Die historische Einordnung einer Private Military Company
Grischa Sutterer
Aufsatz
Veröffentlicht am: 
15. September 2025
DOI: 
https://doi.org/10.15500/akm.15.09.2025

Die Tour des „Orchesters“1 war global. Wagner stellte die Scharfschützen für General Chalifa Haftars Krieg gegen die libysche Zentralregierung. In Syrien unterstützten die „Musiker“ Diktator Baschar al-Assad bei der Niederschlagung des Aufstandes gegen seine Gewaltherrschaft. In Mali bekämpften die Wagnerianer islamistische Gruppierungen im Auftrag des herrschenden Militärregimes. In ihren Operationen verbanden sich Gewaltpraktiken des späten 20. Jahrhunderts aus der sowjetischen Aufstandsbekämpfung während des Afghanistankrieges und der Konflikte in Tschetschenien mit massiven Kriegsverbrechen. Dies war die blutige Spur, welche die Organisation, die sich zu ihrem Symbol nicht umsonst den Totenkopf auserkoren hatte, über den Globus zog.2

Aufgrund militärischer Aktionen in Afrika und dem Nahen Osten 2015 bis 2023 geriet die Gruppe Wagner schon vor dem völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine in den Fokus der Wissenschaft.3 Im Juni 2023, als sich Wagner-Kolonnen auf Moskau zubewegten, fand sich die Organisation zusätzlich im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit wieder. Dadurch wurden in der Öffentlichkeit und der Forschung folgende Fragen mit Dringlichkeit diskutiert: Wie lässt sich dieser Gewaltakteur begrifflich erfassen? Lassen sich seine Kämpfer als „Söldner“ beschreiben? Welche Rolle spielte diese Organisation in der russischen neoimperialen Politik? Welches Verhältnis unterhielt Wagner zum russischen Staat?4 So aktuell und wichtig diese Fragen in Bezug auf Wagner sind - neu sind sie für die geschichtswissenschaftliche Analyse privatisierter Gewaltorganisationen nicht.

Dieser Aufsatz ordnet die Gewaltgemeinschaft Wagner dementsprechend in längere historische Entwicklungslinien ein.5 Gegliedert ist der Text in eine Forschungsdiskussion zum Phänomen privatisierter Gewalt sowie, im Anschluss, in Kapitel zur Entstehung von Wagner, zur militärischen Struktur und den Gewaltpraktiken, zur Rolle dieser Private Military Company (PMC) im Rahmen des geostrategischen Ausgreifens Russlands und zu ihrer Einbindung in das Machtgeflecht des russischen Staates. So wird die Geschichte Wagners am Schnittpunkt der globalen Expansion privatisierter Gewalt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und der Aufrichtung der autoritären Ordnung im postsowjetischen Russland verortet. Der Aufsatz bezieht sich hierfür auf ein etabliertes Forschungsfeld – die wissenschaftliche Analyse der Entstehung und des Wirkungsrahmens der PMCs.6 Da es seit den 1990er Jahren zu einer globalen Verbreitung unterschiedlicher Arten von Militärfirmen kam, entwickelte sich eine Forschungsdiskussion über diese spezielle Form privatisierter Gewalt. Im Rahmen jenes Diskurses fragten Politik-, Sozial- und Geschichtswissenschaftler danach, wie das Phänomen analytisch zu verorten sei.7 Die Erkenntnisse aus den genannten Forschungen werden kombiniert mit der osteuropahistorischen Transformationsforschung, welche die Entwicklung des neuen Autoritarismus seit den 1990er Jahren in Russland nachvollziehbar macht.8

Wagner trägt den innerhalb der Diskussionen um die Militärfirmen in den 1990er Jahren entstandenen englischsprachigen Analysebegriff PMC als Selbstbeschreibung im offiziellen Firmennamen. Neben diesem direkten Bezug fasst der Begriff PMC die Strukturen von Wagner auch analytisch präziser als die Kategorie „Söldner“, die in der Forschung häufig als übergreifende Bezeichnung für bezahlte Kämpfer jenseits des staatlichen Gewaltmonopols fungiert. Der „Söldner“-Begriff war nämlich bereits seit Machiavellis republikanischer Besorgnis über die fehlende Loyalität finanziell motivierter Krieger pejorativ konnotiert. Dieser Trend verstärkte sich im 20. Jh. – dem Zeitalter universalistischer politischer Ordnungsvorstellungen. „Söldner“ waren immer die anderen, die aus finanziellen Motiven und nicht aufgrund der als richtig erkannten politischen Ordnung in den Kampf zogen.9

PMCs bilden eine nach ökonomischer Logik geformte dauerhafte Organisationsstruktur privatisierter Gewalt. Diese Struktur ermöglichte es ihnen, als Gewaltakteur in unterschiedlichen Konflikten eine Rolle zu spielen, wie die Einsätze von Wagner an der Seite Assads in Syrien und zur Stützung diktatorischer Regime in Afrika zeigten.10 Private Militärdienstleister sind kein Teil von nationalen Streitkräften. Aber sie sind mit den Streitkräften des Staates, in dem die Militärfirma gegründet wurde, über personelle Netzwerke, militärisches Organisationswissen und Rekrutierungsmechanismen verbunden. PMCs entwickeln sich zudem zu Schnittpunkten transnationaler militärischer Vernetzungen.11 Dies zeigt sich im Fall von Wagner daran, dass sich in seinen Reihen neben russischen Veteranen auch Kämpfer aus Serbien, Syrien, der Zentralafrikanischen Republik und dem Sudan befanden.12 Auch Gewaltpraktiken werden aus einer Konfliktzone in die andere transferiert: die brutale Hinrichtung von vermeintlichen „Verrätern“ in der Ostukraine mit Vorschlaghämmern war ein Vorgehen, das Wagner-Kämpfer erstmals in Syrien angewendet hatten.13 Diese Vorgänge zeigen gleichzeitig die Funktion Wagners in der russisch-imperialen Herrschaftslogik – die transnationale Zusammensetzung der Kämpfer und die Transferierung von Mustern der Gewaltausübung über unterschiedliche räumliche Kontexte hinweg sind typische Charakteristiken eines Gewaltakteurs des Imperialkrieges.14

Forschungsdiskussionen, Chronologie und Erklärungsmuster zur Privatisierung des Krieges

Seit den 1970er Jahren wurde das Verhältnis von privaten Gewaltorganisationen und staatlichen Institutionen in mehreren Forschungsdiskussionen analysiert, die aufeinander folgten und sich jeweils nahezu ohne Kenntnis der früheren wissenschaftlichen Auseinandersetzungen entwickelten. Diese Forschungen waren Teil übergreifender politischer Reflexionen im 20. Jahrhundert, in denen sich die normative Legitimität der Ausübung von organisierter Gewalt mit dem Nationalstaat verbunden hatte. In diesen Einordnungen zeigten sich zwei wiederkehrende Charakteristiken. Erstens fungierte das staatliche Militär als Referenzpunkt andersartiger Gewaltakteure. Zweitens verschwammen sämtliche Gewaltakteure jenseits des Staates zu voneinander nicht klar abgrenzbaren Einheiten.15 Dies zeigte sich beispielweise in den Debatten über die Kategorisierung verschiedener Typen von Militärfirmen in den 2000er Jahren.16

Zusätzlich wird die kategoriale Trennung staatliche/nicht-staatliche Gewalt dem komplexen Verhältnis zwischen dem Staat und den vielfältigen Formen organisierter Gewaltausübung nicht gerecht. Tatsächlich ist eine Abgrenzung zwischen dem Staat und privaten Gewaltorganisationen oft nicht möglich.17 Die epochenübergreifende Forschung zu den ideellen Hintergründen, Strukturen und Praktiken von Gewaltgemeinschaften seit der Antike verweist auf den Einschnitt, der mit dem Entstehen des neuzeitlichen Gewaltmonopols des Territorialstaates verbunden war. Dieser markierte den Übergang zu neuen „Misch- und Grenzformen“ zwischen staatlicher und privatisierter Gewalt.18 Diese beiden Merkmale des Diskurses um privatisierte Gewalt zeigten sich erneut während der aktuellen Diskussion um das Verhältnis zwischen dem russischen Staat, Wagner und anderen privaten Gewaltakteuren. So stellten in den jüngsten wissenschaftlichen Studien und journalistischen Berichten über Wagner Begriffe wie „Söldner“, „Paramilitärs“, „Geheimarmeen“ oder „Militärfirmen“ häufig Synonyme dar. Wagner wird zu Recht als eine von mehreren Organisationen angesehen, die als verlängerte Arme des Putinschen Regimes agierten, ohne dass deren Verhältnis zum russischen Staat eindeutig bestimmbar war.19 Nach Russlands Annexion der Krim im Frühjahr 2014 waren dies im Kampf um den Donbass neben Wagner auch postsowjetische Neo-Kosakenverbände, durch Russland kontrollierte Milizen wie das Bataillon Vostok und die Brigade Prizrak sowie die um den ehemaligen GRU-Offizier Igor „Strelkow“ Girkin versammelten Spezialkräfte. Sie alle dienten als Werkzeuge der aggressiven Expansion in der postsowjetischen Sphäre und bildeten ein definitorisch schwer abgrenzbares Spektrum privatisierter Gewalt in unterschiedlichen Organisationsformen.20

Historisch ausgerichtete Analysen verorten die Entstehung Wagners teilweise im Kontext einer longue durée organisierter Gewalt jenseits des russischen Staates, welche über die pro-zaristische Freiwilligen-Armee 1920 bis zu den Verbänden der Kosaken im 16. Jahrhundert zurückreiche.21 Auch diese Chronologisierung ist fest etabliert in den Diskussionen über privatisierte Gewalt. Der britische Investigativ-Journalist Duncan Campbell reflektierte bereits in den 1970er Jahren darüber, ob der schottische Adelige David Stirling, der Gründer des britischen Special Air Service (SAS) und der weltweit ersten PMC Watchguard in den 1960er Jahren, die Motivation zur Schaffung dieses neuartigen Gewaltakteurs aus der kriegerischen Tradition der schottischen Clans zog.22 Teile der politik- und geschichtswissenschaftlichen Forschung seit den 2000er Jahren haben die Herausbildung privater Gewaltakteure in der zweiten Hälfte des 20. Jh. ebenfalls mit frühneuzeitlichen Gewaltorganisationen verglichen. In diesen Untersuchungen werden etwa die East India Company oder die Gewaltunternehmer des Dreißigjährigen Krieges als Vergleichsobjekte für spätere Formen privat organisierter Gewalt herangezogen.23

Diese Perspektive ist jedoch ergänzungsbedürftig, da sich in der zweiten Hälfte des „kurzen“ 20. Jahrhundert der strukturelle Zusammenhang zwischen organisierter Gewalt, internationaler Ordnung und staatlichem Gewaltmonopol grundsätzlich verändert hat. Die momentanen strukturellen Rahmenbedingungen für den Einsatz privater Gewaltakteure entwickelten sich während der weltweiten Expansion des Nationalstaats im Zuge der Dekolonisierung und des Kalten Krieges.24 Der Wandel des internationalen Systems nach dem Ende des Kalten Krieges – geprägt durch eine Transformation der Staatlichkeit am Schnittpunkt von Deterritorialisierung, transnationalen Vernetzungen und sich überlappender Souveränitäten – führte zwar zum exponentiellen Anwachsen der Zahl privater Gewaltgemeinschaften, jedoch nicht zur Veränderung ihres internationalen Handlungsraums.25 Der Einsatz privater Gewaltakteure zielte seit den 1960er Jahren darauf ab, geostrategische Interventionen jenseits direkter militärischer Operationen zu verwirklichen. Dies war die Politik der plausiblen Dementierbarkeit, die auch durch den russischen Staat im Donbass seit 2014 angewendet wurde. Denn Interventionen regulärer, staatlich eindeutig zurechenbarer Armeeeinheiten konnten zu massiven diplomatischen Verwerfungen führen, da sie eines der zentralen Strukturmerkmale der internationalen Ordnung verletzten - das völkerrechtlich kodifizierte Prinzip der nationalen Souveränität. Im Gegenzug setzte der Modus Operandi der plausiblen Dementierbarkeit eine gewisse Autonomie der Gewaltakteure voraus, die über die Zeit zu divergierenden Zielen zwischen dem Ursprungsstaat und den privaten Gewaltakteuren führen konnte. Denn die Gewaltorganisationen benötigten einen eigenständigen Handlungsraum durch unabhängige Befehlsketten, da sie ansonsten als Teil des Staates identifizierbar gewesen wären, von dem die Politik der plausiblen Dementierbarkeit ausging.26 Private Gewaltakteure waren damit kein passgenaues geostrategisches Instrument, sondern vielmehr eine „magische Kugel“, die in jede Richtung einschlagen konnte.27 Diese strukturellen Einschränkungen für den Einsatz privater Gewaltakteure überdauerten den Kalten Krieg. Sie führten auch im russischen Fall dazu, dass die Agenda der privaten Gewaltorganisationen mit ihrem Ursprungsstaat unter bestimmten Bedingungen in Konflikt geraten konnte, wie anschaulich der Putsch von Wagner gegen das russische Regime im Juni 2023 zeigte.28

Die Privatisierung des Krieges in Russland: Siloarchen und ökonomisierte Gewaltakteure

Der Historiker Marcus Böick verwies darauf, dass die starke Verkleinerung der Streitkräfte im 20. Jahrhundert nach dem Ende internationaler Konflikte, wie des Ersten und Zweiten Weltkrieges sowie des Kalten Krieges, jeweils zu einer neuen Welle privater Gewaltakteure führte. Gewaltexperten mit nicht anderweitig verwendbaren Fähigkeiten strömten auf den zivilen Arbeitsmarkt und formierten sich dort zu Strukturen privatisierter Gewalt wie Freikorps, Sicherheitsfirmen oder PMCs.29

Dieses Muster zeigte sich in besonderer Schärfe nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion innerhalb der Russländischen Föderation, die darüber hinaus noch durch eine massive Wirtschaftskrise in den 1990er Jahren erschüttert wurde. Im Gegensatz zu den anderen Staaten des ehemaligen Ostblocks überdauerten im neuen Russland nach dem Untergang der kommunistischen Staatspartei zwei Säulen der autoritären Herrschaft – das Militär und die Geheimdienste.30 Durch die personelle Reduzierung in den Reihen der Silowiki31 entstand an den Rändern des Sicherheitsapparates die Gruppierung der Silowarchen.32 Dabei handelt es sich um Gewaltexperten aus dem Militär und den Geheimdiensten, die seit den 1990er Jahren innerhalb der oligarchisch geprägten Wirtschaftsstrukturen Russlands aktiv wurden.33 Allein nach dem gescheiterten Militärputsch 1991 gelangten 20 000 ehemalige KGB-Offiziere auf den zivilen Arbeitsmarkt.34 Bestens mit Militär, Polizei und den Nachrichtendiensten vernetzt, standen sie hinter der Gründung tausender Gewaltorganisationen – von Sicherheitsfirmen bis zu PMCs. Ehemalige Soldaten der KGB/FSB-Spezialeinheit Alpha organisierten beispielsweise die Sicherheitsabteilung des Öl- und Gaskonzerns Gazprom, die im Jahr 2007 insgesamt 20 000 Mitarbeiter umfasste. Diese Entwicklungen zeigten beispielhaft das Geflecht aus oligarchischem Kapitalismus und ökonomisierten Gewaltakteuren.35

Die in den 1990er Jahren entstandenen ökonomisierten Gewaltorganisationen waren zwar aufgrund der neoliberal angelegten Wirtschaftsreformen in Russland mit dem globalen Sicherheitsmarkt vernetzt, jedoch waren sie im Gegensatz zu westlichen Organisationen nicht in institutionalisierte Firmenkonglomerate, sondern in die Netzwerke der Siloarchen integriert. Das Konzept der PMC, verstanden als eine überdauernde Organisationsstruktur, die über einen Rekrutierungspool an Veteranen für Einsätze in verschiedenen auswärtigen Konflikten verfügte, gelangte wahrscheinlich über westliche Militärfirmen nach Russland. Die Branche erlebte aufgrund der seit den 1990er Jahren in Großbritannien und den USA vorherrschenden neoliberalen Politik des militärischen Outsourcings einen milliardenschweren Boom. Der Börsenwert westlicher PMCs stieg in dieser Zeit im Durchschnitt doppelt so schnell wie der anderer Unternehmen. Das 1997 aus der britischen PMC Defence Systems Limited geschaffene britisch-amerikanische Firmenkonglomerat Amor Group weitete seine Aktivitäten nach Russland aus und integrierte das von ehemaligen russischen Spezialkräften gegründete Sicherheitsunternehmen Alpha Firm in sein Netzwerk.36 Russische Piloten und weitere Elitesoldaten waren darüber hinaus nach dem Zusammenbruch der sowjetischen Streitkräfte für britische und amerikanische Firmen tätig. Diese Ex-Soldaten bedienten ehemaliges sowjetisches Militärgerät, welches von den westlichen PMCs eingesetzt wurde. So hatte die britische Firma Sandline geplant, Mi-24-Kampfhelikopter und die dazugehörigen Piloten im Bürgerkrieg in Papua-Neuguinea einzusetzen.37

Rubikon, die häufig als erste russische PMC bezeichnete Firma, wurde durch den politischen Aktivisten Jurij Beljajev gegründet, der Verbindungen zur organisierten Kriminalität unterhielt. In seiner Person zeigte sich, dass das Phänomen der Militärfirmen von Anfang an mit dem russisch-imperialen Ultranationalismus verknüpft war.38 Diese ideologische Richtung stammte aus der monarchisch-imperialen Tradition Russlands und kam seit der Breschnew-Ära in den 1970er Jahren in der Sowjetunion erneut auf. Als gesellschaftliche Unterströmung führte der Ultranationalismus bis Mitte der 1990er Jahre zu Wahlerfolgen nationalistischer Parteien sowie zur Formierung rechtsradikaler Gruppierungen wie der National-Republikanischen Partei Beljajevs in der Gesellschaft Russlands, in der anti-westliche und imperiale Ideologeme weit verbreitet waren.39 Russische Ultranationalisten beteiligten sich als sogenannte „Freiwillige“ (dobrovol’cy), an den Kämpfen in Osteuropa nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes. Zurückkehrende Kämpfer des Ersten Russischen Freiwilligen-Verbandes (RDO-1) um den ehemaligen Marineoffizier Valerij Vlasenko, die auf Seiten der russischen Separatisten in Transnistrien und der serbischen Armee in den Kriegen um das zerfallende Jugoslawien gekämpft hatten, bildeten den Rekrutierungspool für Beljajevs Militärfirma. Rubikon diente als erster ökonomisierter Gewaltakteur, in dem nationalistisch orientierte Veteranen zur Führung militärischer Operationen im Ausland befähigt wurden.40

Rubikon sowie weitere kurzlebige Gewaltorganisationen, die sich innerhalb des Netzwerks aus Siloarchen, organisierter Kriminalität und Ultranationalismus herausbildeten, verschwanden in den 1990er Jahren so schnell, wie sie aufgetreten waren. Zur Jahrtausendwende entstanden dann russische Militärfirmen, deren Strukturen mit denen der westlichen Militärfirmen vergleichbar waren. Die zwischen 1998 und 2008 gegründeten Firmen Antiterror-Orel, Antiterror, Redut-Antiterror und RSB-Group hatten, wie entsprechende US-amerikanische und britische Organisationen, Verbindungen zu Spezialeinheiten, aus denen sie ihre Contractors41 rekrutierten. So setzte sich das Personal von Antiterror-Orel unter anderem aus Veteranen des Sonderkommandos (Speznas) der Luftlandetruppen der russischen Streitkräfte, der Sondereinsatztruppe der Nationalgarde sowie der Formation Vympel, einer der zwei Spezialeinheiten des KGB/FSB (Alpha und Vympel), zusammen.42 Auf dem globalen Markt für Militärdienstleistungen, der durch ökonomische Vernetzungsprozesse neoliberaler Prägung entstanden war, hatten die russischen Firmen von den 1990er bis in die 2010er Jahre jedoch nur einen geringen Marktanteil. Insbesondere US-Firmen fanden während des sogenannten Krieges gegen den Terror durch die Unterstützung des amerikanischen Staates ideale Geschäftsbedingungen vor. So übernahm nach der amerikanischen Operation Iraqi Freedom die 2300 Contractors starke PMC Blackwater den Irak, den Antiterror-Orel als Geschäftsfeld ebenfalls anvisiert hatte. Deren Geschäftsführer Sergeij Epishkin gab in einem Interview gegenüber Forbes 2010 zu, dass seine PMC dagegen nur über 24 feste und 300 Mitarbeiter in „aktiver Reserve“ verfügte.43

Die russische PMC-Branche war deswegen im globalen Vergleich privatisierter Gewalt bis in die 2000er Jahre vernachlässigbar. Dies änderte sich mit der Wandlung der russischen Politik in Richtung des geostrategischen Revanchismus, den Vladimir Putin nach seiner Übernahme der Präsidentschaft 1999 einleitete. Mit Putin zog das „Versailles-Syndrom“ in den Kreml ein. Mit dem neuen Präsidenten gelangten Silowiki an die Schaltstellen der Macht, die mit ihm die Weltsicht als Beschützer des russischen Imperiums, die Vorstellung eines starken Staates sowie die politische Sozialisation im Kalten Krieg teilten. Diese gosudarstvenniki erhoben die Wiederherstellung des russischen Großmachtstatus durch internationale Konfrontation mit anderen Staaten zu ihrem Ziel.44 Dies bedeutet die Zurückgewinnung der sowjetischen Einflusssphären. Evgenij Primakov, Arabist, Nahost-Korrespondent und Außenminister unter Boris El'cin (Jelzin), hatte für dieses Vorhaben den Nahen Osten in den Fokus gerückt. Während des Kalten Krieges unterhielt die Sowjetunion militär-technische Kooperationen mit den Regimen des arabischen Sozialismus in Syrien, Ägypten und dem Irak. Auf jenen alten Verbindungen aufsetzend, gelangten im beginnenden 21. Jahrhundert russische Rohstoffkonzerne wie Gazprom als Vehikel russischer Einflussnahme in die Region. Durch das transkontinentale ökonomische Netzwerk der Rohstofffirmen fanden auch die PMCs in den Nahen Osten. Im Zuge dieses Prozesses ging aus der Moran Security Group, einem Netzwerk von Sicherheitsfirmen aus den späten 1990er-Jahren mit Schwerpunkt auf dem Schutz maritimer Routen zwischen dem Golf von Aden und dem Indischen Ozean, der unmittelbare Vorläufer der Wagner-Gruppe hervor. Dies war das in Hongkong registrierte Slavjanskij Korpus, das während des Bürgerkrieges in Syrien von der Luftwaffenbasis Latakia aus agierte, zum damaligen Zeitpunkt in der Hand der Rebellen, die gegen das Assad-Regime kämpften. 230 Kämpfer bewachten Öl-Förderanlagen, Pipelines und Anlagen der Stromversorgung. Da das Korps jedoch aus russischer Sicht auf der falschen Seite gestanden hatte, wurden die Anführer der PMC Vadim Gusev und Evgenij Sidorov bei ihrer Rückkehr nach Moskau verhaftet und zu drei Jahren Haft als illegale Söldner verurteilt. Söldnertätigkeit war zwar in Russland offiziell verboten, doch waren die Sicherheitsapparate nicht übermäßig daran interessiert, gegen private Gewaltakteure vorzugehen – insofern diese nicht wie das Slavjanskij Korpus gegen russische Interessen im Ausland handelten.45

Die russische Geostrategie und die Entstehung der Gruppe Wagner

Bisher existieren vier Theorien zur Entstehung der wichtigsten russischen Militärfirma. Die erste geht davon aus, dass das russische Präsidialamt direkt hinter der Gründung stand, die zweite sieht den russischen Militärgeheimdienst GRU am Werk, die dritte erklärt die südafrikanische PMC Executive Outcomes zum entscheidenden Bezugspunkt für Wagner und die vierte konzentriert sich auf die Bestrebungen des Oligarchen Evgenij Prigožin. Aus historischer Perspektive beschreiben alle Erklärungen spezifische Perspektiven, Ereignisse und Prozesse in der Entstehungsgeschichte Wagners, die mit der Transformation Russlands in eine Autokratie neuen Typs zusammenhingen.46 Die Entstehung der mächtigsten russischen PMC lag in einem Perspektivwechsel der politischen und militärischen Entscheidungszentren auf die Prozesse privatisierter Gewalt begründet. Beginnend mit den Vorträgen Alain de Benoits und Alexander Dugins vor dem russischen Generalstab Anfang der 1990er Jahre begannen die geostrategischen Konzeptionen der Neuen Rechten das ideologische Vakuum in der militärischen Führung nach Ende des Kommunismus zu füllen. Überlegungen zu dem von Carl Schmitt entlehnten ewigen Gegensatz von eurasischen Land- und angelsächsischen Seemächten verbanden sich mit der russisch-imperialen Tradition des starken, autoritären Staates, welche das Ende der Sowjetunion überdauert hatte.47 Der militärische Etatismus amalgamierte sich mit einem geopolitischen Denken, welches russische Interessensphären postulierte, innerhalb derer die vorhandenen Staaten und Gesellschaften nicht als Akteure, sondern als Objekte der Politik der Großmächte angesehen wurden. Diese Ordnungsvorstellung grundierte die Wahrnehmung der internationalen Umbrüche von 2003 bis 2015 durch die russische Führungsschicht. Sowohl das Aufkommen der Demokratiebewegungen in der Ukraine in Form der Orangenen Revolution und dem Euro-Maidan als auch im Nahen Osten während des Arabischen Frühlings wurden durch die Silowiki nicht als Produkte innergesellschaftlicher Prozesse, sondern als westliche Verschwörung interpretiert. Aus dieser Perspektive unterminierten westliche Staaten, nicht durch direkte militärische Interventionen, sondern durch hybride Kriegsführung, die pro-russischen Regime im „nahen Ausland“.48

Diese Sicht auf die politischen Geschehnisse in Osteuropa und im arabischen Raum wurde 2013 konzise von Generalstabschef Walerij Gerassimov während seiner jährlichen Ansprache vor der Russischen Militärakademie zusammengefasst, in welcher der Offizier globale Entwicklungen mit technologischen Trends zusammendachte. In der Rede formulierte Gerassimov keine strategische „Doktrin“, sondern in der Tradition der russisch-sowjetischen Militärwissenschaft eine ideologisch grundierte Bedrohungswahrnehmung. Der Offizier sah hinter den „Farbenrevolutionen“ „nicht-militärische“ Netzwerke in der politischen, ökonomischen und digitalen Sphäre am Werk, welche im Auftrag des Feindes gesellschaftliche Spannungen schüren und dadurch die staatlichen Strukturen verbündeter Regime destabilisieren würden. Einer der von ihm explizit genannten Akteure in diesem neuartigen Krieg im 21. Jahrhundert waren westliche PMCs in Libyen. Auf diese Herausforderungen galt es aus der Perspektive Gerassimovs Antworten zu finden.49

Eine der Antworten war Wagner. Wie beschrieben, existierte das Konzept der PMC in Russland bereits zuvor; Überlegungen zu einer geostrategischen Instrumentalisierung dieses Gewaltakteurs begannen im etatistisch geprägten russischen Generalstab jedoch erst infolge eines Ereignisses im Jahr 2010. Während eines geheimen Treffens auf dem Wirtschaftsforum in St. Petersburg gelang es Eeben Barlow, dem Kommandeur der südafrikanischen PMC Executive Outcomes und ehemaligen Offizier des Apartheid-Regimes, die anwesenden Silowiki über die geostrategischen Implikationen der privaten Militärdienstleister im Rahmen einer Politik der plausiblen Dementierbarkeit aufzuklären. Vor dem Hintergrund von Gerassimovs internationaler Bedrohungswahrnehmung und der Maidan-Revolution in der Ukraine bildeten die durch Barlows Vortrag ausgelösten Entscheidungsprozesse im russischen Regime zwischen 2010 und 2013 den historischen Ausgangspunkt für die Gründung von Wagner.50 Putin selbst bezeichnete PMCs 2012 als sinnvolles Instrument globaler Machtprojektion.51

Wagner hatte zwei Geburtshelfer: das russische Verteidigungsministerium und die Streitkräfte. Namensgebend für die neue Militärfirma wurde der nom de guerre eines der alten Kommandeure des Slavjanskij Korpus, welcher in Syrien gekämpft hatte - Dimitrij Utkin, Kampfname „Wagner“. Der 1970 geborene Utkin hatte vor seiner Tätigkeit für das Slavjanskij Korpus bis 2013 eine erfolgreiche militärische Karriere innerhalb der Speznas-Kräfte der GRU absolviert, die er als Oberstleutnant abschloss. Nach dem Niedergang der PMC war Uktin 2014 als Anführer einer paramilitärischen Gruppierung in der Ostukraine aktiv. Als neuer militärischer Oberbefehlshaber benannte Utkin seine Organisation nach dem deutschen Komponisten Richard Wagner. Dabei handelte es sich nicht um eine reine Frage des musikalischen Geschmacks. Utkin sympathisierte mit der ideologisierten Ästhetik des Nationalsozialismus. Auf seine Schulterblätter hatte sich der Kommandeur SS-Runen tätowieren lassen, auf der Brust trug er den Reichsadler NS-Deutschlands. Utkin war Vertreter der ideellen Strömung des Rodismus, welcher laut den Investigativ-Journalistinnen Ksenia Bolschakova und Alexandra Jousset 30 Prozent der Wagner-Kämpfer angehörten.52

Diese Ideologie fußte auf Rassentheorien, Antisemitismus, der Suche nach den vorchristlichen Wurzeln der Russen im Rahmen einer paganistischen Naturreligion sowie panslawistischen Ordnungsvorstellungen. Mit dem Wiederaufkommen des russischen Ultranationalismus in den 1970er Jahren, der „dritten“ Welle des russischen Nationalismus, hatte sich in dessen diskursivem Feld auch der Rodismus als ideelle Unterströmung entwickelt.53 Ab den 1990er Jahren grundierte diese Ideologie die ultranationalistische Subkultur. Sie verbreitete sich dadurch im russischen Militär und fand von dort ihren Weg in die Einheiten von Wagner. Eine zweite Traditionslinie führte über die Russische Reichsbewegung, eine zu Anfang der 2000er Jahre gegründete Sammelvereinigung ultranationalistischer, faschistischer und monarchistischer Organisationen. Ein Teil ihres paramilitärischen Flügels, die für ihre massiven Kriegsverbrechen im Krieg gegen die Ukraine bekannte Gruppe Russitsch, ging 2014 in Wagner auf. Neben Anhängern des Rodismus fanden sich unter den Wagner-Kämpfern Männer, welche von der durch russische Propaganda befeuerten Vorstellung angeblicher „Faschisten“ in der Ukraine überzeugt waren. Zudem waren Veteranen aus Afghanistan und der beiden Kriege in Tschetschenien vertreten, denen der Kampf zum Lebensinhalt geworden war.54 Diese letzteren beiden Gruppen wurden durch den in der Hierarchie von Wagner noch über Utkin stehenden Kommandeur und Verbindungsoffizier zum GRU, Andrei Nikolajewitsch Troschew, repräsentiert, Veteran des Afghanistan- und der Tschetschenienkriege. Troschew, Kampfname „Grauhaar“, war Fallschirmjäger und Oberst der Spezialeingreiftruppe der Nationalgarde. Für Wagners Einsatz in Syrien wurde er als Held der Russländischen Föderation ausgezeichnet.55

Um die für die Politik der plausiblen Dementierbarkeit notwendige finanzielle Unabhängigkeit zu garantieren, wurde Wagner in das Firmennetzwerk Evgenij Prigožins eingegliedert. Der Oligarch, der in den 1960ern in St. Petersburg geboren wurde, hatte aufgrund von Diebstahl, Betrug und Zwangsprostitution Minderjähriger in der Sowjetunion 13 Jahre im Gefängnis verbracht. Entlassen in das neue Russland der 1990er Jahre während der neoliberalen Reformen, entfaltete sich seine Karriere als Unternehmer am Schnittpunkt krimineller Strukturen, politischer Netzwerke und geheimdienstlicher Kreise. Als Besitzer mehrerer Gastronomieunternehmen gelangte er über seine Luxusrestaurants in Kontakt mit Putin, zuerst als Berater des damaligen St. Petersburger Bürgermeisters Anatolij Sobčak und später als Präsident. So empfing der neue Machthaber Russlands Anfang der 2000er Jahre im Bootsrestaurant New Island des Oligarchen Prigožin die westlichen Staatschefs Jaques Chirac und George Bush. Über diese Kontakte zu Putin gelangte Prigožin an Cateringaufträge der russischen Streitkräfte und anderer staatlicher Institutionen für seine Firma Concord. Da er aufgrund seiner kriminellen Karriere nicht zum inneren Machtzirkel der Silowiki und der zentralen Oligarchengruppierung der Verbündeten Putins in St. Petersburg gehörte, war er der ideale Kandidat zur Finanzierung privater Organisationen, die im Rahmen der russischen Geostrategie agierten. Prigožins Firmennetzwerk umfasste die Troll-Fabrik Internet Research Academy, die laut dem amerikanischen FBI Desinformationskampagnen während der US-Präsidentschaftswahl 2016 durchführte.56

Nach den Aussagen Prigožins stand er initial hinter der Gründung von Wagner. Wahrscheinlicher ist, dass der Oligarch Interesse an einer Beteiligung an der Donbass-Intervention hatte und sich an das Präsidialamt wandte. Von dort wurde er über den GRU und das Verteidigungsministerium mithilfe des Verbindungsoffiziers Troschew mit Utkin in Kontakt gebracht, der zu diesem Zeitpunkt in der Ukraine aktiv war.57 Laut investigativen Recherchen zeigte sich Prigožin anfangs gegenüber dem Chef des Sicherheitsdienstes skeptisch, aus der in der Ostukraine zunächst noch als bataillonstaktische Gruppe bezeichneten Formation Wagner eine private Militärfirma (PMC) zu formen. Aufgrund der Machtmittel des Regimes blieb ihm jedoch keine Wahl.58

Die militärische Struktur und Gewaltpraktiken von Wagner

Strukturell bildete Wagner ein Militär im Miniaturformat, da von der Gründung an nahezu sämtliche Waffengattungen vertreten waren. Die Organisation umfasste auf dem Höhepunkt ihrer Stärke elf Infanterie-Kompanien, ein Fernmelde-Bataillon, eine Drohneneinheit59, ein Flugabwehr-Regiment, eine Artilleriegruppierung, ein Panzer-Regiment sowie Pionier- und Logistiktruppen.60 Das Durchschnittsalter der Contractors lag bei 40 Jahren und verweist damit auf die vorhergehenden militärischen Karrieren dieser Personen, bei denen es sich häufig um Veteranen der Luftlandetruppen, des Militärgeheimdienstes GRU, Spetsnaz-Einheiten und Verbände des Verteidigungsministeriums handelte. Die russische Armee stellte als Hauptausbildungsplatz und Kommandozentrum den Truppenübungsplatz Molkino in Südrussland zur Verfügung. Die Hierarchie orientierte sich an den russischen Streitkräften. Sie war jedoch in der Tradition privatisierter Gewaltorganisationen weniger rigide, da sie keine Dienstgrade, sondern nur Funktionsbeschreibungen wie Divisionskommandeur, Kompaniechef und Zugführer kannte. Die Befehlskette Wagners war darüber hinaus leistungsorientierter ausgerichtet als die des russischen Militärs. Der Aufstieg in der Organisation richtete sich nicht nach Dienstjahren oder früheren Dienstgraden, sondern nach erfolgreich bewältigten Aufgaben. So beschreibt der ehemalige Wagner-Kämpfer Marat Gabidullin, dass eine Einheit von Wagner in Syrien ihren Kommandeur in einem plebiszitären Prozess bestimmte. Diese Abstimmung wurde während eines Truppenbesuches durch Utkin eingeleitet, nachdem sich der bisherige Kommandeur des Verbandes als untauglich erwiesen hatte.61 Dieser meritokratisch-plebiszitäre Zug zeigte sich auch im Rat der Kommandeure, der während des Putsches im Juni 2023 als oberstes Führungsgremium sichtbar wurde. Innerhalb dieser Institution konnten Mehrheitsentscheidungen über das weitere operative Vorgehen getroffen werden. Dies stand im Gegensatz zur äußerst strikten Kommandohierarchie des russischen Militärs und bildete für Veteranen neben der guten Bezahlung einen zusätzlichen Anreiz, Wagner beizutreten.62 Wagner ist damit – ähnlich wie etwa die britische Spezialeinheit SAS – ein Gewaltakteur, dessen interne Hierarchie im Vergleich zu den strikten Strukturen regulärer Streitkräfte plebiszitäre Elemente aufwies. Die daraus resultierende institutionelle Fehlerkultur trug zu einer effektiven Gewaltanwendung bei.63

Wagner-Kombattanten agierten während ihrer Einsätze in der Ukraine und dem Nahen Osten als „force multiplier“ und „stiffener“, um die Machtausdehnung pro-russischer Regime und Bewegungen zu ermöglichen.64 Während der Kämpfe in der Ostukraine erhöhte sich der Kampfwert der pro-russischen Milizen durch die Integration von Wagner-Einheiten. Wagner-Truppen waren im Donbass für Aufklärungseinsätze zuständig, kontrollierten Städte und beteiligten sich am Angriff auf den Flughafen von Luhansk sowie der Schlacht um Debalzewe.65 In Syrien ermöglichten die Verbände der PMC die Ausbildung von Einheiten des Assad-Regimes in Infanterietaktiken sowie der Bedienung von Maschinengewehren, Raketenwerfern und Mörsern. Die Einheiten der Militärfirma verstärkten 2016 die syrische Armee während des Kampfes gegen die von türkischen Militärberatern unterstützte Freie Syrische Armee im Norden und der Offensive gegen die Stadt Palmyra, welche durch den Islamischen Staat gehalten wurde.66 Hierbei spielten insbesondere Wagner-Scharfschützen als „force multiplier“ eine Rolle, genauso wie während des Einsatzes der PMC zur Unterstützung des Vorstoßes der Truppen General Haftars gegen Tripolis. Die Wagner-Kämpfer bezeichneten ihre Gegner im Nahen Osten, wie einstmals die sowjetischen Truppen in Afghanistan, mit dem persischen Begriff „duchi“ (Geister).67

Wagner stabilisierte darüber hinaus die Herrschaft pro-russischer Regime gegenüber oppositionellen Gruppierungen und bewaffnetem Widerstand. In diesen Operationen zeigte sich das Ineinanderfließen privatisierter Gewalt mit der Durchsetzung von Staatlichkeit. So fungierten Wagner-Einheiten als Leibwächter der Führung der Volksrepublik Luhansk und setzten das Gewaltmonopol des pro-russischen Regimes gegenüber rivalisierenden pro-russischen Milizen durch. Dieses Muster wiederholte sich in den Einsätzen zum Schutz der Autokratien im Sudan, Mali und der Zentralafrikanischen Republik, in denen Wagner-Truppen neben Leibwächter-Tätigkeiten auch Counterinsurgency-Operationen durchführten.68 Diese Gewaltpraktiken der Aufstandsbekämpfung standen in der Tradition der sowjetischen und russischen Imperialkriege in Afghanistan und Tschetschenien. Wie einstmals die sowjetischen Fallschirmjäger in den Bergen Afghanistans in den 1980er Jahren setzte auch Wagner auf schnelle luftbewegliche Einheiten, welche Gruppierungen der Aufständischen einkesseln und aufreiben sollten.69 Während dieser Operationen kam es zu schweren Kriegsverbrechen. Dies lässt sich beispielhaft am Einsatz von Wagner für die Militärdiktatur in Mali belegen, mit der die Organisation seit 2021 vertraglich verbunden war. Die Aktivitäten von Wagner hatten das Ziel, mit Al-Qaida verbündete islamistische Gruppierungen zu bekämpfen. Im Zuge dieser Bestrebungen umzingelten die Trupps der PMC das Dorf Moura, nachdem sie zuvor im Umfeld durch Helikopter abgesetzt worden waren. Danach wurden die Menschen in der Mitte des Dorfes zusammengetrieben. Wenige Tage später waren über 500 Zivilisten durch Wagner-Kämpfer getötet worden. Außerhalb des Krieges gegen die Ukraine handelt es sich bei diesen Geschehnissen Ende März 2022 um das größte dokumentierte Kriegsverbrechen von Wagner.70

Die Gruppe Wagner als Mittel zur Schaffung russischer Einflusssphären

Wie sehr Wagner Teil der geostrategischen Pläne des russischen Regimes bereits vor dem Überfall auf die Ukraine 2022 war, zeigt sich an den Einsätzen der PMC in Afrika. Wagner war in den Bürgerkriegen in Libyen 2015, dem Sudan 2017, der Zentralafrikanischen Republik 2018, Mosambik 2019 und Mali 2021 aktiv. Auf dem afrikanischen Kontinent schuf Wagner russische Interessensphären. Wagner etablierte sich in den Staaten, in denen das russische Regime strategisch relevante Flotten- oder Militärstützpunkte einrichten wollte. Dies gelang durch ein Firmengeflecht, das während der Einsätze im Sudan und in der Zentralafrikanischen Republik, dem „Labor“ für den russischen hybriden Krieg, für westliche Analysten am deutlichsten sichtbar wurde.71

Seit 2017 unterhielt Wagner eine militärische Präsenz im Sudan zum Schutz des Militärregimes von Omar al-Bashir gegen Demonstrationen der Opposition, die im Dezember 2018 zu landesweiten Protesten eskalierten. Als Reaktion unterstützte Wagner den Verbündeten Russlands. Die russische PMC trug wesentlich zur Aufwertung der Sicherheitskräfte des Regimes bei. Über 500 Wagner-Contractors bildeten das Militär und die Spezialkräfte der sudanesischen Geheimpolizei aus. Für die geplante Etablierung eines russischen Flottenstützpunktes sowie Abbaugenehmigungen für die Goldvorkommen des Landes durch die Firmen M-Invest und Meroe Gold des Wagner-Netzwerkes unterstützte die PMC die Führungsschicht des Landes nicht nur militärisch, sondern auch durch Desinformationskampagnen, die sich auf die Nutzer sozialer Netzwerke im Sudan richteten.72 Diese Propaganda zielte darauf, die politische Opposition als antiislamisch, proisraelisch und LGBT-aktivistisch darzustellen.73 Aufgrund kultureller Schwierigkeiten, die Mikhail Potepkin, einer der Organisatoren der Kampagnen, im Stil des russischen Kulturalismus als Unterschiede zwischen der „europäischen“ Zivilisation und „arabisch-afrikanischen“ Sphäre deutete, wurden russische Vorstellungen oft nur oberflächlich an die lokale Gesellschaft angepasst. Mehrere interne Wagner-Berichte über den Sudan beinhalteten versehentlich das Wort „Russland“, welches nicht durch „Sudan“ ersetzt wurde. Gleichzeitig unterstützte Wagner die muslimische Opposition. Dies kam Wagner zugute, als al-Bashir 2019 gestürzt wurde. Wagner koordinierte die Ausbildung von Kämpfern der Rapid Support Forces des ehemaligen Milizenführers Mohamed Hamdan Dogolo, die für Saudi-Arabien gegen den Jemen in den Krieg ziehen und sich 2023 an einem weiteren Putsch beteiligen sollten. Dieses Engagement zahlte sich aus: die wechselnden Regime im Sudan haben bisher am Pachtvertrag für den russischen Flottenstützpunkt festgehalten.74

Über den Sudan gelangte Wagner in die Zentralafrikanische Republik für eine weitere Ausbildungsmission in einem Bürgerkrieg nach dem Rückzug der Streitkräfte der alten Kolonialmacht Frankreich. Das Land war für das russische Regime relevant, da ein geplanter Militärstützpunkt in Zentralafrika geostrategische Bedeutung hatte. Diese durch 300 russische, syrische und libysche Contractors durchgeführte Mission bildete zwei Bataillone des Militärs des bedrängten Präsidenten Faustin Archange-Touadéra aus. Weitere Wagner-Einheiten schützen ihn vor den Rebellengruppierungen. Prigožin nutzte seinen Einfluss, um am 5. Februar 2019 ein Friedensabkommen zwischen Touadéra und den aufständischen Milizen schließen zu lassen, welches das Land zwischen dem Regime, den Rebellen und Wagner aufteilte. Durch diesen Vertrag erhielt die mit Prigožin verknüpften Bergbau-Firmen Lobaye Invest, Midas Resources und Bois Rouge Zugang zu den Gold- und Diamantenabbaugebieten des Landes sowie umfangreiche Steuervergünstigungen. Die Institutionen der Zentralafrikanischen Republik wurden dadurch mit dem ökonomisch-militärischen Netzwerk dermaßen verflochten, dass man analytisch von einer Übernahme des Staates durch Wagner ausgehen konnte. 20 % des Staatshaushaltes, etwa die Summe westlicher Entwicklungshilfe, flossen direkt an die PMC. Wagner, dessen Propaganda-Kampagnen die öffentliche Meinung gegen die ehemalige Kolonialmacht Frankreich durch dekoloniale Rhetorik befeuerte, führte die Zentralafrikanische Republik in eine neue Form neokolonialer Kontrolle durch Russland, die sämtliche postkolonialen Abhängigkeiten von Frankreich massiv übertraf.75

Die Gruppe Wagner im Herrschaftsgeflecht des russischen Staates

Während sich Wagner bis zum 24. Februar 2022 im geostrategischen Interessenrahmen des Putin-Regimes bewegte, begann sich das Verhältnis zwischen dem russischen Staat und der Militärfirma durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu ändern. In der ersten Phase des Krieges existierten keine einheitlichen Streitkräfte unter einem zentralen Oberkommando auf der russischen Seite. Es ist analytisch sinnvoller, von einer militärischen Gruppierung mit unterschiedlichen Entscheidungszentren auszugehen, die neben den einzelnen Teilstreitkräften auch tschetschenische ‚Akhmat‘-Verbände, die Milizen der Volksrepubliken Donezk und Luhansk sowie die Wagner-Gruppe umfasste.76 Der PMC gelang es nach der ersten Phase des Krieges von Februar 2022 bis Oktober 2022, die durch russische Niederlagen in der Schlacht um Kyjiw und die ukrainische Gegenoffensive um Charkiw gekennzeichnet war, effektiver als die Armee zu agieren. Während der russischen Offensive gegen den Donbass verbuchte Wagner im Mai 2023 einen der bisher größten russischen Erfolge dieses Krieges – die Einnahme der Stadt Bachmut. Möglich wurde dies durch die Transformation von Wagner von einer Militärfirma zu einer Privatarmee. Das Regime hatte den Handlungsspielraum der PMC in präzedenzloser Weise ausgeweitet – bedingt durch den Vertrauensverlust in das Oberkommando der russischen Streitkräfte sowie durch die während der Teilmobilmachung 2022 sichtbar gewordenen Rekrutierungsprobleme des Militärs.77 Wagner wurden die Tore der russischen Straflager geöffnet. Daran zeigte sich einmal mehr die grundsätzliche Verflochtenheit staatlicher Institutionen mit den Prozessen privatisierter Gewalt. Durch den Zugriff auf das Gefängnissystem konnte Wagner neben 10 000 Veteranen auch 40 000 Strafgefangene rekrutieren, die durch ein rigides disziplinarisches Regime zusammengehalten wurden. Der taktische Zweck dieser Verbände bestand darin, durch Vorstöße von Kleingruppen das Feuer der ukrainischen Soldaten auf sich zu ziehen, damit im nächsten Schritt die erkannten Stellungen der Verteidiger durch Artillerie, Mörser und erfahrene Wagner-Truppen angegriffen werden konnten.78

Dieses exponentielle Aufwachsen der Strukturen Wagners machte die Militärfirma zu einem neuen Machtzentrum innerhalb des Herrschaftsgeflechts der Russländischen Föderation. Das Austarieren der unterschiedlichen Gruppierungen aus Oligarchen, Militärs und Geheimdienstlern, den „vielen Türmen des Kremls“, war von Beginn an ein strukturelles Merkmal des durch Putin aufgerichteten Herrschaftssystems.79 Die damit einhergehende strukturelle Unsicherheit betraf auch die Position Putins, der zwar als zentraler Vermittler zwischen den Machtzentren agierte, jedoch zur weiteren Absicherung seiner Herrschaft im Jahr 2016 die Nationalgarde unter seinem engen Verbündeten Viktor Zolotov aufstellen ließ. In diesem undurchsichtigen Geflecht stieg im Verlauf des russischen Überfalls auf die Ukraine auch Wagner als eigenständiger Akteur auf. Die Wagner-Kämpfer versammelten sich hinter Prigožin, dessen Kommandostil sich durch häufige Besuche an der Frontlinie und Gespräche mit den Wagner-Einheiten auszeichnete. Der kameradschaftliche Habitus des Kommandeurs schuf Loyalitäten, die auf charismatischer Herrschaft basierten, während die fernen Generäle in Moskau ihre Entscheidungen über die bürokratisch organisierte Befehlskette durchsetzen ließen.80

Der Putsch im Juni 2023 war das letzte Kapitel in einem längeren Konflikt zwischen Wagner und dem Generalstab, innerhalb welchem es neben dauerhaften Streit um die Zuteilung von Munition bereits zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen russischen Truppen und Wagner-Kämpfern während des Herausziehens der Wagner-Einheiten nach der Schlacht um Bachmut gekommen war. Der russische Präsident Putin unterstützte anfangs im Sinne der Teile-und-herrsche Logik keine Fraktion innerhalb dieses Konfliktes. Im Frühjahr 2023 begann sich der Autokrat auf die Seite der Militärführung zu stellen, da die Silowiki trotz der Planungs- und Führungsfehler im Krieg gegen die Ukraine die unersetzliche Machtachse seines Regimes bilden. Als das Verteidigungsministerium versuchte, die Rekrutierung von Freiwilligen für den Kampf gegen die Ukraine zu zentralisieren, um den Machtkampf für sich zu entscheiden, war der Fortbestand von Wagner direkt bedroht.81 Prigožins Planungen sahen ursprünglich vor, ein politisches Bündnis mit oppositionellen Kräften im russischen Herrschaftsgeflecht zu schließen. Hierfür nutzte der Oligarch seine Verbindung zu Wagners langjährigem Koordinationsoffizier im russischen Militär und zeitweiligem Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte in der Ukraine, Sergei Surowikin – auch bekannt als „General Armageddon“. Surowikin sollte wahrscheinlich Kontakte in ultranationalistische Kreise anbahnen, in denen der Kommandeur aufgrund seiner völkerrechtswidrigen Kriegsführung großen Rückhalt genoss.82

Die militärische Operationsplanung zielte auf die Ausschaltung des Generalstabs und des russischen Verteidigungsministeriums als konkurrierender Machtzentren ab. Wagners „Marsch der Gerechtigkeit“ begann mit der Besetzung des Kommandozentrums in Rostow-am-Don – dem logistischen Drehkreuz für die Operationen im Süden der Ukraine. Den Wagner-Einheiten gelang es, die Millionenstadt ohne Widerstand im Handstreich zu besetzen. Die russische Nationalgarde hatte den kampferprobten und schwerbewaffneten Kämpfern nichts entgegenzusetzen. Von dort erging das unbeachtet gebliebene Ultimatum Prigožins an den Kreml, Generalstabschef Gerassimov und Verteidigungsminister Sergeij Schoigu auszuliefern; anderenfalls werde der Vormarsch auf Moskau beginnen. Der Vorstoß war detailliert geplant, beruhte aber auf problematischen Vorannahmen. Flugblatt-Kampagnen unter russischen Soldaten führten zum Überlaufen eines Fallschirmjäger-Regiments. Während sich die Marschkolonnen Wagners in Richtung Moskau bewegten, materialisierte sich jedoch keine Unterstützung in der russischen Führungsschicht. Prigožin hatte seinen Einfluss innerhalb des undurchsichtigen Machtgeflechts des russischen Regimes falsch eingeschätzt. Wie weit die Verbindungen der konkurrierenden Akteure tatsächlich reichten, zeigte sich erst während des Putsches. Die Fehleinschätzung der Loyalitäten von Militär, politischen Gruppierungen und staatlicher Verwaltung stellt ein Muster dar, das sich historisch häufig bei gescheiterten Militärputschen beobachten lässt.83 In der Folge kam es zu Verhandlungen zwischen Prigožin, dem ehemaligen Chef des FSB, Nikolaj Patrušev, und dem russischen Botschafter in Belarus, Boris Bondarev, über eine mögliche Verhandlungslösung. Das Abbrechen des Putschversuches unterminierte die Loyalität der Kommandeure der Wagner-Einheiten, welche für Prigožin alles riskiert hatten.84 Nach dem Putsch ermöglichte dieser Bruch dem Regime, die einzelnen Verbände unter ihrem jeweiligen Kommandeur aus der Organisationsstruktur Wagners herauszulösen. Die volatilen Mechanismen charismatischer Herrschaft einer Gewaltgemeinschaft waren schließlich doch den institutionalisierten Befehlsketten der Silowiki unterlegen.85 Nach der Ermordung der Wagner-Führung durch den Abschuss von Prigožins Privatflugzeug wurde das Wagner-Netzwerk in Afrika direkt dem russischen Verteidigungsministerium unterstellt.86 In der Neubenennung der Organisation blieb das russische Regime der durch Utkin vertretenen faschistischen Ästhetik treu – Wagner in Afrika wurde zum russischen „Afrikanski Korpus“.87

Jedoch war sich auch Putin der Loyalität seiner bewaffneten Organe nicht mehr sicher, die während des Putsches gegenüber Wagner militärisch versagt hatten. In der Folge wurde die Nationalgarde zu einer Organisation ausgebaut, in deren Rahmen die Integration neuer PMCs vorgesehen war, für deren Gründung insbesondere die durch Putin eingesetzten Gouverneure zuständig sein sollten. Die Prätorianer Putins wurden damit nach ihrem Versagen während des Putsches zu einem Gegengewicht gegen die Streitkräfte und Polizeikräfte des Innenministeriums ausgebaut.88

Fazit

Die ausgefallene Schlacht um Moskau am 24. Juni 2024 markierte eine Zäsur. Erstmals war es einer Militärfirma nahezu gelungen, die politische Führung in einem Industrieland zu beseitigen. Der Putsch von Wagner stellt damit einen neuen Abschnitt innerhalb der Geschichte privatisierter Gewalt und des postsowjetischen Russlands dar. Seit der Frühen Neuzeit hatte kein ökonomisierter Gewaltakteur existiert, der weltweiten politischen und militärischen Einfluss in dem Maß wie Wagner ausüben konnte. Die PMC entstand unter den spezifischen Rahmenbedingungen eines oligarchisch geprägten Kapitalismus, autoritärer Machtstrukturen und neoimperialer Außenpolitik im Russland der Putin-Ära. Die internationalen Bedingungen für den Einsatz von PMCs zur Durchsetzung geostrategischer Interessen eines Staates im Rahmen einer Strategie der plausiblen Dementierbarkeit entstanden jedoch bereits während der Dekolonisierung und des Kalten Krieges. Nach dem Ende des Ost-West-Gegensatzes galten diese Bedingungen auch für das postsowjetische Russland, dessen Gesellschaft – geprägt durch den Afghanistan-Krieg der 1980er Jahre – trotz autoritärer Staatsstrukturen nicht mehr in dem Maße für militärische Machtprojektionen mobilisiert werden konnte, wie es in der Sowjetunion noch möglich gewesen war.89 Diese Voraussetzungen bestimmten auch den Einsatz der Wagner-Gruppe in der neoimperialistischen Politik Russlands. Noch im Jahr 2022 zeigte sich, dass das putinsche System auf dem Prinzip beruhte, die russische Gesellschaft vor den Folgen der auswärtigen Aggressionen abzuschirmen, wie die Flucht von Hunderttausenden russischer Männer infolge der Teilmobilmachung desselben Jahres deutlich machte.90 Verstärkt wurde diese Tendenz durch die in der Mittel- und Oberschicht weit verbreitete ablehnende Haltung gegenüber dem als inhuman empfundenen Dienst in den russischen Streitkräften – eine Einstellung, die bis in die Zeit des Zarenreiches zurückreicht und die auch durch die forcierten Militarisierungsanstrengungen des Putin-Regimes nicht überwunden werden konnte.91 Dieser Trend Richtung privatisierter Gewaltausübung verstärkte sich durch die Niederlagen des russischen Militärs während des Krieges gegen die Ukraine ab 2022. Die dadurch beförderte Integration der PMC Wagner in das spezifische Machtgeflecht der russischen Autokratie eskalierte das stets latente Konfliktpotenzial zwischen den geostrategischen Zielen des Staates und der Agenda privater Gewaltorganisationen zu einem existenziellen Konflikt zwischen Wagner und den anderen Machtzentren des Regimes. Der Putsch Wagners als bisher existenziellste Herausforderung für das Regime zeigte, dass die Herrschaftsausübung des putinschen Systems in der bisherigen Form an seine Grenze geraten war. Es handelte sich um den ersten Riss im Machtapparat des Kremls, der bislang durch Putins moderierende Rolle zwischen den Machtzentren des Militärs, der Geheimdienste und der oligarchischen Wirtschaft zusammengehalten wurde. Die Bedingungen für die Destabilisierung der russischen Autokratie wurden durch die prekäre militärische Situation auf dem Gefechtsfeld geschaffen, welche durch die westliche Militärunterstützung für die ukrainischen Streitkräfte ermöglicht wurde. Durch die Niederlagen der russischen Streitkräfte wurde der militärische Aufstieg Wagners befördert und damit auch die Unterminierung des autokratischen „starken“ Staates durch die Prozesse privatisierter Gewalt.

 

  • 1. Vgl. Peter Fabricius, Russia throws more weight behind Haftar in Libya, in: Institute for Security Studies Today, 11. November 2019, URL: https://issafrica.org/iss-today/russia-throws-more-weight-behind-haftar-in-libya (letzter Zugriff 20.03.2025); vgl. Sergey Sukhankin, Russian PMCs in the Syrian Civil War. From Slavonic Corps to Wagner Group and Beyond, 18. Dezember 2018, URL: https://jamestown.org/program/russian-pmcs-in-the-syrian-civil-war-from-slavonic-corps-to-wagner-group-and-beyond/ (letzter Zugriff 20.03.2025); vgl. Jason Burke, Russian mercenaries behind slaughter of 500 in Mali village, UN report finds, in: The Guardian vom 23.12.2023.
  • 2. Vgl. Peter Fabricius, Russia throws more weight behind Haftar in Libya, in: Institute for Security Studies Today, 11. November 2019, URL: https://issafrica.org/iss-today/russia-throws-more-weight-behind-haftar-in-libya (letzter Zugriff 20.03.2025); vgl. Sergey Sukhankin, Russian PMCs in the Syrian Civil War. From Slavonic Corps to Wagner Group and Beyond, 18. Dezember 2018, URL: https://jamestown.org/program/russian-pmcs-in-the-syrian-civil-war-from-slavonic-corps-to-wagner-group-and-beyond/ (letzter Zugriff 20.03.2025); vgl. Jason Burke, Russian mercenaries behind slaughter of 500 in Mali village, UN report finds, in: The Guardian vom 23.12.2023.
  • 3. Siehe Kimberly Marten, Russia’s use of semi-state security forces: the case of the Wagner Group, in: Post-Soviet Affairs 3/2019, S. 181–204.
  • 4. Vgl. Sarah Katharina Stein, Wagner ist keine Söldnertruppe – und das ist nicht so gut, wie es auf den ersten Blick scheint, in: Geschichte der Gegenwart, 02.06.2023, URL: https://geschichtedergegenwart.ch/wagner-ist-keine-soeldnertruppe-und-das-ist-nicht-so-gut-wie-es-auf-den-ersten-blick-klingt (letzter Zugriff 20.03.2025); Söldnertruppe beendet Aufstand gegen den Kreml, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 25.06.2023.
  • 5. Im Anschluss an Jan Claas Behrends, der das Auftreten von Wagner und weiterer Gewaltgemeinschaften im „Laboratorium der Gewalt“ des Donbass 2014 in die strukturellen und handlungslogischen Kontinuitätslinien des „Soviet Way of War“ einordnet. Vgl. Jan Claas Behrends, Sowjetische und russische Operationen nach 1945. Aufstandsbekämpfung, »Spezialoperationen« und exzessive Gewalt, in: Birgit Aschmann, Jan Claas Behrends, Sönke Neitzel, Christin Pschichholz (Hrsg.), »When you catch one kill him slowly«. Militärische Gewaltkulturen von der Frühen Neuzeit bis zum Zweiten Weltkrieg, Frankfurt am Main 2024, S. 399–423, hier S. 416–423.
  • 6. Dieser Text orientiert sich im Ansatz an Grischa Sutterer, Die Privatisierung des Krieges. Private Military Companies und die postimperiale Neuordnung der Welt, Berlin/Boston 2024.
  • 7. Vgl. Peter W. Singer, Corporate Warriors. The Rise of the Privatized Military Industry, New York 2003; vgl. Anna Leander, Globalisation and the State Monopoly on the Legitimate use of Force, in: Political Science Publications Nr. 7 (2004), S. 2–26; vgl. Kevin O’Brien, What should and what should not be regulated?, in: Simon Chesterman, Chia Lehnardt (Hrsg.), From Mercenaries to Market. The Rise and Regulation of private military companies, Oxford/New York 2007, S. 29–49; vgl. Graeme Cheeseman, Globalization and military force(s), in: Richard Devetak, Christopher W. Hughes (Hrsg.), The Globalization of Political Violence. Globalization's Shadow, London/New York 2008, S. 27–46; vgl. Herbert Wulf, Privatization of security international interventions and the democratic control of armed forces, in: Andrew Alexandra, Deane-Peter Baker, Marina Caparini (Hrsg.), Private Military and Security Companies. Ethics, policies and civil-military relations, London/New York 2008, S. 191–203; vgl. Stig Förster, Christian Jansen, Günther Kronenbitter (Hrsg.), Rückkehr der Condottieri? Krieg und Militär zwischen staatlichem Monopol und Privatisierung. Von der Antike bis zur Gegenwart, Paderborn 2010.
  • 8. Vgl. Jan Claas Behrends, Die dunkle Seite der Perestroika. Autoritäre Strukturen, russischer Nationalismus und imperiales Denken unter Gorbačëv und El’cin, in: Jahrbuch für historische Kommunismusforschung 2022, S. 149–164; vgl. Manfred Hildermeier, Die rückständige Großmacht. Russland und der Westen, München 2022, S. 221–241; vgl. Philipp Ther, Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent. Eine Geschichte des neoliberalen Europas, Bonn 2018.
  • 9. Vgl. Sarah Percy, Mercenaries. The History of a Norm in International Relations, Oxford 2007, S. 54–57, 244; vgl. Klaas Voß, Washingtons Söldner. Verdeckte US-Interventionen im Kalten Krieg und ihre Folgen, Hamburg 2014, S. 13–17.
  • 10. Vgl. Andreas Heinemann-Grüder, Russlands irreguläre Armeen. Das Beispiel Wagner, in: Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde e.V. (Hrsg.), Osteuropa: Mit Mord und Tat. Russlands Geheimdienste 11/2022, S. 147–155.
  • 11. Vgl. Kiran Klaus Patel, Überlegungen zu einer transnationalen Geschichte, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 52/2004, S. 630 f.; vgl. Sutterer, Die Privatisierung des Krieges. Private Military Companies und die postimperiale Neuordnung der Welt, S. 3–5.
  • 12. Vgl. Gabidullin, Wagner, S. 53–55.
  • 13. Vgl. Amy Mackinnon, New Report Exposes Brutal Methods of Russia’s Wagner Group. How a shady network of operatives serves as the tip of the spear in Russia’s global influence efforts with almost no accountability, in: Foreign Policy, 11. Juni 2020, URL: https://foreignpolicy.com/2020/06/11/russia-wagner-group-methods-bouta-killing-report/ (letzter Zugriff 21.03.2025).
  • 14. Vgl. Dierk Walter, Einleitung, in: Tanja Bührer, Christian Stachelbeck, Dierk Walter (Hrsg.), Imperialkriege von 1500 bis heute. Strukturen – Akteure – Lernprozesse, Paderborn 2011, S. 22.
  • 15. Siehe beispielsweise für die erste Welle seit den 1970er Jahren Fred Halliday, Mercenaries. Counter-Insurgency in the Gulf, Nottingham 1977; für die zweite Welle seit den 1990er Jahren Martin Van Creveld: The Transformation of War, New York 1991; für die dritte Welle seit den 2000er Jahren Peter W. Singer, Corporate Warriors. The Rise of the Privatized Military Industry, New York 2003.
  • 16. Innerhalb der Diskussionen kursierten u.a. die Begriffe „Security Companies“, „Transnational Security Companies“, „Private Armies“, „Privatized Military Firms“, „Armed Security Contractors“, „Private Military Companies“ und der altehrwürdige „Söldner“-Terminus, um verschiedene Typen neuartig wahrgenommener Gewalttakteure zu kategorisieren und voneinander abzugrenzen. Siehe Philip Utesch: Private Military Companies – die zukünftigen Peacekeeper/Peace Enforcer?, Baden-Baden 2014, S. 27–31.
  • 17. Vgl. Percy, Mercenaries, S. 50–67; vgl. Voß, Washingtons Söldner, S. 14; vgl. Patricia Owens, Mercenaries, Pirates, Bandits and Empires, in: Alejando Colás, Bryan Mabee (Hrsg.), Mercenaries, Pirates, Bandits and Empires. Private Violence in Historical Context, London 2010, S. 18.
  • 18. Winfried Speitkamp, Gewaltgemeinschaft in der Geschichte. Eine Einleitung, in: Winfried Speitkamp (Hrsg.), Gewaltgemeinschaften in der Geschichte. Entstehung, Kohäsionskraft und Zerfall, Göttingen 2017, S. 28; Winfried Speitkamp, Einführung, in: Winfried Speitkamp (Hrsg.), Gewaltgemeinschaften. Von der Spätantike bis ins 20. Jahrhundert, Göttingen 2013, S. 7.
  • 19. Vgl. Heinemann-Grüder, Russlands irreguläre Armeen, S. 153–155; vgl. Lou Osborn, Dimitri Zufferey, Die Söldner des Kremls. Wagner und Russlands neue Geheimarmeen, München 2024.
  • 20. Vgl. Andrew Wilson, Ukraine Crisis. What it Means for the West, New Haven/London 2014, S. 133–135; vgl. Magarete Klein, Russlands Militärpolitik im postsowjetischen Raum, Stiftung Wissenschaft und Politik-Studie 2018, S. 17 f.
  • 21. Vgl. Jack Margolin, Wagner Group. Inside Russia’s Mercenary Army, London 2024, S. 43–53; vgl. K. Sivkov, “Rossisskoe Rukovodstvo Zainterestovalos’ Chasnymi Voennymi Kompaniiami, in: Voenno-promyshlennyi Kur’er 31/2014.
  • 22. Vgl. Duncan Campbell, The Pedigree Dogs Of War, in: Time Out 433/1978, S. 8.
  • 23. Diese Denkfigur war bereits Teil der ersten wissenschaftlichen Abhandlungen über die PMCs. Siehe dazu Singer, Corporate Warriors, S. 19–39; vgl. Christopher Kinsey, Corporate Soldiers and International Security. The Rise of Private Military Companies, London/New York 2006, S. 34–36; für den Politikwissenschaftler Herfried Münkler stellt der 30-jährige Krieg die Hintergrundfolie dar, vor der er die Konfliktkonstellationen in den 1990er Jahren analysierte. Siehe Herfried Münkler, Die neuen Kriege, Hamburg 2004, S. 21, 75–89; auch in der Geschichtswissenschaft hat diese Chronologisierung ihren Niederschlag gefunden. Darauf verweisen Stig Förster, Christian Jansen, Günther Kronenbitter: Einleitung, in: Förster, Jansen, Kronenbitter (Hrsg.): Rückkehr der Condottieri?, S. 11–27.
  • 24. Vgl. Sutterer, Privatisierung des Krieges, S. 323.
  • 25. Vgl. Robert Cooper, The post-modern state and the world order, London 1996, S. 24–33; vgl. John Ruggie, Territoriality and Beyond: Problematizing Modernity in International Relations, in: International Organization, Band 47 (1993), S. 139–174, hier S. 168–174; vgl. Singer, Corporate Warriors, S. 6–17.
  • 26. Cynthia H. Enloe beschreibt diese Problematik in Bezug auf die Vereinigten Staaten, vgl. Cynthia H. Enloe, Mercenarization, in: Western Massachusetts Association of Concerned African Scholars (Hrsg.), U.S Military Involvement in Southern Africa, Boston 1978, S. 109 f.; vgl. Voß, Washingtons Söldner, S. 298 f.
  • 27. Voß, Washingtons Söldner, S. 550.
  • 28. Vgl. Jussi Lassila, Margarita Zavadskaya, Russia after the Wagner Mutiny. Yevengy Prigoschin and the Kremlin’s Gamble with the Monopoly on Violence, in: Finnish Institute of International Affairs Briefing 372/2023, S. 3–8.
  • 29. Vgl. Marcus Böick, Ein kommerzielles „Auffangbecken“ für „Gewalt-Experten“? Über Austausch- und Wechselbeziehungen zwischen Militär, Staat und privaten Sicherheitsunternehmen nach 1918, 1945 und 1990, in: Wencke Meteling, Christoph Nübel (Hrsg.), Themenschwerpunkt "Militär und Politik", Portal Militärgeschichte, 14. Februar 2022, URL: https://portal-militaergeschichte.de/boeick_auffangbecken, DOI: https://doi.org/10.15500/akm.14.02.2022 (letzter Zugriff 03.07.2025); Marcus Böick, Ökonomisierung des Gewaltmonopols? Die Sicherheitswirtschaft und die Privatisierung öffentlicher Sicherheitsaufgaben seit den 1970er Jahren, in: Rüdiger Graf (Hrsg.), Ökonomisierung. Debatten und Praktiken in der Zeitgeschichte, Göttingen 2019, S. 141.
  • 30. Vgl. Jan Claas Behrends, Unter dem deutschen Radar. Die postsowjetischen Kriege 1991 bis 2022, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 72/2022, S. 22.
  • 31. Der Begriff Silowiki bezeichnet eine im postsowjetischen Russland politisch einflussreiche Gruppe von Militärs und Geheimdienstlern.
  • 32. Daniel Treisman, Putin’s Silovarchs, in: Orbis, Band 51 (2007), S. 141–153.
  • 33. Vgl. Heinemann-Grüder, Russlands irreguläre Armeen, S. 153.
  • 34. Vgl. Vladimir Volkov, Violent Entrepreneurs. The Use of Force in the Making of Russian Capitalism, Ithaca/ London 2002, S. 131.
  • 35. Vgl. Candace Rondeaux, Decoding the Wagner Group: Analyzing the Role of Private Military Security Contractors in Russian Proxy Warfare, in: new america, 07. November 2019, URL: https://www.newamerica.org/future-security/reports/decoding-wagner-group-analyzing-role-private-military-security-contractors-russian-proxy-warfare/ (letzter Zugriff 25.03.2025).
  • 36. Vgl. Marc von Boemcken, Condottieri der Gegenwart, in: Förster, Jansen, Kronenbitter (Hrsg.), Rückkehr der Condottieri?, S. 304 f.
  • 37. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch am Oberbefehlshaber der Streitkräfte Papua-Neuguineas, siehe Tim Spicer, An Unorthodox Soldier. Peace and War and the Sandline Affair, Edinburgh 1999, S. 162; vgl. Ther, Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent, S. 101–104.
  • 38. Vgl. Sergey Sukhankin, From ‘Volunteers’ to Quasi-PMCs. Retracing the Footprints of Russian Irregulars in the Yugoslav Wars and Post-Soviet Conflicts, Washington D.C. 2019, S. 9.
  • 39. Vgl. Andreas Umland, Das Konzept der „unzivilen Gesellschaft“ als Instrument vergleichender und russlandbezogener Rechtsextremismusforschung, in: Forum für osteuropäische Ideen- und Zeitgeschichte, 13/2009, S. 143–147.
  • 40. Vgl. Sukhankin, From ‘Volunteers’ to Quasi-PMCs, S. 9.
  • 41. Der Begriff Contractors ist die Selbstbezeichnung von Mitarbeitern der PMCs. Siehe zum Aufkommen des Begriffs Phil Miller: Keenie Meenie. The British Mercenaries who got away with War Crimes, London 2020, S. 174.
  • 42. Vgl. Sukhankin, From ‘Volunteers’ to Quasi-PMCs, S. 10–12.
  • 43. Vgl. Jeremy Scahill, Blackwater. The Rise of the World´s most powerful Mercenary Army, New York 2007, S. xviii–xx; Igor Popov, Soldaty naprokat, 03.09.2010, URL: https://www.forbes.ru/forbes/issue/2010- 09/57467-soldaty-naprokat (letzter Zugriff 27.03.2025).
  • 44. Vgl. Jan Claas Behrends, Tschekist, Etatist, Imperialist: Anmerkungen zu Vladimir Putins Weltbild, in: Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde e.V. (Hrsg.), Osteuropa: Mit Mord und Tat. Russlands Geheimdienste 11/2022, S. 118–122.
  • 45. Vgl. Rondeaux, Decoding the Wagner Group; vgl. Heinemann-Grüder, Russlands irreguläre Armeen, S. 140–142.
  • 46. Zur Zusammenfassung der Erklärungsmodelle siehe Margolin, Wagner Group, S. 66.
  • 47. Vgl. Charles Glover, Black Wind, White Snow. The Rise of Russia´s new Nationalism, New Haven/London 2016, S. 202–207.
  • 48. Vgl. Klein, Russlands Militärpolitik im postsowjetischen Raum, S. 7–12.
  • 49. Vgl. Walerij Gerassimov, The Value of Science Is in the Foresight: New Challenges Demand Rethinking the Forms and Methods of Carrying out Combat Operations [englische Übersetzung], in: Military Review 2019, S. 23–29; vgl. Pascal Riemer, Von der russischen Kriegskunst. Eine Untersuchung der dialektischen Zusammenhänge von Staatsidee und Militärwesen am Beispiel der Sowjetunion und der Russischen Föderation, Berlin 2021, S. 253–275.
  • 50. Vgl. Irina Malkova, Anton Baev, A Private Army for the President. The Tale of Evgeny Prigozhin’s Most Delicate Mission, 31.01.2019, URL: https://en.thebell.io/a-private-army-for-the-president-the-tale-of-evgeny-prigozhin-s-most-delicate-mission/?ref=en.thebell.io (letzter Zugriff 29.03.2025).
  • 51. Anna Arutunyan, ‎Mark Galeotti, Downfall. Putin, Prigozhin, and the Fight for the Future of Russia, London 2024, S. 108.
  • 52. Vgl. Heinemann-Grüder, Russlands irreguläre Armeen, S. 140–142; vgl. Margolin, Wagner Group, S. 62–71.
  • 53. Walter Laqueur, Black Hundred. The Rise of the Extreme Right in Russia, New York 1993, S. 112–116; Victor Shnirelman, Galina Komarova, Majority as a Minority. Russian Ethno-nationalism and its Ideology in the 1970–1990s, in: Hans-Rudolf Wicker (Hrsg.), Rethinking Nationalism and Ethnicity. The Struggle for Meaning and Order in Europe, Oxford 1997, S. 211–224.
  • 54. Vgl. Gabidullin, Wagner, S. 15–17, 44 f.; vgl. Nick Sturdee, The Wagner Group Files. A recovered Samsung tablet belonging to Russian mercenaries in Libya offers an unprecedented look at how Vladimir Putin’s Foreign Legion operates, 27.09.2021, URL: https://web.archive.org/web/20210927122843/https://newlinesmag.com/reportage/the-wagner-group-files/ (letzter Zugriff 30.03.2025); vgl. Osborn, Zufferey, Die Söldner des Kremls, S. 120.
  • 55. Vgl. Osborn, Zufferey, Die Söldner des Kremls, S. 93, 97; vgl. Margolin, Wagner Group, S. 22.
  • 56. Vgl. Gabidullin, Wagner, S. 18 f.; vgl. Lassila, Zavadskaya, Russia after the Wagner Mutiny, S. 4.
  • 57. Vgl. Margolin, Wagner Group, S. 66–75.
  • 58. Vgl. Malkova, Baev, A Private Army for the President.
  • 59. Ausgestattet mit Orlan-10 und Griffin-12-Drohnen.
  • 60. Vgl. Osborn, Zufferey, Die Söldner des Kremls, S. 97.
  • 61. Vgl. Gabidullin, Wagner, S. 46, 83–88, 183–186.
  • 62. Vgl. Kateryna Stepanenko, Riley Bailey, Nicole Wolkov, Angelica Evans, Grace Mappes, Frederick W. Kagan, Russian Offensive Campaign Assessment, in: Institute for Study of War Press, 23.08.2023, URL: https://www.understandingwar.org/backgrounder/russian-offensive-campaign-assessment-august-23-2023 (letzter Zugriff 30.03.2025).
  • 63. Der SAS verfügte in den 1950er- und 1960er Jahren über sogenannte ‚chinesische Parlamente‘, in denen Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaftsdienstgrade gleichberechtigt das Wort ergreifen konnten, um gemeinsam Taktiken, Gewaltpraktiken und militärische Herausforderungen zu diskutieren. Siehe dazu Ken Connor, Ghost Force. The Secret History of the SAS, London 1998, S. 111 f.
  • 64. Zu den Begriffen „stiffener“ und „force multiplier“ siehe Voß, „stiffener stabilisieren als Offiziere und Berater die Disziplin und das Durchhaltevermögen von Einheiten im Gefecht, force multiplier wirken sich durch das Training größerer lokaler Gruppen und den Einsatz spezieller oder besonders komplexer Bewaffnung und Ausrüstung aus.“ Voß, Washingtons Söldner, S. 9.
  • 65. Vgl. Yuri Zoria, “New footage shows Russian PMC Wagner involved in crucial 2015 Debaltseve battle in Ukraine.”, in: Euromaidan Press, 22.06.2022, URL: http://euromaidanpress.com/2018/06/22/new-footage-shows-russian-pmc-wagnerinvolved-in-crucial-2015-debaltseve-battle-in-ukraine/ (letzter Zugriff 31.03.2025); vgl. Owen Wilson, The Wagner Group.Yevgeny Prigozhin’s Mercenaries and Their Ties to Vladimir Putin, Milton Keynes, 2023, S. 16–18.
  • 66. Vgl. Gabidullin, Wagner, S. 65–68.
  • 67. Vgl. Sturdee, The Wagner Group Files.
  • 68. Vgl. Julia Stanyard, Thierry Vircoulon, Julian Rademeyer, The Grey Zone. Russia’s military, mercenary and criminal engagement in Africa, Genf 2023, S. 9 f.
  • 69. Vgl. Rodric Braithwaite, Afgantsy. The Russians in Afghanistan 1979–1989, Oxford/New York 2011, S. 214 f.; vgl. Behrends, Sowjetische und russische Operationen nach 1945. Aufstandsbekämpfung, »Spezialoperationen« und exzessive Gewalt, S. 412 f.
  • 70. Vgl. Burke, Russian mercenaries behind slaughter of 500 in Mali village, UN report finds.
  • 71. Vgl. Osborn, Zufferey, Die Söldner des Kremls, S. 129.
  • 72. Vgl. Stanyard, Vircoulon, Rademeyer, The Grey Zone, S. 9 f.
  • 73. Vgl. Osborn, Zufferey, Die Söldner des Kremls, S. 195.
  • 74. Vgl. Osborn, Zufferey, Die Söldner des Kremls, S. 194 f.
  • 75. Vgl. Osborn, Zufferey, Die Söldner des Kremls, S. 199–208.
  • 76. Siehe als Überblick zur militärischen Situation Serhii Polkhy, The Russo-Ukrainian War, New York 2023.
  • 77. Vgl. Kateryna Stepanenko, The Kremlin’s Pyrrhic Victory in Bakhmut. A Retrospective on the Battle for Bakhmut, in: Institute for Study of War Press, 24.05.2023, URL: https://www.understandingwar.org/backgrounder/kremlin%E2%80%99s-pyrrhic-victory-bakhmut-retrospective-battle-bakhmut (letzter Zugriff 30.03.2025); vgl. Margolin: Wagner Group, S. 207–213; vgl. Magarete Klein, Wie Russland für einen langen Krieg rekrutiert. Verdeckte Mobilisierung über »Freiwillige«, Vorbereitung einer neuen Mobilmachung, in: SWP-Aktuell 26 (Juni 2024).
  • 78. Vgl. Sergio Miller, The Battle for Bakhmut – Wagner Trench Warfare Tactics, 15.12.2022, URL: https://wavellroom.com/2022/12/15/the-battle-for-bakhmut/ (letzter Zugriff 30.03.2025); vgl. Osborn, Zufferey, Die Söldner des Kremls, S. 274–281.
  • 79. Glover, Black Wind, White Snow, S. 298.
  • 80. Vgl. Lassila, Zavadskaya, Russia after the Wagner Mutiny, S. 3–5; ein charismatischer Führungsstil wird von der Forschung als eine der Charakteristiken von Gewaltgemeinschaften gesehen. Siehe dazu Speitkamp, Gewaltgemeinschaften in der Geschichte, S. 28.
  • 81. Vgl. Lassila, Zavadskaya, Russia after the Wagner Mutiny, S. 5 f.; Wagner Chief Defies Russian Military’s Orders to Formalize Hierarchy, in: The Moscow Times, 12.06.2023, URL: https://www.themoscowtimes.com/2023/06/12/wagner-chief-defies-russian-militarys-orders-to-formalize-hierarchy-a81479 (letzter Zugriff 30.03.2025).
  • 82. Vgl. Stepanenko, The Kremlin’s Pyrrhic Victory in Bakhmut.
  • 83. So beispielsweise beim Kapp-Lüttwitz Putsch 1920, dem Putsch französischer Generäle gegen Präsident Charles De Gaulle 1961 und dem Putsch von Teilen des spanischen Militärs gegen die entstehende Demokratie 1981, vgl. Johannes Erger, Der Kapp-Lüttwitz Putsch, Düsseldorf 1963, S. 90–93; vgl. Martin Evans, Algeria: France's Undeclared War, Oxford/New York 2012, S. 294–299; vgl. Walther L. Bernecker, Geschichte Spaniens im 20. Jahrhundert, München 2010, S. 276 f.
  • 84. Vgl. Wilson, The Wagner Group, S. 240–252.
  • 85. Vgl. Russian Offensive Campaign Assessment, in: Institute for Study of War Press, 24.06.2023.
  • 86. Vgl. T.A. Heathcote, The Army of British India, The Military in British India. The Development of British Land Forces in South Asia, 1600–1947, Manchester/New York 1995, S. 109.
  • 87. Vgl. Osborn, Zufferey, Die Söldner des Kremls, S. 314–318.
  • 88. Vgl. Lassila, Zavadskaya, Russia after the Wagner Mutiny, S. 6.
  • 89. Vgl. Behrends, Sowjetische und russische Operationen nach 1945. Aufstandsbekämpfung, »Spezialoperationen« und exzessive Gewalt, S. 412 f.
  • 90. Vgl. Klein, Wie Russland für einen langen Krieg rekrutiert.
  • 91. Vgl. Werner Benecke, Militär, Reform und Gesellschaft im Zarenreich. Die Wehrpflicht in Russland 1874–1914, Paderborn 2006, S. 404 f.
Epochen: