Warum sich eine geschlechtergeschichtliche Perspektive auf die Reichswehr lohnt – V. Teil: „Neue Forschungen zur Reichswehr“
Carolin Kaiser
Aufsatz
Veröffentlicht am: 
06. März 2023
DOI: 
https://doi.org/10.15500/akm.06.03.2023

Spätestens seit sich die Militärgeschichte in den 1990er Jahren thematisch und methodisch geöffnet hat, sind geschlechtergeschichtliche Perspektiven auf historische Streitkräfte keine Seltenheit mehr. Egal ob es um die antinapoleonischen Befreiungskriege, die Armee im Kaiserreich zu Friedenszeiten, die beiden Weltkriege oder um Nationale Volksarmee und Bundeswehr geht – dass das Militär nicht trotz, sondern gerade wegen seiner Männerdominanz für die Geschlechtergeschichte besonders interessant ist, stellt mittlerweile niemand mehr infrage. Umso bemerkenswerter ist es daher, dass die Reichswehr bislang geschlechtergeschichtlich noch nicht untersucht wurde. Dabei verspricht die Reichswehr, für eine Synthese von Militär- und Geschlechtergeschichte ein ergiebiger Forschungsgegenstand zu sein.

„Eins kann uns kein Friedensvertrag, kein Feind nehmen: männliches Denken. Daß dieses unserem Volk nicht verloren geht, dazu mitzuhelfen ist unsere erste Aufgabe.“1 Im Oktober 1919, wenige Monate nach der Unterzeichnung des Versailler Vertrags, wandte sich der damalige Chef des Truppenamts, Hans von Seeckt, in einem Erlass mit diesen Worten an die Offiziere des aufzulösenden Generalstabs. Auffällig ist die zentrale Position, die Männlichkeit in diesem Aufruf einnimmt. Ihre Eigenschaften präsentieren sich dabei ambivalent. Auf der einen Seite erscheint Männlichkeit als etwas, das den Angesprochenen (zu deren Gruppe sich Seeckt selbst mitzählt) nicht von außen weggenommen werden kann. Auf der anderen Seite wähnt Seeckt sie aber zumindest im deutschen Volk bedroht.2 Deswegen muss es seiner Ansicht nach die Aufgabe der Reichswehr sein, dem deutschen Volk zu helfen, sein „männliches Denken“ nicht zu verlieren. Interessant ist auch die Selbstverständlichkeit, mit der Seeckt hier das Adjektiv „männlich“ verwendet. Dass es sich beim „männlichen Denken“ um etwas anderes als die bloßen Gedanken von Männern handelt, scheint für Seeckt, und vermutlich auch für seine Adressaten, offensichtlich gewesen zu sein. Ein paar Sätze später in dem Erlass schreibt Seeckt: „Ruft erneut das Schicksal das deutsche Volk zu Waffen […], dann soll es kein Volk von Schwächlingen, sondern von Männern finden, die kraftvoll zur schnell vertrauten Waffe greifen […].“ Spätestens hier wird klar, dass die Chiffre „männlich“ für Wehrhaftigkeit3 und Kriegsbereitschaft steht. Wenig verwunderlich also, dass Seeckt gerade das Militär als Bewahrer und Bastion der Männlichkeit des deutschen Volks auserkiest.

Dieses beispielhafte Zitat aus der Zeit der Vorläufigen Reichswehr legt nahe, dass Männlichkeit für das Selbstverständnis der Reichswehr wichtig war. Dieser Befund ist an sich zunächst nicht sonderlich überraschend. Bis heute ist der militärische Bereich stark männlich konnotiert, trotz der stetig wachsenden Zahl an Soldatinnen.4 Und natürlich existierte die enge Beziehung zwischen Militär und Männlichkeit schon lange vor der Reichswehr und jenseits des deutschen Staates.5 Nichtsdestotrotz lohnt es sich, die spezifische Rolle von Männlichkeit und Geschlecht allgemein in der Reichswehr sowie in Diskussionen über die Reichswehr näher zu beleuchten. Warum dies der Fall ist, soll dieser Artikel aufzeigen. Dafür werden im Folgenden vier Kontexte vorgestellt, in denen der analytische Blick auf Geschlecht und insbesondere Männlichkeit unser Verständnis der Reichswehr, ihrer Angehörigen und ihres Verhältnisses zum Weimarer Staat und seiner Gesellschaft bereichern kann.

Da wären erstens der Versailler Vertrag und seine Rezeption im Militär sowie in der deutschen Öffentlichkeit. Sich als mächtige, männliche und wehrhafte militärische Organisation in Szene zu setzen, war der Reichswehr aufgrund der militärischen Beschränkungen erschwert. Zudem waren Debatten über den Versailler Vertrag oftmals von einer stark vergeschlechtlichten Bildsprache geprägt, in der Begriffe wie „Vergewaltigung“ und „Entmannung“ keine Seltenheit waren. Zweitens birgt ein näherer Blick auf die Korrelation zwischen Wehrform und (soldatischen) Männlichkeitsidealen das Potenzial, unser Verständnis zivil-militärischer Beziehungen zu nuancieren. Der dritte Kontext, der in diesem Artikel beleuchtet wird, ist die Selbstverortung der Reichswehr zwischen Tradition und Zukunft. Auch hier bieten sich Möglichkeiten, der Reichswehrforschung durch eine geschlechtergeschichtliche Perspektive neue Impulse zu geben. Zum Abschluss wird erläutert, welche Implikationen das Verhältnis der Reichswehr zu Politik und Demokratie für eine Geschlechtergeschichte des deutschen Militärs in der Weimarer Republik hat. Zunächst erfolgen jedoch ein paar grundlegende Überlegungen zu Geschlecht und Männlichkeit als Analysekategorien für geschichtswissenschaftliche Forschung.

Geschlecht, Männlichkeit und Militär

Eine in der Geschlechtergeschichte oft verwendete Geschlechtsdefinition stammt von der US-amerikanischen Historikerin Joan Scott. Sie definiert Geschlecht bzw. Gender wie folgt: „[G]ender is a constitutive element of social relationships based on perceived differences between the sexes, and gender is a primary way of signifying relationships of power.“6 Geschlecht ist demnach nicht eine bloße Einteilung von Menschen in die beiden Kategorien „Frau“ und „Mann“. Vielmehr formt es die Gesamtheit sozialer Beziehungen. Es fungiert als Assoziation für eine Vielzahl an Phänomenen und Eigenschaften, die mit Geschlecht im biologischen Sinne nichts gemein haben müssen. Da diese Zuschreibungen lediglich aus „perceived differences“ – also wahrgenommenen, eventuell faktisch gar nicht oder nur marginal existierenden Unterschiedenen – heraus entstehen, unterliegen sie einem konstanten, wenn auch oftmals schleichenden Veränderungsprozess, der den Wandel von Ansichten, Wahrnehmungen und Interpretationen in einer Gesellschaft widerspiegelt und zudem häufig umstritten ist, weil unterschiedliche Gruppen auch unterschiedliche normative Vorstellungen von Geschlecht pflegen. Was in einer Zeit als „männlich“ und „weiblich“ gilt, ist demnach nicht unumstößlich und kann angefochten werden. Verschiedene Entwürfe und Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit treten somit in Konkurrenz um gesellschaftlichen Einfluss.

Der andere zentrale Punkt in Scotts Geschlechtsdefinition ist die Funktion dieser Geschlechtszuschreibungen als Artikulationsmittel von Macht und Machtbeziehungen.7 Die eingangs zitierte Aussage Seeckts von der „männlichen Denkweise“ ist hierfür exemplarisch. Durch die Gleichsetzung von männlich mit wehrhaft vor dem Hintergrund einer vermeintlichen nationalen Bedrohungslage wird Männlichkeit als Eigenschaft aufgewertet. „Männlich“ ist in dem Zitat das Gegenteil von „Schwächling“, impliziert die Behauptung des deutschen Volkes gegen feindlich gesinnte Nationen und ist somit eine Eigenschaft, die dem deutschen Volk auf keinen Fall abhandenkommen soll. Laut diesem Zitat ist es Männlichkeit, die es Deutschland erlaubt, trotz der Eingriffe des Versailler Vertrags in seine Souveränität eigenmächtig handeln. Wer in diesem metaphorischen Sinne als männlich wahrgenommen wird, qualifiziert sich dadurch auch für Führungspositionen im Land.8 Gerade für die Untersuchung homosozialer Gruppen wie der Reichswehr ist dieses Verständnis von Geschlecht als Symbol und Artikulation von Machtbeziehungen ergiebig. Sie erlaubt es, Hierarchien zwischen Männern und verschiedenen Vorstellungen von Männlichkeiten sichtbar zu machen.

Auch hier kann ein Zitat von einem hochrangigen Reichswehroffizier als Illustration dienen. In seinen nach dem Zweiten Weltkrieg verfassten Memoiren bilanziert Hilmar von Mittelberger über den Nachfolger Seeckts im Amt des Chefs der Heeresleitung, Wilhelm Heye, unter dem Mittelberger Chef der Heeresorganisationsabteilung war: „Heye war bei weitem nicht die Herrennatur wie sein Vorgänger. […] Heye war freundlich und leutselig; aber er hatte nicht die Fähigkeit, der Truppe etwas Wertvolles zu geben. […] Von ausgesprochen konzilianter und gutmütiger Veranlagung mangelte es ihm an Selbstvertrauen, innerer Festigkeit und Konsequenz. Er war keine kämpferische Natur; sehr im Gegensatz zu Seeckt neigte er dazu, zurückzuweichen, wenn sich starke Widerstände ergaben.“9 Der direkte Vergleich mit seinem Vorgänger fällt für Heye aus Mittelbergers Sicht wenig schmeichelhaft aus. Offensichtlich entsprach Heye nicht der Männlichkeit, die im Offizierskorps der Reichswehr als Ideal angesehen wurde, insbesondere für den Chef der Heeresleitung. Gutmütigkeit, Entgegenkommen und Kompromissbereitschaft werden hier als Gegensätze zu Selbstbewusstsein, Kämpfertum und Geradlinigkeit dargestellt. Letztere spiegeln – subsumiert unter dem Ausdruck „Herrennatur“ – klassische Eigenschaften militärischer Männlichkeitsvorstellungen wider, die insbesondere für Offiziere galten. Erstere hingegen könnten der Reichswehr und ihren Angehörigen nichts „Wertvolles […] geben“. Im militärischen Kontext erschienen sie Mittelberger fehl am Platz. Nicht nur schreibt er Heye diese als unmilitärisch wahrgenommenen Eigenschaften zu, mehrfach hebt er auch noch Seeckt als positives Gegenbeispiel hervor. Die geschwächte Autorität Heyes,10 insbesondere im direkten Vergleich zu Seeckt, begründet Mittelberger hier zu einem Großteil mit vermeintlichen charakterlichen Schwächen Heyes. Seeckts Fähigkeit, sich Respekt zu verschaffen und seinen Willen durchzusetzen, bewerten Mittelberger – und andere Reichswehroffiziere11 – als angemessene Eigenschaft für einen hochrangigen Offizier. In einem sozialen Kontext, in dem nur Männer miteinander agieren und konkurrieren, liegt es nahe, dies als Absage an Männlichkeiten konzilianterer Natur zu lesen.

„Vergewaltigung“ und „Entmannung“ – Der Versailler Vertrag und seine Rüstungsbeschränkungen

Dass der Versailler Vertrag in Deutschland auf starke Ablehnung stieß und eine schwere Hypothek für die noch junge Republik darstellte, gehört zum Grundlagenwissen über die Weimarer Republik. Ausführungen zu der feindseligen Rezeption des Friedensvertrags und zur erfolgreichen Vereinnahmung der parteiübergreifenden Ablehnung durch die antirepublikanische Rechte sind in jedem Überblickswerk zur Weimarer Republik zu finden.12

Weniger häufig finden sich stattdessen Auseinandersetzungen mit der stark vergeschlechtlichten Rhetorik, die die Diskussion über den Versailler Vertrag beherrschte.13 Dabei offenbart bereits eine kurze Stichwortsuche in den stenographischen Berichten der Verhandlungen des Reichstags und der Nationalversammlung, wie verbreitet beispielsweise die Bezeichnung „Vergewaltigung“ für den Friedensvertrag als Ganzes oder für einzelne seiner Bestimmungen war.14 Gerade bezüglich der militärischen Beschränkungen des Vertrags wurde auf rechtsextremer Seite oftmals von einer „Entmannung“ Deutschlands gesprochen.15

Offensichtlich wurde der Versailler Vertrag nicht nur als erniedrigend, sondern als „entmännlichend“ wahrgenommen. In dieser aufgeladenen Geschlechtersymbolik, in der „männlich“ mit Selbstbestimmung und Wehrhaftigkeit gleichgesetzt war, hatte die Reichswehr eine ungemütliche Position inne: Einerseits war sie als offizielle Streitkraft des Deutschen Reiches (noch) das Symbol schlechthin für die nationale Wehrhaftigkeit. Diesen Status hatte die Reichswehr von ihrer Vorgängerin geerbt und er erlaubte es ihr, Anspruch auf eine Vorbildfunktion für deutsche Jungen und Männer zu erheben.16 Andererseits waren es gerade die als „entmannend“ empfundenen militärischen Beschränkungen des Versailler Vertrags, die die Reichswehr erheblich einschränkten, sie formten und bestimmten. Als Freiwilligenarmee lag es aber im Interesse der Reichswehr, ihr Image als Hort der Wehrhaftigkeit, Männlichkeit und des nationalen Heldentums aufrechtzuerhalten und eben nicht als „entmannte“ Hilfspolizei wahrgenommen zu werden. Nicht nur war die Inszenierung von Männlichkeit(en) für das Militär eine attraktive Strategie in der Freiwilligenwerbung und ist es noch immer.17 Man erhoffte sich bei der Reichswehr von einer Betonung patriotisch-soldatischer Männlichkeit auch, dass sie die „richtigen“ Bewerber anlocken würde – solche nämlich, die nicht (nur) aus finanziellen Anreizen, sondern vor allen Dingen aus ideell-patriotischen eine Anstellung beim Militär suchten.18 Der Versailler Vertrag war hier Fluch und Segen zugleich: Mit ihrer stark eingeschränkten Personal- und Waffenstärke blieben der Reichswehr gängige Inszenierungsstrategien von Männlichkeit über militärische Stärke verwehrt.19

Dafür eröffnete er die Möglichkeit, das patriotisch-nationalistische Moment in der Werbung zu verstärken. Der Versailler Vertrag bot eine Drohkulisse für Militär und Nation, die die Anziehungskraft auf die gewünschten national gesinnten Kreise erhöhen konnte.20 Das ganz am Anfang und im Titel dieses Artikels aufgeführte Zitat Seeckts über die „männliche Denkweise“, die kein Friedensvertrag dem deutschen Volk nehmen könne, solange die Reichswehr den Wehrgedanken aufrechterhalte, kann ebenfalls als Versuch gesehen werden, die Wehrhaftigkeit der Reichswehr und ihrer Soldaten zu betonen, gleichzeitig aber auch den Versailler Vertrag für seine Übergriffigkeit zu kritisieren und so die Notwendigkeit einer männlich-wehrhaften Reichswehr zu unterstreichen. In diesem Beispiel scheitert die „Vergewaltigung“ Deutschlands durch den Versailler Vertrag an der „männlichen Denkweise“ in der Reichswehr. So können die Kontingents- und Rüstungsbeschränkungen als ungerecht und bedrohlich kritisiert werden, ohne die vermeintliche Härte und Männlichkeit des deutschen Militärs infrage stellen zu müssen. Man ist zwar Opfer, gleichzeitig aber wehrhaft.

Die Abschaffung der Wehrpflicht

Eine Bestimmung des Versailler Vertrags sorgte in weiten Teilen Deutschlands für besonderen Wehmut: das Verbot der Wehrpflicht. Die Wehrpflicht hatte sich im Verlauf des Kaiserreichs zu einer geschätzten gesellschaftlichen Institution entwickelt und galt nicht nur als „Schule der Nation“, sondern auch als „Schule der Männlichkeit“.21 Dementsprechend bange war einigen Reichstagsabgeordneten um Disziplin und Ordnung der heranwachsenden Generationen deutscher Jungen und Männer.22 Der Abgeordnete Johann Victor Bredt (Wirtschaftspartei) sah die deutsche Jugend gar in der Gefahr, „auf die Dauer in einen gewissen amerikanischen Geist“ hineinzukommen, dem es nur um „Sport und Geldverdienen“ gehe.23

Aber nicht nur die deutsche Jugend sah man durch die Abschaffung der Wehrpflicht in Gefahr, sondern auch das deutsche Militär. Denn zusammen mit der Wehrpflicht war die Wehrpflichtarmee äußerst positiv konnotiert. Sie galt als die Wehrform, die einem vermeintlichen deutschen Nationalcharakter am meisten entsprach. Das Berufsheer hingegen sei „Deutschlands Art wesensfremd“.24 Darüber hinaus war die Freiwilligenarmee noch stark mit dem Begriff des Söldners verbunden. Dieser wiederum stand in enger Assoziation mit Undiszipliniertheit, Abenteuer- und Gewaltlust, rein finanziellen Interessen und Mangel an Patriotismus.25 „Das Söldnerhandwerk hat mit gutem Grunde immer ebensosehr [sic] in Verruf gestanden, wie in Ländern der allgemeinen Wehrpflicht der Soldat ein gesteigertes Maß von Achtung und Ehre genießt“, fasste Alexander Graf zu Dohna von der Deutschen Volkspartei 1919 in der Nationalversammlung eine damals gängige Einstellung zum bezahlten Soldatentum zusammen.26 Das im Kaiserreich noch vorherrschende Bild, dass „richtige“ Männer im Militärdienst geformt würden,27 drohte sich somit nach dem Ersten Weltkrieg zu Ungunsten der neuen deutschen Streitkräfte zu verändern.28 Anstelle einer Vorbildfunktion eröffnete sich in den Anfangsjahren der Weimarer Republik die Möglichkeit, dass das Militär der deutschen Bevölkerung als söldnerhaftes Negativbeispiel galt.

Hinzu kam, dass die Reichswehr durch die Abschaffung der Wehrpflicht nicht mehr in demselben Maß wie ihre Vorgängerin Einfluss darauf ausüben konnte, was in der Gesellschaft als „männlich“ galt. Denn die Wehrpflicht hatte das Militär eben nicht nur im Bewusstsein der Zivilbevölkerung verankert, sondern auch ganz konkret junge Männer im Sinne gewünschter soldatischer Eigenschaften, Auffassungen und Handlungsweisen ausgebildet. Diese militärischen Vorstellungen davon, wie ein Mann sich zu verhalten habe, brachten die ehemaligen Wehrpflichtigen dann wieder zurück in die Zivilgesellschaft – daher die Bezeichnung „Schule der Männlichkeit“.29 Der Reichswehr blieb diese institutionalisierte Verbindung zur breiteren Zivilbevölkerung verwehrt. Das musste nicht nur Auswirkungen auf zivil-militärische Beziehungen allgemein haben, sondern auch konkret auf männliche Geschlechterbilder. Dem Soldaten als männliches Vorbild drohte ein Bedeutungsverlust gegenüber zivilen Idolen wie zum Beispiel Sportlern.30 Und selbst in den Teilen der Gesellschaft, in denen soldatische Männlichkeiten noch bewundert wurden, war den deutschen Streitkräften die Deutungshoheit über militärische Männlichkeiten nicht mehr gesichert. Sie hatten hier Konkurrenz von den zahlreichen und mitgliederstarken Wehrverbänden sowie militärisch inspirierten Jugendorganisationen.31 Die Abschaffung der Wehrpflicht beeinflusste somit auf mehreren Ebenen das Verhältnis zwischen Militär, Bevölkerung und Vorstellungen (soldatischer) Männlichkeit.

Die Reichswehr zwischen Tradition und Zukunft

Militärische Selbstbilder und die dazugehörigen Männlichkeitsbilder speisen sich zu großen Teilen aus der Vergangenheit einer Streitkraft beziehungsweise im Falle der Reichswehr der ihrer Vorgängerin. Ausgewählte Aspekte und Interpretationen dieser Vergangenheit werden in Form der „militärischen Tradition“ in die Gegenwart überführt und bewahrt.32 Militärische Tradition hat unter anderem die Funktion, das Bild des Militärs in der Zivilgesellschaft zu beeinflussen sowie innerhalb des Militärs eine gemeinsame Vorstellung von Werten und Normen und so ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu schaffen.33

Im Falle der Reichswehr ist dieser Blick auf Bezugnahmen zur militärischen Vorgängerin besonders interessant, da die Reichswehr und das Militär der Kaiserzeit in ihren Rahmenbedingungen grundlegend verschiedene Armeen waren und ein gewisser Grad an Traditionsbruch somit unumgänglich war. Nichtsdestotrotz war eine enge Anknüpfung an die Tradition der alten Armee vorteilhaft für die Reichswehr34 – gerade nach außen hin. Wie bereits erwähnt hatte die Reichswehr als Berufsarmee nicht mehr dieselbe Präsenz im Leben der Zivilbevölkerung wie noch die kaiserliche Armee. Auch die stark eingeschränkte Anzahl an Soldaten, Offizieren und Waffen ließen Prestige und Strahlkraft des neuen deutschen Militärs weit hinter denen seiner Vorgängerin zurückstehen.35 Ein bewusstes Anknüpfen an Idealbilder von Soldatentum und Männlichkeit der Armee des Kaiserreichs war somit eine aussichtsreiche Legitimierungsstrategie, um etwas vom Glanz der alten Streitkräfte auf die neuen zu lenken. Ganz davon abgesehen, dass zum Beispiel idealisierte Bilder des deutschen Frontsoldaten im Ersten Weltkrieg – wie sie viele militärische Publikationen in der Weimarer Republik zeichneten36 – dem Militär auch nach innen einen brauchbaren Kanon militärisch-männlicher Tugenden für seine Soldaten lieferte. Solche Bilder riefen zudem trotz militärischer Totalniederlage und gesellschaftlichem Statusverlust eine ruhmreiche Vergangenheit an, aus der Reichswehrangehörige Stolz und berufliche Sinnstiftung ziehen konnten.

Nichtsdestotrotz konnte die Reichswehr in vielerlei Hinsicht nicht naht- und kritiklos an das Soldaten- und Männerbild der alten Armee anknüpfen. Ein Grund hierfür lag in den veränderten Rahmenbedingungen des Militärdiensts, insbesondere für Mannschaftssoldaten: Ein Berufssoldat, der sich für zwölf Jahre verpflichtete, musste anders ausgebildet werden als ein zweijähriger Wehrpflichtsoldat. Auf Drill und wiederholtes Exerzieren fokussierte Ausbildungsmethoden konnten für letzteren noch ohne allzu gravierende Leistungseinbußen angewandt werden. Bei ersterem mussten sie jedoch auf Dauer zu körperlichem Verschleiß, mentaler Eintönigkeit und dadurch zu einer höheren Fehlerquote führen.37

Nicht wenigen Offizieren und Militärpädagogen erschien Sport hier die beste Abhilfe zu sein, da ihm nicht nur die Bewegungsmonotonie des Drills fehle, sondern viele Sportarten auch geeignet seien, bestimmte soldatische Tugenden wie Mut, Willensstärke und „Ritterlichkeit“ zu fördern.38 Ein Blick in zeitgenössische Militärzeitschriften offenbart,39 wie allgegenwärtig das Thema Sport in der Reichswehr war. Die Deutsche Soldaten-Zeitung, die sich hauptsachlich an die Mannschaftsgrade richtete, führte zum Beispiel seit 1924 eine eigene Sparte unter dem Titel „Militär-Sport“. Die Sportbegeisterung in der Reichswehr war offenbar so groß, dass ein Autor des Militär-Wochenblatts seinen eher sportkritischen Artikel mit den Worten begann: „Wer gegen Sport etwas zu sagen hat, muß sich bewußt sein, daß er in ein Wespennest sticht.“40 Der Siegeszug des Sports in der Weimarer Republik scheint somit nicht beim zivilen Teil der Gesellschaft Halt gemacht zu haben. Wie stark diese Sportaffinität Männlichkeitsbilder in der Reichswehr beeinflusst hat, ist allerdings eine noch offene Forschungsfrage.

Der Blick in die Zukunft war ein anderer Grund, warum die Reichswehr ihr soldatisch-männliches Ideal aktualisieren musste. Dass die Reichswehr im Rahmen des Versailler Vertrags mit ihrer geringen Personal- und Waffenstärke im Falle eines Kriegs nicht viel würde ausrichten können, war der Führungsebene der Reichswehr bewusst. Mit Geheimrüstung,41 Kooperation mit der UdSSR42 und Plänen für eine Erweiterung des Heeres im Kriegsfall43 wollte man diese Schwächen wenigstens ansatzweise ausgleichen. Ergänzt wurden diese eindeutig gegen den Friedensvertrag verstoßenden Maßnahmen und Überlegungen durch eine Anpassung des Soldatenideals.

Hans von Seeckt kann hier abermals als Stichwortgeber dienen. In seiner Denkschrift „Grundlegende Gedanken für den Wiederaufbau unserer Wehrmacht“ aus dem Januar 1921 benutzte er erstmals das Wort „Führerheer“, um die Stoßrichtung zu beschreiben, in die sich die Reichswehr entwickeln sollte. In einem Erlass aus demselben Monat forderte er daher auch, „aus jedem Glied des Heeres nach Charakter, Können und Wissen einen Soldaten zu machen, der selbstständig und selbstbewußt, hingebend und verantwortungsfreudig ein Mann und ein Führer ist“.44 Die Rahmenbedingungen der Reichswehr – langjährige Dienstzeit, geringe Personalstärke, Hoffnung auf Wiedereinführung der Wehrpflicht – ließen Selbstständigkeit, Verantwortungsbewusstsein, gute Allgemeinbildung und die Fähigkeit, selbst Einheiten zu führen, gegenüber blindem Gehorsam und rein körperlichen Fertigkeiten als soldatische Wunscheigenschaften in den Vordergrund treten – nicht nur für Offiziere, sondern gerade auch für Mannschaftssoldaten.

Das Verhältnis der Reichswehr zu Republik, Demokratie und Politik

Neben diesen Eigenschaften, die sich noch recht konkret im militärischen Kontext verorten lassen, gehörte noch eine andere Eigenschaft zum Kern des soldatisch-männlichen Leitbilds der Reichswehr: eine – zumindest vermeintlich – apolitische Haltung. Diese war sogar rechtlich verankert: Laut § 36 des Wehrgesetzes vom 23. März 1921 durften sich Soldaten „politisch nicht betätigen“.45 Dementsprechend war es Reichswehrsoldaten nicht erlaubt zu wählen, Mitglieder von Parteien und Vereinen zu sein, die als politisch eingestuft waren, und öffentliche Veranstaltungen mussten sie sofort verlassen, sobald sie einen politischen Charakter bekamen.46 Nun ist das schwierige und distanzierte Verhältnis der Reichswehr und ihrer Führungspersönlichkeiten zu Politik, Demokratie und republikanischer Staatsform kein neues Thema, sondern zu Recht eines der zentralen der Reichswehrforschung.47 Wenig Beachtung fand dabei allerdings bislang die Rolle von Geschlecht in dieser Beziehungskonstellation.

Das Leitbild des apolitisch-patriotischen Soldaten, der sich um des Wohls von Staat und Bevölkerung willen von der Parteipolitik fernhält, lässt sich durchaus als militärischer Gegenentwurf zu zivilen, demokratischen Männlichkeiten sehen, die politisches Agieren und Verhandeln als männliche Tugenden in den Fokus rückten.48 Ähnlich wie die offizielle schwarz-weiß-rote Flagge der Reichswehr, die mit ihrer kleinen schwarz-rot-goldenen Gösch das verhaltene Verhältnis der Reichswehr zur republikanischen Staatsform sehr passend verbildlichte,49 war auch dieses Bild apolitisch-soldatischer Männlichkeit eine beherzt verteidigte Tradition aus der Kaiserzeit. „Seit undenklichen Zeiten war es der Stolz des deutschen Volkes, im Gegensatz zu anderen Völkern, ein Offizierkorps zu haben, das jeder Politik fern stand“, schrieb bereits wenige Wochen nach Ausbruch der Novemberrevolution ein anonymer Stabsoffizier, der im demokratischen Rausch althergebrachte Ideale bröckeln sah.50 Auch später noch wurde der (vermeintlich) politisch neutrale Offizier der Kaiserzeit immer wieder als Leitbild hochgehalten. „[P]olitisch nicht tätig und daher überparteilich, kannte der Offizier nur eine Losung: das Vaterland“, bekräftigte zum Beispiel der Militärschriftsteller Hugo von Freytag-Loringhoven in einem Geleitwort zum Jahr 1924 im Militär-Wochenblatt das alte Ideal.51

An Freytag-Loringhovens Aussage offenbart sich eine Implikation dieses Ideals, die es in einen demokratischen Staat wie die Weimarer Republik nicht so recht hineinpassen lässt. Treue und Hingabe zum Vaterland werden hier mit Überparteilichkeit und dem Fehlen politisch-demokratischer Partizipationsmöglichkeiten verbunden und auch ein Stück weit begründet. Im Umkehrschluss werden Parteizugehörigkeit und politische Betätigung zwar nicht direkt und explizit in Opposition zu Vaterland und nationalem Wohlergehen gestellt, aber es schwingt der Vorwurf mit, dass Deutschen mit Parteibuch oder einer Parteienpräferenz im Zweifelsfall die eigene Partei näher ist als Nation, Staat und die restliche Bevölkerung. Die Integrität der gewählten politischen Vertreter und Vertreterinnen des deutschen Volks wird infrage gestellt. Wirklich vertrauenswürdig sei nur der unpolitische Soldat, der keinen Deutschen wegen seiner politischen Einstellungen benachteilige, da er selber über der alltäglichen Politik stehe.52

Im Beziehungsgeflecht von Reichswehr, Politik und Geschlecht ist noch ein weiterer wichtiger Punkt im Hinterkopf zu behalten: Demokratie, Republik und die Politiker, die sich für sie einsetzten, sahen sich insbesondere von rechten, nationalistischen, antidemokratischen und antirepublikanischen Kreisen dem Vorwurf ausgesetzt, schwach, wehrfeindlich, wehrlos, verweiblicht und unmännlich zu sein.53 Die Frage ist, inwieweit solche Assoziationen in der Republik- und Politikskepsis der Reichswehr mitschwangen. Hatten es republikanische Positionen in der Reichswehr eventuell auch schwer, weil sie mit Wehrlosigkeit und Unmännlichkeit assoziiert wurden? War ein wehrhaft-männlicher und gleichzeitig republikanischer Soldat gar undenkbar? Besonders brisant dabei: Die Partei im Weimarer Parteiengefüge, die diese Gleichsetzung von Republik und Unmännlichkeit am aggressivsten vertrat, war die NSDAP.54 Hinzukommt, dass der Nationalsozialismus ein militarisiertes Männlichkeitsideal propagierte, das durchaus anschlussfähig war an das Soldaten- und Männlichkeitsbild der Reichswehr.55 Gerade für das oft diskutierte Verhältnis der Reichswehr und ihrer Angehörigen zur NSDAP bietet sich hier daher ein bislang noch wenig untersuchter Blickwinkel an.

Fazit

Bislang ist die Reichswehrforschung ein geschlechtergeschichtliches Niemandsland. Kernanliegen dieses Artikels war es zu zeigen, dass diese Forschungslücke nicht etwa besteht, weil die Reichswehr als Untersuchungsgegenstand zum mittlerweile etablierten Forschungskomplex Geschlechter- und Militärgeschichte nichts Relevantes beizutragen hätte. Ganz im Gegenteil: Mit ihren in der modernen deutschen Militärgeschichte einzigartigen Rahmenbedingungen und Charakteristika bietet die Reichswehr ein aussichtsreiches Fallbeispiel, um den wechselseitigen Einfluss von Militär, Gesellschaft und Geschlecht zu untersuchen. Der Versailler Vertrag und seine kontroverse, mit Geschlechtermetaphorik gespickte Rezeption erlauben es zu untersuchen, wie außenpolitische Verträge und innenpolitische Diskussionen nicht nur die ganz konkreten, materiellen Rahmenbedingungen und Strukturen einer Armee beeinflussen, sondern auch ihre Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie die eng hiermit verknüpften Bilder von Männlichkeit, die eine Armee in ihren eigenen Reihen propagiert, sie nach außen in die zivile Gesellschaft sendet sowie jene Männlichkeitsbilder , welche umgekehrt die zivile Gesellschaft mit der Armee assoziiert. Die Abschaffung der Wehrpflicht ermöglicht es zu erörtern, mit welchen Vorstellungen soldatischer Männlichkeit verschiedene Wehrsysteme in einem bestimmten historischen Kontext in Verbindung gebracht wurden und wie sich dies auf die zivil-militärischen Beziehungen ausgewirkt hat. Ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen der militärischen Tradition und der eigenen Zukunft besteht für die meisten Armeen. Im Falle der Reichswehr ist ein Blick auf diese Beziehung besonders interessant, da sich die Rahmenbedingungen für das deutsche Militär nach dem Ersten Weltkrieg sehr stark verändert hatten. Man konnte an tradierte Ideale soldatischer Männlichkeit nicht nahtlos anknüpfen, bestimmte Kerneigenschaften dieser alten Ideale wurden aber bewahrt und hochgehalten, unter anderem um die Verbindung zur Vergangenheit und das damit verbundene Prestige nicht abbrechen zu lassen. Die Reichswehr ist außerdem ein geeignetes Fallbeispiel, um zu untersuchen, welche Auswirkungen eine stark vergeschlechtlichte Vorstellung von Politik und Staat auf das Verhältnis dieser Bereiche zum Militär hat. Es lässt sich also festhalten: Ein Niemandsland der Geschlechtergeschichte braucht die Reichswehrforschung keineswegs zu bleiben.

Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut durch Jannes Bergmann und Wencke Meteling.

 

Zitierempfehlung: Carolin Kaiser, „Eins kann uns kein Friedensvertrag, kein Feind nehmen: männliches Denken.“ Warum sich eine geschlechtergeschichtliche Perspektive auf die Reichswehr lohnt – V. Teil: „Neue Forschungen zur Reichswehr“, in: Themenschwerpunkt „Neue Forschungen zur Reichswehr“, hrsg. von Jannes Bergmann/Paul Fröhlich/Wencke Meteling, Portal Militärgeschichte, 06. März 2023, URL: https://portal-militaergeschichte.de/kaiser_friedensvertrag, DOI: https://doi.org/10.15500/akm.06.03.2023 (Bitte fügen Sie in Klammern das Datum des letzten Aufrufs dieser Seite hinzu).

  • 1. BArch N 247/81, Bl. 7.
  • 2. Das Narrativ der bedrohen Männlichkeit war in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg generell verbreitet, siehe hierzu beispielhaft: Ute Planert, Kulturkritik und Geschlechterverhältnis Zur Krise der Geschlechterordnung zwischen Jahrhundertwende und „Drittem Reich“, in: Wolfgang Hardtwig (Hrsg.): Ordnungen in der Krise. Zur politischen Kulturgeschichte Deutschlands 1900-1933, München 2007, S. 191–214, hier S. 201–214. Allgemein zur in der Geschichte der Männlichkeiten mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederkehrenden „Krise der Männlichkeit“, siehe: Claudia Opitz-Belakhal, „Krise der Männlichkeit“ – ein nützliches Konzept der Geschlechtergeschichte? In: L’Homme 19 (2008), S. 31–49.
  • 3. Für eine Definition von Wehrhaftigkeit, siehe: Ingrid Mayershofer, Bevölkerung und Militär in Bamberg 1860-1923. Eine bayerische Stadt und der preußisch-deutsche Militarismus, Paderborn 2009, S. 17–19.
  • 4. Vgl. Paul Higate/John Hopton, War, Militarism, and Masculinities, in: Jeff Hearn et al. (Hrsg.), Handbook of Studies on Men and Masculinities, Thousand Oaks 2005, S. 432–447, hier 434–437.
  • 5. Vgl. Ruth Seifert, Gender, Nation und Militär. Aspekte von Männlichkeitskonstruktion und Gewaltsozialisation durch Militär und Wehrpflicht, in: Eckardt Opitz/Frank S. Rödiger (Hrsg.), Allgemeine Wehrpflicht. Geschichte – Probleme – Perspektiven, Bremen 1994, S. 179–194, hier 183f.
  • 6. Joan Wallach Scott, Gender. A Useful Category for Historical Analysis, in: The American Historical Review 91 (1986), S. 1053–1075, hier 1059.
  • 7. Ebd., S. 1069.
  • 8. Im Umkehrschluss wird Weiblichkeit so zur Hypothek. Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass in der Weimarer Republik die politische Tätigkeit von Frauen trotz passivem und aktivem Frauenwahlrecht noch sehr begrenzt war. Selbst wenn sie als (gewählte) Politikerinnen tätig waren, waren sie oft auf bestimmte Themenfelder beschränkt (vor allem Bildungs- und Sozialpolitik) und konnten innerhalb ihrer Parteien keine Führungspositionen anstreben. Vgl. Ute Planert, Körper, Sexualität und Geschlechterordnung in der Weimarer Republik, in: Nadine Rossol / Benjamin Ziemann (Hrsg.), Aufbruch und Abgründe. Das Handbuch zur Weimarer Republik, Darmstadt 2021, S. 595–618, hier S. 600.
  • 9. Zitat aus: Francis L. Carsten, Reichswehr und Politik 1918–1933, Köln 1964, S. 328.
  • 10. Vgl. ebd., S. 327f.
  • 11. Siehe für weitere Zitate bezüglich Heyes ungeeignetem Charakter für den Posten des Chefs der Heeresleitung: ebd., S. 332f.
  • 12. Beispielhaft: Heinrich August Winkler, Weimar 1918–1933. Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie, München 2019, S. 87–98; Eberhard Kolb/Dirk Schumann, Die Weimarer Republik, München 2013, S. 33–44, 238–255.
  • 13. Zwei Artikel, die auf diese Dimension der Rezeption des Versailler Vertrags sehr wohl eingehen, sind: Martina Kessel, Demokratie als Grenzverletzung. Geschlecht als symbolisches System in der Weimarer Republik, in: Dirk Schumann/Gabriele Metzler (Hrsg.), Geschlechter(un)ordnung und Politik in der Weimarer Republik, Bonn 2016, 81–108; Ute Planert, Kulturkritik und Geschlechterverhältnis. Zur Krise der Geschlechterordnung zwischen Jahrhundertwende und Drittem Reich, in: Wolfgang Hardtwig (Hrsg.), Ordnungen in der Krise. Zur politischen Kulturgeschichte Deutschlands 1900–1933, München 2007, 191–214.
  • 14. An dieser Stelle seien nur ein paar Beispiele aufgeführt: Außenminister Hermann Müller (SPD) sprach im Juli 1919 von einer „vertraggewordene[n] Vergewaltigung“. Karl Helfferich, führender DNVP-Politiker und virulenter Antisemit, sah im Juli 1920 Deutschland als das Opfer eines „Frieden[s] der Vergewaltigung“. Im selben Monat rief der DDP-Abgeordnete Wilhelm Heile – unter „[l]ebhafte[m] Beifall bei den Sozialdemokraten und Deutschen Demokraten“ – zur Arbeit an der Revision des „Vergewaltigungsvertrag[s] von Versailles“ auf. Während sich in den ersten Jahren der Republik somit auch demokratische Politiker dieser Vergewaltigungsrhetorik bedienten, waren es in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren hauptsächlich NSDAP-Abgeordnete. So beispielsweise Ernst Graf zu Reventlow im Februar 1929 und Gregor Straßer im Oktober 1930. Zitate in Reihenfolge der Erwähnung aus: 51. Sitzung vom 09.97.1919, in: Verhandlungen der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung, Bd. 327, S. 1408; 6. Sitzung vom 02.07.1920, in: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 344, S. 131; 7. Sitzung vom 03.07.1920, in: ebd., S. 196; 42. Sitzung vom 06.02.1929, in: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 424, S. 1071; 4. Sitzung vom 17.10.1930, in: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 444, S. 58.
  • 15. In der Satzung der nationalistisch-terroristischen Organisation Consul wird so beispielsweise die „Sammlung von entschlossenen nationalen Männern zum Zweck […][,] die durch den Versailler Vertrag angestrebte Entmannung und Entwaffnung unmöglich zu machen“, als eines ihrer Ziele formuliert. Zitat aus: Gotthard Jasper, Dokumentation. Aus den Akten der Prozesse gegen die Erzberger-Mörder, in: VfZ 10 (1962), S. 430–453, hier S. 439f. Auch Adolf Hitler bezeichnete im Dezember 1925 den Versailler Vertrag als eine „militärische Entmannung“. Hinweis auf das Zitat bei Kessel, Grenzverletzung, S. 98.
  • 16. Walther Reinhardt, Chef der Heeresleitung von 1919 bis 1921 und General der Infanterie in der Reichswehr, formulierte zum Beispiel in seinem Aufsatz Die Elemente der Wehrhaftigkeit folgenden Anspruch an die Reichswehr und ihre Angehörigen: „Unsere Reichswehr trägt die volle Wucht der Verantwortung dafür, Hüterin der Wehrkunst und einzige organisatorische Trägerin des Wehrwillens des ganzen deutschen Volkes zu sein, dem sie diesen Wehrwillen in reiner, selbstloser und zielklarer Form als Vorbild zu zeigen hat.“ Der Ausdruck „des ganzen deutschen Volkes“ sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass hiermit in Wehrfragen in der Regel nur der männliche Teil des Volks gemeint war. Selbst wenn Reinhardt in demselben Artikel Frauen ein gewisses Maß an Wehrhaftigkeit zuspricht und sie im Notfall für militärische Hilfsdienste verpflichten würde, gehört für ihn zur Landesverteidigung „ein männlicher kriegerischer Geist, eben ein fester Wehrwille“. Der Titel eines anderen Aufsatzes Reinhardts bringt die damalige Einstellung auf den Punkt: Der wehrhafte Mann bleibt das Kernstück der Landesverteidigung. Und für diesen wehrhaften Mann sollten die Reichswehrsoldaten als Vorbild dienen. Walther Reinhardt, Die Elemente der Wehrhaftigkeit, in: ders., Wehrwille und Wehrkraft, Berlin 1932, S. 77 f; ders., Der wehrhafte Mann bleibt das Kernstück der Landesverteidigung, in: ebd., S. 96–109.
  • 17. Wie und in welchem Umfang die Reichswehr sich inszenierte, um Freiwillige anzulocken, ist in der Forschung bislang noch nicht genau untersucht worden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Reichswehr bestimmte Bilder von (soldatischer) Männlichkeit benutzte, um als attraktive Arbeitgeberin wahrgenommen zu werden. Kameradschaft, Vaterlandsliebe, Abenteuer, Elitenzugehörigkeit, aber auch Technikmeisterung und Sport wären hier naheliegende Inszenierungsdimensionen. Viele dieser Aspekte klingen beispielsweise in Albert Benary, Unsere Reichswehr. Das Buch von Heer und Flotte, Berlin 1932 an. Das Buch richtete sich an die breite Bevölkerung und sollte ihr einen Eindruck von Dienst und Leben in den verschiedenen Teilen der Reichswehr vermitteln. Neben locker, fast schon belletristisch geschriebenen Texten beinhaltet die Publikation auch rund 100 Fotos aus dem Reichswehralltag. Es ist davon auszugehen, dass die Hauptzielgruppe männliche Jugendliche (und ihre Eltern) waren. Für einen Einblick in die Art und Weise, wie die verschiedenen Truppengattungen der US-Berufsarmee zwischen den 1970ern und den späten 2000ern Männlichkeit zu Werbezwecken genutzt haben, siehe: Melissa T. Brown, Enlisting Masculinity. The Construction of Gender in US Military Recruiting Advertising during the All-Volunteer Force, New York 2012. Bezüglich der Freiwilligenwerbung in der Bundeswehr vor der Wiedervereinigung, aber ohne Fokus auf Geschlecht und Männlichkeit, siehe: Thorsten Loch, Das Gesicht der Bundeswehr. Kommunikationsstrategien in der Freiwilligenwerbung der Bundeswehr 1956 bis 1989, München 2008.
  • 18. Für die Frühphase der Vorläufigen Reichswehr finden sich Belege, dass dies die vom Militär sonst so skeptisch beäugten sozialdemokratisch geprägten Gesellschaftskreise zunächst nicht kategorisch ausschloss. Siehe beispielsweise Stadtarchiv Münster (StdAMs), Landratsamt, Nr. 1480 N, Bl. 4f., wo im Mai 1919 unter anderem Gewerkschaftsvorstände als geeignete Partner für die Werbung von Freiwilligen benannt wurden. Für die endgültige Reichswehr lässt sich diese Offenheit gegenüber (potenziellen) Sozialdemokraten nicht mehr feststellen. Dass die (Vorläufige) Reichswehr das personelle Aufräumen nach dem Kapp-Putsch 1920 nutzte, um prorepublikanische Soldaten aus dem Dienst zu entlassen – und nicht etwa die nationalistischen Putschisten –, lässt vielmehr darauf schließen, dass sich die Präferenz der Reichswehr für konservative bis rechte Kreise bereits zu diesem Zeitpunkt durchgesetzt hatte. Vgl. Peter Keller, „Die Wehrmacht der Deutschen Republik ist die Reichswehr“. Die deutsche Armee 1918–1921, Paderborn 2014, S. 279.
  • 19. Interessant in diesem Kontext sind auch die zahlreichen Grafiken und Illustrationen, die in deutschen Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt wurden und einen visuellen Vergleich zwischen der (Personal-)Stärke der Reichswehr und derjenigen anderer europäischer Armeen anstellten. In der Regel wurde die Stärke über verschieden große Soldaten abgebildet, die jeweils eine europäische Armee repräsentierten. Der Reichswehrsoldat ist in dieser Art von Abbildung oftmals kleiner dargestellt, als er es maßstabsgetreu eigentlich hätte sein müssen. Beispiele hierfür sind: Wo ist das deutsche Kriegsheer?, in: General. Anzeiger für Krefeld und den Niederrhein vom 05.12.1928; Frankreichs „bedrohte Sicherheit“, in: Militär-Wochenblatt vom 11.02.1932.
  • 20. Die bereits erwähnte Publikation von Benary, Reichswehr, zeichnet dementsprechend den Versailler Vertrag in den schwärzesten Farben: „Seine papierenen Ketten[,] sie binden fester, sie schmerzen härter, als je klirrende Ketten von Stahl und Eisen es taten. Seite um Seite ein neuer Schmerz, eine neue Last! Aber keiner brennt heißer, keine drückt schwerer als die Knebelung unserer Wehrhaftigkeit […].“ Ein Aufruf, der Reichswehr beizutreten, erfolgt an dieser Stelle nicht und war vermutlich auch nicht nötig. Denn die jungen Männer, an denen die Reichswehr besonders interessiert war, waren eben jene, die so patriotisch-national eingestellt waren, dass sie angesichts dieser mit Sklavereimetaphorik versehenen Beschreibung der Auswirkungen des Friedensvertrags von selbst den Wert des Diensts in der Reichswehr für ihr Vaterland erkannten. Benary, Reichswehr, S. 25.
  • 21. Vgl. zur Bedeutung des Militärs und der Wehrpflicht im Kaiserreich und ihres Einflusses auf Männlichkeitsideale: Ute Frevert, Das Militär als Schule der Männlichkeit, in: Ulrike Brunotte/Rainer Herrn (Hrsg.), Männlichkeiten und Moderne. Geschlecht in den Wissenskulturen um 1900, Bielefeld 2007, S. 57–75.
  • 22. So beispielsweise Albrecht Wendhausen von der Christlich-Nationalen Bauern- und Landvolkpartei im Juni 1929. 87. Sitzung vom 15.06.1929, in: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 425, S. 2533.
  • 23. 169. Sitzung vom 03.03.1926, in: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 389, S. 5904.
  • 24. So der Reichstagsabgeordnete Hans-Erdmann von Lindeiner-Wildau (Konservative Volkspartei) 1930. 170. Sitzung vom 22.05.1930, in: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 428, S. 5268.
  • 25. Vgl. Michael Sikora, Söldner. Historische Annäherung an einen Kriegertypus, in: Geschichte und Gesellschaft 29 (2003), S. 210–238.
  • 26. 31. Sitzung vom 28.03.1919, in: Verhandlungen der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung, Bd. 327, S. 867.
  • 27. Vgl. Ute Frevert, Die kasernierte Nation. Militärdienst und Zivilgesellschaft in Deutschland, München 2001, S. 238.
  • 28. Interessant hierbei ist, dass im Kaiserreich gerade das Offizierskorps mit diesem männlichen Ideal assoziiert wurde – obwohl es sich bei den Offizieren um bezahlte Berufssoldaten handelte. Die Gleichsetzung von Berufssoldatentum mit Söldnertum galt somit offensichtlich hauptsächlich für Mannschaftssoldaten.
  • 29. Vgl. Frevert, Schule der Männlichkeit, S. 68–71.
  • 30. Zur Popularität von Profisportlern und -sportlerinnen in der Weimarer Republik und ihrem Einfluss auf Männlichkeits- und Weiblichkeitsideale siehe: Eric N. Jensen, Body by Weimar. Athletes, Gender, and German Modernity, New York 2010.
  • 31. Zu militärischen Männlichkeitskonzeptionen von einzelnen Organisationen, die nicht zum Militär gehörten siehe: Sara Ann Sewell, The Party Does Indeed Fight Like a Man. The Construction of a Masculine Ideal in the Weimar Communist Party, in: John Alexander Williams (Hrsg.), Weimar Culture Revisited, New York 2011, S. 161–182; Sven Reichardt, Faschistische Kampfbünde. Gewalt und Gemeinschaft im italienischen Squadrismus und in der deutschen SA, Köln 22009, S. 661–696; Bernd-A. Rusinek, Der Kult der Jugend und des Krieges. Militärischer Stil als Phänomen der Jugendkultur in der Weimarer Zeit, in: Jost Dülffer/Gerd Krumeich (Hrsg.), Der verlorene Frieden. Politik und Kriegskultur nach 1918, Essen 2002, S. 171–197.
  • 32. Heiko Biehl/Nina Leonhard, Militär und Tradition, in: Nina Leonhard/Ines-Jacqueline Werkner (Hrsg.), Militärsoziologie. Eine Einführung, Wiesbaden 2012, S. 316.
  • 33. Ebd., S. 319f.
  • 34. Davon abgesehen wäre ein völliger Neuanfang auch schon aufgrund der personellen Kontinuitäten zwischen den beiden Armeen nicht möglich gewesen, da die Reichswehrangehörigen der ersten Stunde in der Regel bereits in der alten Armee gedient hatten. Hinzukam, dass bei der Verringerung des deutschen Offizierskorps des Heeres von den 34 000 Mann, die es am Ende des Kriegs noch umfasste, auf die 4 000, die der Versailler Vertrag erlaubte, Generalstabsoffiziere Frontoffizieren vorgezogen wurden. Erstere hatten im Gegensatz zu letzteren ihre militärische Sozialisation noch in Friedenszeiten erhalten und waren somit deutlich stärker geprägt von den Gepflogenheiten und Normen, die das deutsche Militär in der langen Friedenszeit zwischen 1871 und 1914 entwickelt hatte. Vgl. Dirk Richardt, Auswahl und Ausbildung junger Offiziere 1930–1945. Zur sozialen Genese des deutschen Offizierkorps, Marburg 2002, S. 18f.
  • 35. Vgl. Frevert, Kasernierte Nation, S. 308.
  • 36. Ein typisches Beispiel hierfür findet sich in Karl Ludwig von Oertzens Deutsches Reichsheer-Handbuch: „1914 bis 1918 sahen wir den deutschen Soldaten in höchster Vollkommenheit; er verkörperte das waffentragende deutsche Volk: stolz im Angriff, ausdauernd in der Abwehr, todesmutig und opferbereit, unübertroffen im Erdulden von seelischen und körperlichen Anstrengungen und von heißer Vaterlandsliebe durchströmt, unverzagt im Unglück, kameradschaftlich, tief erfaßt von der hohen Idee des Staates und ein Mensch von hohem Gemeinsinn.“ Karl Ludwig von Oertzen, Deutsches Reichsheer-Handbuch, Berlin 1924, S. 90.
  • 37. Vgl. Oswald Kroh, Erziehung im Heere. Ein Beitrag zur Nationalerziehung der Erwachsenen, Langensalza 1926, S. 27–31; Gustav Haber, Grundzüge der soldatischen Erziehung, Langensalza 1929, S. 108.
  • 38. Vgl. Oertzen, Handbuch, S. 194 (hier auch die Formulierung „Ritterlichkeit“); Haber, Grundzüge, S. 104–108; Kurt Hesse, Wandlung des Soldaten. Versuch einer Begründung des deutschen Berufssoldatentums, Berlin 1931, S. 122f.; etwas weniger enthusiastisch, aber immer noch pro Sport: Kroh, Erziehung, S. 23f., 30.
  • 39. Zu Militärzeitschriften in der Weimarer Republik allgemein: Christian Haller, Militärzeitschriften in der Weimarer Republik und ihr soziokultureller Hintergrund. Kriegsverarbeitung und Milieubildung im Offizierskorps der Reichswehr in publizistischer Dimension, Trier 2012.
  • 40. Zimmermann, Gedanken über „Sport“, in: Militär-Wochenblatt vom 11.12.1924, Sp. 623.
  • 41. Siehe hierzu: Rüdiger Bergien, Die bellizistische Republik. Wehrkonsens und „Wehrhaftmachung“ in Deutschland 1918–1933, München 2012.
  • 42. Siehe hierzu: Manfred Zeidler, Reichswehr und Rote Armee 1920–1933. Wege und Stationen einer ungewöhnlichen Zusammenarbeit, München 1993.
  • 43. Vgl. Carsten, Reichswehr, S. 240–243.
  • 44. Rainer Wohlfeil, Reichswehr und Republik. 1918–1933, in: Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrsg.), Deutsche Militärgeschichte in sechs Bänden 1648–1939, Bd. 3, München 1983, S. 207.
  • 45. Wehrgesetz. Vom 23. März 1921, in: Reichs-Gesetzblatt 1921, S. 337.
  • 46. Oertzen, Deutsches Reichsheer-Handbuch, S. 59f.
  • 47. Carsten, Reichswehr; Johannes Hürter, Wilhelm Groener. Reichswehrminister am Ende der Weimarer Republik (1928–1932), München 1993; Keller, Wehrmacht; William Mulligan, The Creation of the Modern German Army. General Walther Reinhardt and the Weimar Republic, 1914–1930, New York 2005; Thilo Vogelsang, Reichswehr, Staat und NSDAP. Beiträge zur deutschen Geschichte 1930–1932, Stuttgart 1962.
  • 48. Ein gutes Beispiel für letztere ist Gustav Stresemann, der sich vehement gegen den Vorwurf von rechts wehrte, demokratische Praktiken seien inhärent schwach und unmännlich, da sie auf Kompromissen und nicht auf maximaler Willensdurchsetzung beruhten. Vgl. Martina Kessel, Gewalt und Gelächter. „Deutschsein“ 1914–1945, Stuttgart 2019, S. 104f., 146f. Es sei an dieser Stelle auch an die bereits erwähnte Kritik an Seeckts Nachfolger Heye erinnert, dem ja gerade seine konziliante, also entgegenkommende und kompromissbereite Persönlich als (Führungs-)Schwäche attestiert wurde.
  • 49. Zur Flaggendiskussion in der Reichswehr siehe: Wohlfeil, Reichswehr, 138–140.
  • 50. Ein Wort zugunsten des Offizierkorps, in: Militär-Wochenblatt vom 21.12.1918, Sp. 1290.
  • 51. Dem Jahre 1924 zum Geleit, in: Militär-Wochenblatt vom 10.01.1924, Sp. 290f.
  • 52. Vgl. hierzu einen Erlass Seeckts zu diesem Thema, (auszugsweise) abgedruckt in: Militär-Wochenblatt vom 25.10.1924, Sp. 440.
  • 53. Vgl. Christopher Dillon, Masculinity, Political Culture, and the Rise of Nazis, in: Christopher Fletcher et al. (Hrsg.), The Palgrave Handbook of Masculinity and Political Culture in Europe, London 2018, S. 379–402; Kathrin Schmersahl, Die Demokratie ist weiblich. Zur Bildpolitik der NSDAP am Beispiel nationalsozialistischer Karikaturen in der Weimarer Republik, in: Gabriele Bourkif et al. (Hrsg.), Geschlechtergeschichte des Politischen. Entwürfe von Geschlecht und Gemeinschaft im 19. und 20. Jahrhundert, Münster 2002, S. 141–174.
  • 54. Deshalb hatte sie konsequenterweise auch als einzige der größeren Parteien zu keinem Zeitpunkt weibliche Abgeordnete im Reichstag und den Landtagen.
  • 55. Vgl. Frank Werner, „Hart müssen wir hier draußen sein“. Soldatische Männlichkeit im Vernichtungskrieg 1941–1944, in: Geschichte und Gesellschaft 34 (2008), S. 5–40, hier S. 8–13. Werner weist zudem zu Recht daraufhin, dass die Nationalsozialisten mit ihrer Vermengung von Mann und Soldat ganz im Zeitgeist der Weimarer Republik (vor allen Dingen der späten) standen.
Perspektiven: