch den Pass Yamamotos. Dieser wurde 1934 ausgestellt, kurz bevor Yamamoto zu Vorverhandlungen der Marineabrüstungskonferenz im September desselben Jahres aufbrach. Schriftliche Zeugnisse Yamamotos flankieren an dieser Stelle das hier präsentierte Reisedokument, um zu belegen, dass der offizielle Vertreter japanischer Marineinteressen eine maritime Abrüstungspolitik zur Sicherung des Friedens in der Welt und damit auch zum Wohle Japans im Allgemeinen befürwortete.

Weiter wird der spätere Oberbefehlshaber der Vereinigten Flotte Japans mittels seiner persönlichen Postkartensammlung auch als reisefreudiger Kosmopolit karikiert, der sich am Studium anderer, im Wesentlichen moderner Länder des Westens und am Austausch mit ihnen interessiert zeigte. Die Sammlung beinhaltet etwa Postkarten aus Nordamerika, Südost- und Ostasien, Australien und Europa, wo er neben den bereits erwähnten Orten London und Washington unter anderem auch Budapest, Lyon, Wien oder Shanghai bereiste.

Für ein Laienpublikum der Ausstellung nur schwer zu erkennen, nimmt ein hier präsentiertes Abzeichen eine exponierte Stellung innerhalb der Ausstellung des Yamamoto Isoroku Kinenkan ein:6 Im September 1938 verlieh Japans Kaiser Hirohito, der Tennō, Admiral Yamamoto ein Verwundetenabzeichen (Gunjin Shōi Kishō). Zu diesem Zeitpunkt war Yamamoto der einzige Träger dieses eigens für ihn geschaffenen Abzeichens. Als Seekadett auf dem Kreuzer Nisshin dienend hatte er im Russisch-Japanischen Krieg bei der Seeschlacht von Tsushima 1905 schwere Verwundungen davongetragen und dabei drei Finger seiner linken Hand verloren. Dass Yamamoto das Abzeichen mit einem gewissen Stolz trug, lässt sich bereits daraus erahnen, dass er – wie auf vielen Fotos bis Ende der 1930er entstandenen Aufnahmen zu sehen ist – seine linke Körperhälfte vom Betrachter abwandte, um so seine kriegsversehrte linke Hand zu verbergen. Nach Erhalt des Verwundetenabzeichens trug er dieses mit Stolz. Zudem zeigte Yamamoto ab 1939 seine Verwundung zunehmend offen und vermehrt auch ohne eine Handprothese zu tragen.

Verwundetenabzeichen (Gunjin Shōi Kishō), Foto: Yamamoto Isoroku Kinenkan

Zwei weitere Ausstellungsstücke stehen in Relation mit Kaiser Hirohito: Einerseits ist eines der sehr seltenen Fotos ausgestellt, das Yamamoto an der Seite des Tennō zeigt, als er dem Kaiser Erläuterungen zu einem im Dezember 1937 bei einer Rammattacke im Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieg eingesetzten Flugzeug machte. Laut Aussagen des Gedenkstättenpersonals soll gerade dieses Foto eine ganz wichtige, persönliche Bedeutung für Admiral Yamamoto gehabt haben.

Yamamoto zeigt Kaiser Hirohito das beschädigte Flugzeug (15. September 1938), Foto: Yamamoto Isoroku Kinenkan

Andererseits liegt in einem der Schaukästen ein japanisches Kurzschwert (Wakizashi), das Yamamotos ältester Sohn, Yamamoto Yoshimasa, der Gedenkstätte stiftete. Bei Ausbruch des Pazifikkrieges stattete Hirohito zehn seiner wichtigsten Vertrauten und Berater mit diesem persönlichen Geschenk aus, zu denen auch Admiral Yamamoto zählte. Auf der Vorderseite der Klinge ist die Aufschrift kōkoku no kōhai, (dt. „Aufstieg und Niedergang des kaiserlichen Japans“) und auf der Rückseite kakarite kono seisen ni ari (dt. „ist abhängig vom Kriegszug“) zu lesen – ein klarer und unmissverständlicher Appell des Kaisers an seine in militärischer Verantwortung stehenden Spitzenkräfte. Neben diesem besonderen kaiserlichen Geschenk kann in der Gedenkstätte eine weitere Waffe begutachtet werden, die in limitierter Auflage hergestellt wurde: Ein japanisches Langschwert (Katana), das Beteiligte des Angriffs auf Pearl Harbor erhielten. Dieses ist mit einer handschriftlichen Gravur Yamamotos versehen.

Wenig verwunderlich wird Yamamoto auch als strategischer Kopf dieses größten militärischen Coups der japanischen Militärgeschichte präsentiert:7 Auf einem Foto ist der Admiral im Kreise seines Stabes bei der letzten Besprechung vor Pearl Harbor zu sehen, die am 13./14. November 1941 in der Marinebasis Iwakuni (Präfektur Yamaguchi) abgehalten wurde. Ein weiteres zeigt Yamamoto an Deck des Schlachtschiffes Nagato, das zugleich Flaggschiff der Vereinigten Flotte beim Pearl-Harbor-Angriff war. Das auf dem Foto im Hintergrund zu sehende „Banner der aufgehenden Sonne“ (Kyokujitsuki) – die Flagge der Kaiserlichen Japanischen Marine – befindet sich heute im Besitz der Yamamoto-Isoroku-Gedenkstätte. Vermutlich aufgrund ihres umstrittenen Charakters als Japans „Kriegsflagge“ ist sie ganz bewusst kein Teil der Dauerausstellung.

Admiral Yamamoto an Deck des Schlachtschiffs Nagato, Foto: Yamamoto Isoroku Kinenkan

Wortwörtlich im Zentrum des Yamamoto Isoroku Kinenkan steht der eingangs erwähnte Tod Yamamotos: Als seine Maschine am 18. April 1943 von US-amerikanischen Jägern getroffen über Bougainville abstürzte, kamen alle elf Insassen des Flugzeuges ums Leben. 1984 lokalisierte eine japanische Gruppe im dichten Dschungel der Salomoneninsel Bougainville die Absturzstelle, um vor Ort Yamamoto Isoroku anlässlich seines 100. Geburtstags die Ehre zu erweisen. Der linke Flügel dieser Bombermaschine kann heute in der Gedenkstätte besichtigt werden. Es stellt hier das größte Ausstellungsexponat dar. Wie Besucherinnen und Besucher in dieser Sektion der Gedenkstätte erfahren, war im Flügel ein besonderer Treibstofftank eingebaut, um dem Bomber so eine größere Reichweite zu ermöglichen. Diese Besonderheit des Flugzeuges sollte sich für Admiral Yamamoto schließlich als fatal erweisen, denn der Flügel fing bei Beschuss leicht Feuer. Wie an einer gesondert aufgestellten Stellwand im Yamamoto Isoroku Kinenkan überwiegend fotografisch dokumentiert wird, wurde der Flugzeugflügel nach einer Reihe von Verhandlungen zwischen japanischen Vertretern mit dem Staat Papua-Neuguinea 1989 nach Nagaoka überführt. Da 2025 der bestehende Leihvertrag endet, laufen aktuell Gespräche zwischen Vertretern der Gedenkstätte mit der Regierung Papua-Neuguineas über die Zukunft des hier präsentierten Flugzeugwrackteils. In unmittelbarer Nähe des Flugzeugflügels sticht dem Gedenkstättenpublikum ein quadratischer Gedenkstein ins Auge. Es handelt sich dabei um das Replikat eines Originalgedenksteins, der 1984 an der Absturzstelle angebracht worden war, in der Zwischenzeit aber gestohlen wurde. Dieser neue Gedenkstein soll möglichst zeitnah nach Bougainville gebracht werden, um auch an der Absturzstelle das Gedenken an Admiral Yamamoto zu bewahren.

Trotz möglicher Sprachbarrieren für Personen, die des Japanischen nicht mächtig sind, lohnt sich ein Besuch der Dauerausstellung des Yamamoto Isoroku Kinenkan:8 Sie vermittelt einen guten Überblick über das Leben und nicht nur militärische Wirken Yamamotos. Zugleich lernen Besucherinnen und Besucher den Menschen hinter der militärischen Karriere kennen. In Nagaoka finden sich allerdings noch an weiteren Stellen Spuren der Erinnerung an Yamamoto Isoroku, so beispielsweise in den Sammlungen zweier Schulen, die Yamamoto als Schüler besuchte. Auch das Familiengrab der Yamamotos und darin das Einzelgrab Yamamoto Isorokus befinden sich in seiner Geburtsstadt. Denn neben einem offiziellen Staatsbegräbnis in Tokio, wo ebenfalls eine Grabstätte Yamamoto Isorokus zu finden ist, wurde Yamamoto auch in seinem Heimatort beerdigt. Für militärhistorisch Interessierte lohnt sich zudem der Besuch des Nyozezō-Museums (Nyozezō Hakubutsukan). Dieses widmet sich prominenten Persönlichkeiten der Stadt, unter anderem etwa auch Saitō Hiroshi, der als diplomatischer Vertreter Japans eine tragende Rolle für die japanisch-amerikanischen Beziehungen der Zwischenkriegszeit spielte und wie Yamamoto eine moderate, proamerikanische Grundhaltung vertrat. Im Nyozezō-Museum werden unter anderem Yamamotos Handprothese sowie die zerfetzte Kadettenuniform ausgestellt. Letztere trug er während des Russisch-Japanischen Krieges. Daneben findet sich eine weiße Admiralsuniform, die Yamamoto noch am Morgen seines Todes vor seinem Aufbruch in Rabaul getragen hatte. Der Zugang zu diesem Museum ist allerdings erschwert und erfolgt nur in Form einer Sonderführung nach vorheriger Anmeldung – alles in japanischer Sprache. Personen, die an der Geschichte des Zweiten Weltkriegs interessiert sind, sei darüber hinaus der Besuch des Nagaoka Sensai Shiryōkan (dt. „Nagaoka Kriegsschadenmuseum“) zu empfehlen.9 Mit einem sich noch immer in Nagaoka hartnäckig haltenden Mythos wird in dieser Ausstellung allerdings aufgeräumt: Am Kriegsende bombardierten die US-Streitkräfte Nagaoka im Sommer 1945 nicht deshalb, weil es sich um die Heimatstadt Yamamotos handelte, oder etwa als gezielte „Rache für Pearl Harbor“ – ganz im Gegensatz zur eingangs skizzierten Operation Vengeance, die im Abschuss und Tod Admiral Yamamotos am 18. April 1943 resultierte.

Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut durch Daniel R. Bonenkamp. 


Zitierempfehlung: Takuma Melber, Spuren des lokalen Erinnerns an einen Großadmiral (Gensui): Die Yamamoto Isoroku-Gedenkstätte (Yamamoto Isoroku Kinenkan) in Nagaoka, in: Portal Militärgeschichte, 17. April 2023, URL: https://portal-militaergeschichte.de/ takuma_spuren, DOI: https://doi.org/10.15500/akm.17.04.2023 (Bitte fügen Sie in Klammern das Datum des letzten Aufrufs dieser Seite hinzu).

  • 1. Die Nennung japanischer Eigennamen erfolgt hier in der japanisch gängigen Art und Weise: Familienname – Vorname.
  • 2. Aufgrund der Datumsgrenze ist der Pearl Harbor-Angriff in Japan auf den 8. Dezember 1941 zu datieren, während das Datum in der westlichen Geschichtsschreibung der 7. Dezember 1941 ist.
  • 3. Yamamoto Yoshimasa (Hrsg.), Seifū: Yamamoto Isoroku kinenkan nijūshūnen kinen [‚Kühle Brise‘: 20 Jahre Eröffnung der Yamamoto Isoroku-Gedenkstätte], Nagaoka 2020, S. 139. Vgl. zur ursprünglichen Ganzkörperstatue Yamamotos: Sven Saaler, Men in Metal: A Topography of Public Bronze Statuary in Modern Japan, Leiden 2020, S. 217–219.
  • 4. Dies wird auch in den zahlreichen Monografien über Yamamoto Isoroku deutlich. Ad exemplum sei hier eine jüngst erschienene Publikation angeführt, deren Titel als diesbezügliche Andeutung zu verstehen ist: Aizawa Kiyoshi, Yamamoto Isoroku: Amerika no teki to natta otoko [Yamamoto Isoroku – der Mann, der zu Amerikas Feind wurde], Tokio 2023.
  • 5. Die japanische Umschrift liest sich entsprechend als ‚Furankurin‘.
  • 6. Viele Orden und Ehrenabzeichen, die Yamamoto im Laufe seiner Karriere erhielt, befinden sich heute in der Sammlung des ebenfalls in Nagaoka ansässigen Geschichtsmuseums der Präfektur Niigata (Niigata Kenritsu Rekishi Hakubutsukan).
  • 7. Siehe zum Pearl Harbor-Angriff ausführlich: Takuma Melber, Pearl Harbor: Japans Angriff und der Kriegseintritt der USA, München 2016.
  • 8. Siehe zur Yamamoto Isoroku-Gedenkstätte: Yamamoto Isoroku Kinenkan (Hrsg.), Yamamoto Isoroku kinenkan tenjizuroku [Eine illustrierte Darstellung der Yamamoto Isoroku-Gedenkstätte], Nagaoka 2017.
  • 9. Vgl. die Webseite des Nagaoka Sensai Shiryōkan: https://www.city.nagaoka.niigata.jp/kurashi/cate12/sensai/siryoukan.html (zuletzt aufgerufen am 13. April 2023).
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