Am 28. September 2022 jährte sich die Schlacht bei Mühldorf/Ampfing (1322) zum 700. Mal. Anlässlich dieses historischen Ereignisses zeigte das Geschichtszentrum und Museum Mühldorf am Inn zusammen mit der Stadt Mühldorf vom 17. September 2022 bis 16. April 2023 die Sonderausstellung „1333 – Ritter, Schlacht und Königswürde“ im Mühldorfer Haberkasten.1
Geschichtliche Einführung
Nach dem Tod Kaiser Heinrichs VII. (1278/79–1313) kam es am 19. Oktober 1314 in Sachsenhausen und am 20. Oktober 1314 in Frankfurt am Main zu einer Doppelwahl. Die habsburgische Partei bestimmte Friedrich den Schönen (1289–1330) als römischen König, die luxemburgisch-wittelsbachische Seite hingegen setzte auf Ludwig den Bayern (1282–1347). Mit dieser doppelten Königswahl entbrannten acht Jahre lang andauernde Thronstreitigkeiten im Heiligen Römischen Reich. Beide Parteien mobilisierten immer wieder Truppenverbände und versuchten dem Feind beispielsweise durch Verwüstungen oder Belagerungen gegnerischer Gebiete Schaden zuzufügen, ohne sich dem Wagnis einer Feldschlacht auszusetzen. In den Jahren 1315 (Speyer), 1316 (Esslingen), 1319 (Mühldorf) und 1320 (Straßburg) standen sich die Truppen Ludwigs des Bayern und Friedrichs des Schönen fünfmal gegenüber, ohne dass es zu einer Entscheidungsschlacht gekommen war. Es führte kein Weg daran vorbei: Thronstreitigkeiten waren ein Kriegsgrund, die es nicht zuließen, durch Verwüstungen oder kleinere Scharmützel den Thron des Heiligen Römischen Reiches für einen König sicherzustellen. Nach der Rechtsauffassung der Zeit gab es keine andere Möglichkeit zur Klärung der Rechtmäßigkeit als die einer offenen Feldschlacht.2 Am 28. September 1322 trafen beide Könige mit ihren Heeren nordöstlich von Mühldorf aufeinander. Die gewaltvolle Auseinandersetzung gilt als die letzte ohne Anwendung von Feuerwaffen geschlagene, große Ritterschlacht auf deutschem Boden.3
Intention des Kuratorenteams
Die Projektbeteiligten4 der Jubiläumsausstellung standen vor der Herausforderung, eine Ausstellung zu konzipieren, die Jung und Alt ansprach, die einheimische Bevölkerung von Mühldorf sowie umliegende Gemeinden mit ihren Traditionen miteinbezog und gleichzeitig der zeitgenössisch-modernen Museumsdidaktik entsprach. Weiter lag der Schwerpunkt auf der Frage, welche Einwirkungen und welchen Nutzen über Jahre und Jahrhunderte hinweg die Schlacht bei Mühldorf/Ampfing auf die Politik, die Kunst, die Identität der Region und das Zusammenleben in und um Mühldorf hatte oder bis zum heutigen Zeitpunkt hat.
Die Intention der Ausstellung war es, das historische Ereignis von 1322 auf anschauliche Art und Weise zu vermitteln. Dabei wurde nicht darauf abgezielt, lediglich auf die Protagonisten Friedrich den Schönen und Ludwig den Bayern zu fokussieren, sondern ebenso die wichtigsten militärischen Einheiten und Individuen – berittene Kämpfer – Kämpfer zu Fuß – den Tross – Verbündete, die erheblich am Sieg oder an der Niederlage der Schlacht beteiligt waren, vorzustellen. Es sollte veranschaulicht werden, was diese letzte Ritterschlacht so einzigartig macht. Dabei konzentrierte sich die Ausstellung auf die Hintergründe, den Verlauf der Schlacht, die Quellen, auf die Rezeption und die Theater- und Festspieltraditionen, die im Landkreis Mühldorf am Inn über die Jahre an mehreren Orten entstanden sind.
Begleitet wurde die gesamte Ausstellung von einem methodisch-didaktischen Konzept, welches die historische Thematik der Schlacht ebenso den jüngeren Besucherinnen und Besuchern nahebringen wollte. In der Ausstellungsräumlichkeit waren verschieden positionierte Rätselboxen vorhanden, mit denen die Kinder anhand einer Karte einem Boten den Weg weisen durften, der in der Gegend von Mühldorf den Schlachtbeteiligten wichtige Nachrichten überbringen sollte.
Aufbau der Ausstellung und Themenfelder
Die Ausstellung wurde im 1. Obergeschoss des städtischen Kulturzentrums (Haberkasten) in Mühldorf am Inn, einem historischen Getreidespeicher aus den 15. Jahrhundert, präsentiert. Zugänglich sind diese Räumlichkeiten durch einen Treppenaufgang sowie barrierefrei mit Hilfe eines Aufzugs. Auf über 350 Quadratmetern Fläche war die Ausstellung in vier Themenfelder mit sieben Hauptthemen untergliedert, die wiederum in insgesamt 23 Subthemen unterteilt waren. Durch diese Quantität an Themenblöcken erhielten Besucherinnen und Besucher schrittweise und äußerst bedacht das wesentliche Hintergrundwissen für die Ereignisse bei Mühldorf/Ampfing sowie die Vermittlung der kulturellen Entwicklungen nach der Schlacht. Museumsarchitektonisch wurden Pappaufstellwände und Stoffbanner mit passender Schlachten-Szenografie zum Zweck der Wegführung angewandt. Als Sitzmöglichkeiten dienten im gesamten Ausstellungsbereich portable Pappquader, welche zum längeren Verweilen einluden. Mit Reflexion auf die Zeit nach dem Jubiläum hatten die Projektbeteiligten hier einen hohen Stellenwert auf die Nachhaltigkeit der Ausstellung gelegt. Da Pappe ein Material aus Altpapier ist, konnte ein Großteil der Installation nach Ablauf des Ausstellungszeitraums umweltfreundlich recycelt werden.
(1. Thema) Zu Beginn der Ausstellung (1. Themenfeld: Die Heerführer) wurde das Museumspublikum von zwei sorgsam ausgewählten Ölgemälden der beiden Hauptfiguren der Schlacht bei Mühldorf/Ampfing empfangen. Sowohl Ludwig der Bayer als auch Friedrich der Schöne wurden mit einem kurzen biografischen Abriss ihrer Person bis zur Auseinandersetzung im Jahr 1322 vorgestellt. Auf der linken Seite der beiden Gemälde flankierte ein Banner mit einem abgebildeten Schwert den Auftakt des ersten Themenfelds. Die Hiebwaffe wurde geschickt als Zeichen einer rechtmäßigen Gewaltanwendung inszeniert und von auserlesenen Quellenauszügen zur Schlacht, wie zum Beispiel aus „Der Streit zu Mühldorf“5 oder „Jahrbücher von St. Ruppert in Salzburg“ 6, umrahmt. Dadurch wurde passend auf den Themenkomplex des Konflikts eingestimmt – Besucherinnen und Besucher wurden auf die Spuren der Vergangenheit gelenkt. Dem Einführungstext zur Sonderausstellung folgte ein prägnanter Kurzfilm, der auf anschauliche und spielerische Art die Vorgeschichte der Streitigkeiten zwischen dem Habsburger und dem Wittelsbacher erläuterte. (Abb. 1)
Abb. 1: Links der erste Themenbereich: Die Heerführer. Rechts: Übergang zum zweiten Themenbereich: Die letzte Ritterschlacht. © Geschichtszentrum und Museum Mühldorf am Inn
(2. Thema) Der zweite Themenbereich ging auf die Schlacht bei Mühldorf als „die letzte Ritterschlacht“ ein. Den Beginn dieser Ausstellungsthematik machte das Hauptthema: „Das mittelalterliche Heer“. Berittene Kämpfer, Bauern, Städter oder Söldner waren wichtige Bestandteile der Kampfhandlungen. In diesem Bereich der Ausstellung wurde beispielsweise auf die Ausbildung zum Ritter eingegangen, wobei ebenso die Veränderung des Kriegswesens anhand der Entwicklung des Schwerts von der Hieb- zur Stichwaffe dargestellt wurde. Begleitet von einem kurzweiligen Videobeitrag mit Hörstation wurde die Kampfweise mit dem Schwert durch zwei Experten für mittelalterliche Waffen demonstriert. Obendrein wurden zahlreiche originale Bodenfunde vom vermuteten Schlachtfeld ausgestellt, wie auch viele eindrucksvolle Nachbildungen von Schwertern oder Dolchen. Thematisch folgte das Pferd als Waffe, Statussymbol und strategisches Mittel. Danach schlossen sich diverse Ausrüstungsgegenstände von berittenen Kämpfern (Beckenhaube, Ringpanzer, etc.) und Fußkämpfern (Eisenhut, etc.) an, wiederum von einem kurzen und authentisch umgesetzten Videobeitrag mit Hörstation begleitet. Mit dieser Vielzahl an hochwertigen Repliken überraschte die Ausstellung. Besucherinnen und Besucher erhielten so die Möglichkeit, mit einzelnen Reproduktionen in Interaktion treten zu dürfen. So wurde Geschichte eindrücklich greif- und erlebbar vermittelt. Durch die Bedeutungszunahme der Fußkämpfer im Kriegswesen des Spätmittelalters wurde ein besonderer Blick auf deren Waffen – wie Streitkolben und Hellebarde – sowie auf die Entwicklung vom Bogen zur Armbrust geworfen. Die Wirkung eines Armbrustbolzen auf ein Kettenhemd wurde dabei mittels experimenteller Archäologie eindrucksvoll aufgezeigt.7 Zuletzt folgte als Unterthema: Der Tross. Hierbei zogen neben den Kämpfern viele Männer und Frauen in den Krieg, ohne selbst unmittelbar an der Schlacht beteiligt zu sein. Es wurden die Verpflegung (Salz, Linsen, Käse, etc.), medizinische Versorgung und der Alltag der Beteiligten einer Feldschlacht thematisiert.
Unter dem Titel „Die letzte ihrer Art“ wurde das Hauptthema der Ausstellung, die Schlacht bei Mühldorf/Ampfing als die letzte ohne den Einsatz von Feuerwaffen geschlagene Ritterschlacht, vorgestellt. Diese militärische Auseinandersetzung fiel in eine Epoche, in der sich die Technik des Kriegswesens zunehmend veränderte. In weiteren Unterpunkten wurde zum Beispiel auf das „Fünfte Gebot: ‚Du sollst nicht töten‘,“ „Gewalt und Tod“ oder auf die Beteiligung der Frauen in der Schlacht eingegangen. Ansprechend gestaltet wurde hier ebenso die Frage nach dem Schlachtenort und dem Schlachtenbeginn, welche durch einen WhatsApp-Chat-Verlauf zwischen Friedrich dem Schönen und Ludwig den Bayern bildkräftig dargestellt wurde. Ein Flussdiagramm gab Aufschluss über die Frage nach Sieg oder Niederlage8 (Wann hat der Feldherr die Schlacht gewonnen?). Der Ausstellungspfad führte weiter zu einem Banner mit Schlachtfeldszenografie. Hier wurden ausgewählte Ausstellungsunterthemen aufgegriffen und bildlich mit pointierten Texten dargestellt.
Im darauffolgenden Subthema „Auge um Auge“ wurde verdeutlicht, dass Krieg schon immer das menschliche Miteinander begleitet hat. Mitten in der Ausstellung – 700 Jahre vor unserer Zeit – wurden die Besucherinnen und Besucher anhand gezielter Quellenzitate diverser historischer Persönlichkeiten aus der Philosophie, Kunst, Politik und Literatur, wie Cicero (106 v. Chr.–43 v. Chr.), Voltaire (1694–1778), Carmen Sylva (Prinzessin Elisabeth Pauline Ottilie Luise zu Wied / 1843–1916) oder Francis Bacon (1909–1992), in die Gegenwart zurückgeholt. Die Grausamkeit des Krieges wurde mit Nachdruck hervorgehoben und untermauert, dass sich im Laufe der Zeit militärische Konflikte zunehmend entpersonalisierten: Der zunehmende Einsatz von Pfeil, Bogen und Armbrust zählte dabei zu den ersten Schritten einer derartigen Weiterentwicklung von Schlachten. Eine von der Decke ragende Nachbildung der Kampfdrohne MQ-9 Reaper symbolisierte diesbezüglich den Absolutismus einer Feuerwaffe.
Danach folgte der Übergang zu „Verlauf und Ausgang der letzten Ritterschlacht“. Umrahmt wurde dieser Ausstellungsbereich von einer lebensgroßen Abbildung des Ölgemäldes „Ludwig IV. von Bayern besiegt Friedrich III. von Habsburg 1322 in der Schlacht bei Mühldorf“ von Hans Werl (1570–1608), um 1600/1605 entstanden, auf den Pappaufstellern der Ausstellung. Darauf wurden viele einzelne Details des Gemäldes erläutert. Weiter standen die Verbündeten Friedrichs des Schönen und Ludwigs des Bayern im Blickpunkt, welche auf detailliert inszenierten Quartettkarten abgebildet wurden. Damit ein Feldherr höhere Erfolgsaussichten hatte, musste er Verbündete samt ihrer Anhänger und Kämpfer mobilisieren. Dies waren häufig Verwandte, Freunde oder Getreue, die eine gewisse Verbindlichkeit erfüllen mussten. So standen etwa auf habsburgischer Seite der Bruder des Gegenkönigs, Herzog Leopold I. von Österreich (1290–1326), und Fürstbischof Albert II. von Passau (1285–1342). Der Wittelsbacher wurde beispielsweise von König Johann von Böhmen (1296–1346) und Burggraf Friedrich IV. von Nürnberg (1287–1332) unterstützt. Eine auf dem Fußboden liegende Karte demonstrierte hier die Anmarschrouten der verschiedenen habsburgischen und wittelsbachischen Truppeneinheiten. Dabei waren es von der Deckenwand hängende, effektvoll inszenierte Banner mit unterschiedlichen Ortsnamen, die vor Augen führten, dass es bis heute keine Bestimmtheit gibt, auf welchem Feldboden die Schlacht bei Mühldorf/Ampfing stattgefunden hat. Zahlreiche archäologische Funde weisen zwar darauf hin, dass sich die Schlacht in der näheren Umgebung von Erharting ereignet haben könnte; jedoch erzählen die überlieferten Quellen ebenso von Dornberg (bei Erharting) als auch von Mühldorf, Ötting und Ampfing.9 Untermalt wurden der Verlauf und der Ausgang der Schlacht von einer heute zeitgenössischen Berichterstattung: Eine auf dem vermuteten Schlachtfeld stehende Moderatorin des Bayerischen Rundfunks berichtete hier über das Kriegsgeschehen vom 28. September 1322. „Die Schlacht ist geschlagen“ und die Projektbeteiligten zogen abschließend eine kurze Bilanz in Textform. Das militärische Aufeinandertreffen der beiden Kriegsparteien bei Mühldorf/Ampfing brachte keine abschließende Entscheidung im Thronstreit. Ludwig hatte zwar mit seinen alliierten Fürsten und deren Heeren auf dem Feld triumphiert, aber Friedrichs Verbündete leisteten trotzdem fortwährend Widerstand. Der Verlierer selbst wurde auf Burg Trausnitz im Tal (Oberpfalz) in Gefangenschaft gehalten, die bis ins Jahr 1325 anhielt. (Abb. 2)
Abb. 2: Zweiter Themenbereich: Die letzte Ritterschlacht – Anmarschrouten. Links die Berichterstattung des Bayerischen Rundfunks, begleitet von Bildausschnitten des Gemäldes von Hans Werl. Weiter im Hintergrund das Gemälde eines unbekannten Künstlers aus dem 17. Jahrhundert mit dem Titel: „Die grosse Schlacht zwischen Bayrn und Oesterreich umb das Reich“ sowie der Blick auf das Hauptthema: „Sprechende Quellen“. © Geschichtszentrum und Museum Mühldorf am Inn
Im Vordergrund des nächsten Abschnitts stand ein weiteres Hauptthema der Ausstellung: „Sprechende Quellen“. Hier wurde vermittelt, dass mehrere schriftliche Überlieferungen existieren, die den Geschichtsinteressierten Einblicke in die Geschehnisse bieten können. Aber auch materielle Überreste wie archäologische Funde lassen Rückschlüsse auf den Hergang der Schlacht zu. Um diese Begebenheiten zu veranschaulichen, bediente sich die Ausstellung einer ausgewählten, vielfältigen Sammlung an schriftlichen Quellen, um die Frage zu beantworten, welche Geschichtsschreiber über die Begebenheiten der Schlacht berichteten: So vertritt zum Beispiel Peter von Zittau († 1330)10 die böhmische Auslegung mit Bezug auf den wittelsbachischen Verbündeten König Johann von Böhmen. Die Fürstenfelder Chronik (1327/1328)11 nimmt die wittelsbachische Position ein und Matthias von Neuenburg (gestorben um 1370)12 die für den Habsburger. Dieser aufwendig gestaltete Themenbereich zeugte von der intensiven Auseinandersetzung der Kuratoren mit der Historiografie zur Schlacht, die für ihre Vorstellung unerlässlich ist.
Im anschließenden Unterthema „Auf den Spuren der Schlacht“ wurden besondere Einblicke zur Sekundärliteratur und zu den archäologischen Quellen der Schlacht verschafft. Im Zentrum stand hier der autodidaktische Archäologe Herbert Matejka aus Erharting, dem die zahlreichen archäologischen Bodenfunde zu verdanken sind. Begleitet wurde dieses Themenfeld von einem aufgezeichneten Interview zwischen Museumsdirektor Korbinian Engelmann und Herbert Matejka. Dadurch wurde eindrucksvoll verdeutlicht, dass der Heimatforscher die Ausgrabungen auf eigene Initiative und aus Liebe zur Ortsgeschichte unternahm, denn bis heute hat noch keine wissenschaftliche Institution das Schlachtfeld von 1322 erforscht oder archäologische Grabungen vornehmen lassen.13
Von der Deckenwand hängende Banner, die nach den Orten der schriftlichen Quellen oder nach der Häufigkeit des jeweiligen Ortsnamens fragten, begleiteten das Thema „Sprechende Quellen“. Weiter behandelte eine geografische Karte die archäologischen Funde aus dem Mittelalter im Bereich des Dornbergs und des „Totenpoint“ bei Erharting. Am Ende oblag es den Besucherinnen und Besuchern selbst zu entscheiden, wo ihrer Ansicht nach die Schlacht im Jahr 1322 stattgefunden hat. Als Andenken durfte eine Postkarte mit dem jeweiligen Stempel eines Ortes versehen werden. Insgesamt hatte dieses Thema der Ausstellung einen sehr interaktiven Charakter, in dem Besucherinnen und Besucher dazu ermuntert wurden, in die Faszination Geschichte einzutauchen und sich mit Fragestellungen von Historikerinnen und Historikern zu beschäftigen. Bevor der Weg der Ausstellung vom Mittealter in die Neuzeit führte, wurde zusammenfassend ein kurzes, prägnantes Video eingesetzt, um die Auswirkungen der Schlacht nach 1322 im Heiligen Römischen Reich zu erläutern.
(3. Thema) Die Schlacht von 1322 hat einen Nachhall in Politik, Kunst, Kultur und Literatur, der bis in die jüngste Vergangenheit und Gegenwart merkbar ist. In weiteren Unterthemen der Ausstellung wurde beleuchtet, wie die Dynastie der Wittelsbacher im Laufe der Jahrhunderte Ludwigs Triumph für sich zu Gebrauch machte oder welche Legenden und Mythen sich um das Geschichtsereignis ranken, wie beispielsweise der Schweppermann-Mythos.14 Ein weiterer Fokus wurde auf die Theater- und Festspieltradition gelegt, die als Replik auf die Schlacht im Landkreis Mühldorf am Inn an mehreren Orten entstanden ist.
(4. Thema) Am Ende der Ausstellung folgte ein Epilog über die Schlacht bei Mühldorf/Ampfing. Für die Menschen, die das Ausmaß der Kämpfe erleiden mussten und die politische Tragweite, welche die Schlacht 1322 mit sich zog, ist es weitgehend belanglos, wo die Schlacht genau stattgefunden hat. Im September 1322 ereignete sich ein historisches Ereignis, das bis heute viele Menschen dazu bringt, sich für gemeinsame Projekte in einer Region zu begeistern. Auch noch nach 700 Jahren sorgt die hier beschriebene Schlacht für Zusammenhalt unter der lokalen Bevölkerung und wirkt sich identitätsstiftend aus. Die Projektbeteiligten appellierten an das Museumspublikum: „Aber der Blick zurück und ein waches Auge in der Gegenwart könnten uns helfen, Fehlern in der Zukunft vorzubauen. Die aktuell über 200 kriegerischen Konflikte weltweit erfordern, dass wir endlich aus unserer Geschichte lernen!“15 Dieses Zitat betont verstärkt den Bildungsauftrag und die Aktualität des Themas – beides Bereiche, die sich die Projektbeteiligten im Vorfeld zum Ziel der Ausstellung gesetzt hatten.
Zusammenfassende Würdigung der Ausstellung
Die Ausstellung „1322 – Ritter, Schlacht und Königswürde“ in Mühldorf am Inn war zwar eine kleine, aber von hoher Qualität zeugende Ausstellung, bei der ein großer Wert auf eine einfache Zugänglichkeit zur Thematik und Wissensvermittlung gelegt wurde. Hiervon zeugten die äußerst wissenschaftlich fundierte Umsetzung sowie die chronologische Strukturierung der Komplexität der Feldschlacht. Die moderne und liebevoll gestaltete Räumlichkeit der Ausstellung lud jede Ziel- und Altersgruppe – insbesondere auch Schulkassen – dazu ein, sich über die Gegebenheiten der Schlacht bei Mühldorf/Ampfing 1322 zu informieren oder Vergessenes aufzufrischen. Dabei waren es die Nachbildungen von Rüstungen und Schwertern, welche die Ausstellung erlebbar und anschaulich greifbar machten. Von Anfang an wurde zu einem interaktiven Erleben der Geschichte animiert. Die begleitenden Ausstellungstexte waren prägnant und verständlich verfasst. Dabei war es auch die moderne mediale Aufbereitung der Ausstellung, welche die unterschiedlichen Themenbereiche abwechslungsreich und kurzweilig gestalteten. Besonders hervorzuheben sind die kurzen Videobeiträge, die nicht in Dauerschleife den Raum mit unnötigem Lärm beschallten, sondern nach Bedarf bedient werden konnten. Hierbei ist vor allem die Detailliebe hervorzuheben: Jede Videosequenz war auf dem vermuteten Schlachtfeld abgefilmt worden. Schwierige Fragestellungen der mittelalterlichen Kriegsgeschichte, beispielsweise wann ein Schlachtenausgang als Sieg oder Niederlage zu werten sei, wurden anhand von Diagrammen anschaulich erörtert. Die Ausstellung vermochte es, die Thematik zwischen erlebbarer und theoretischer Geschichte gut ausbalanciert zu präsentieren. Dies war ein Indiz für die hohe Reflexion der Kuratorinnen und Kuratoren beim Entwurf der Konzeption, die von Anfang bis hin zum Ende überzeugte. Zusammenfassend bleibt zu sagen: Es handelte sich hierbei um eine gelungene Sonderausstellung mit hohem Schauwert, die eine herausragende Eintracht zwischen Heimatgeschichte und Geschichte von europäischer Tragweite geschaffen hatte. Es bleibt zu hoffen, dass diese lokal präsentierte Sonderausstellung als Wanderausstellung weiteren historisch Interessierten zugänglich gemacht wird. Ein beispielhafter Anfang für modernes und mobiles Ausstellungswesen wurde am 17. Mai 2023 mit dem Kultur-Mobil des Landkreises Mühldorf am Inn initiiert. Vom 18. bis 21. Mai 2023 konnten Besucherinnen und Besucher von „Erharting 1322 – Mittelaltermarkt und Lagerleben“ die Sonderausstellung „1322 – Ritter, Schlacht und Königswürde“ im Mini-Format erleben.16
Weitere Informationen unter: https://www.museum-muehldorf.de/ ausstellungen/sonderausstellung/1322-ritter-schlacht-und-koenigswuerde/ (Letzter Aufruf: 4.06.2023)
Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut durch Takuma Melber.
Zitierempfehlung: Marie-Kristin Reischl, „1322 – Ritter, Schlacht und Königswürde“. Geschichtszentrum und Museum Mühldorf am Inn – Haberkasten, 1. OG Mühldorf am Inn (17. September 2022 bis 16. April 2023), in: Portal Militärgeschichte, 28. August 2023, DOI: https://doi.org/10.15500/akm.28.08.2023.
- 1. Vgl. Presseinformationen: https://www.museum-muehldorf.de/das-museum/presse/ (Letzter Aufruf: 4.06.2023).
- 2. Vgl. Bernhard Lübbers, Übersehene Quellen zur Schlacht von Mühldorf 1322, in: Geschichtsverein Heimatbund Mühldorf (Hg.), Das Mühlrad. Beiträge zur Geschichte des Landes an Isen, Rott und Inn, Bd. 61, Mühldorf am Inn 2019, S. 93–102, hier S. 93.
- 3. Vgl. Karl Borromäus Murr, Schlacht von Mühldorf, 1322, publiziert am 18.10.2010; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Schlacht_von_Mühldorf,_1322 (Letzter Aufruf: 4.06.2023); für weitere Sekundärliteratur zur Schlacht bei Mühldorf/Ampfing vgl. u.a.: Wilhelm Erben, Die Berichte der erzählenden Quellen über die Schlacht bei Mühldorf (Archiv für österreichische Geschichte 105 / Sonderabdruck), Wien 1917; Heinz Thomas, Ludwig der Bayer (1282–1347). Kaiser und Ketzer, Regensburg 1993; Martin Clauss, Ludwig IV. und Friedrich der Schöne. Wien – Mühldorf – München, in: Mathias Becher – Harald Wolter-von dem Knesebeck (Hg.), Die Königserhebung Friedrichs des Schönen im Jahr 1314. Krönung, Krieg und Kompromiss, Köln – Weimar – Wien 2017, S. 255–270.
- 4. Projektbeteiligte: Projektleitung: Korbinian Engelmann; Konzept und Texte: Korbinian Engelmann, Kristina Gunne, Edwin Hamberger, Daniel Baumgartner; Ausstellungsgestaltung und Szenografie: Fabian Hofmann (München); Projektassistenz: Michaela Degenhardt, Diana Herrmann; Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. Martin Clauss (TU Chemnitz), Stefan Kafurke (Erharting), Barbara Weis (Burghausen) etc.
- 5. Vgl. Der Streit zu Mühldorf, in: Fontes Rerum Germanicarum – Geschichtsquellen Deutschlands, hg. von Johann Friedrich Böhmer, Bd. 1, Stuttgart 1843, S. 161–166.
- 6. Vgl. Continuatio canonicorum Sancti Rudberti Salisburgenses a. 1308–1327, ed. von Wilhelm Wattenbach, in: Chronica et annales aevi Salici (MGH SS 9), Hannover 1851, S. 819–823.
- 7. Zu den Veränderungen des Kriegswesens im Spätmittelalter vgl. u.a.: Volker Schmidtchen, Kriegswesen im späten Mittelalter. Technik, Taktik, Theorie, Weinheim 1990.
- 8. Vgl. Clauss, Martin, Kriegsniederlagen im Mittelalter. Darstellung – Deutung – Bewältigung, München 2010.
- 9. Zu den unterschiedlichen Überlieferungen des Schlachtenorts vgl. u.a.: apud dictum fluvium sub monte Dornberch bellum pariter inierunt – Continuatio canonicorum Sancti Rudberti Salisburgenses a. 1308-1327 (wie Anm. 6) S. 822; in campo in Bawaria prope Muldorf – Chronica Ludovici imperatoris, in: Bayerische Chroniken des 14. Jahrhunderts, hg. von Georg Leidinger (MGH SS rer. Germ. 19), Hannover – Leipzig 1918, S. 126; inter Müldorff et Oeting. Et ibidem in campo, qui dicitur ‚auf der Vehenwisen‘ – Chronicon de ducibus Bavariae, in: Fontes Rerum Germanicarum – Geschichtsquellen Deutschlands, hg. von Johann Friedrich Böhmer, Bd. 1, Stuttgart 1843, S. 141; die groß schlacht zu ampfing auff der vehenwisen nit weit von müldorff– Johannes Aventinus, Bayerische Chronik, Bd. 8 - BSB Cgm 1580, fol. 17 (S. 36), URL: https://www.bavarikon.de/object/bav:BSB-HSS-00000BSB00029598?lang=de (Letzter Aufruf: 4.06.2023).
- 10. Vgl. Die Königsaaler Geschichtsquellen mit den Zusätzen und der Fortsetzung des Domherrn Franz von Prag, bearb. von Johann Loserth (Fontes rerum Austriacarum, 1. Abteilung, 8), Wien 1875, Buch 2, Kap. 11, S. 418–421.
- 11. Vgl. Chronica de gestis principum, in: Bayerische Chroniken des 14. Jahrhunderts, hg. von Georg Leidinger (MGH SS rer. Germ. 19), Hannover – Leipzig 1918, S. 92–99.
- 12. Vgl. Chronica Mathiae de Nuwenburg, hg. von Adolf Hofmeister (MGH SS rer. Germ. N. S. 4), Berlin 1940, Kap. 49, S. 118–124.
- 13. Zur archäologischen Arbeit von Herbert Matejka vgl. u.a.: Rudolf Angermeier/ Herbert Matejka, Neue Funde zur Schlacht von Mühldorf 1322, in: Geschichtsverein Heimatbund Mühldorf (Hg.), Das Mühlrad. Beiträge zur Geschichte des Landes an Isen, Rott und Inn, Bd. 27, Mühldorf am Inn 1985, S. 35–42.
- 14. Dieser Mythos besagt, dass Seyfried Schweppermann (1257–1337), anstatt Burggraf Friedrich IV. von Nürnberg, die Schlacht bei Mühldorf/Ampfing mit dem entscheidenden Eingriff seiner Truppeneinheiten gewonnen haben soll. Diese Überlieferung stammt jedoch erst aus dem 15. Jahrhundert von Hans Ebran von Wildenberg. – vgl. Des Ritters Hans Ebran von Wildenberg Chronik von den Fürsten aus Baiern, hg. von Friedrich Roth (Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte, Neue Folge, 2), München 1905. Laut der Geschichtsüberlieferung von Sigismund Meisterlin aus dem Jahr 1488 hatten Ludwig der Bayer und seine Scharen nach dem militärischen Ereignis nur noch einen Korb mit Eiern zum Essen übrig. Hierbei soll der König ausgerufen haben: „Jeder Mann ein Ei, dem braven Schweppermann zwei.“ – vgl. Sigismund Meisterlin’s Chronik der Reichsstadt Nürnberg, bearb. von Dietrich Kerler, in: Die Chroniken der fränkischen Städte. Nürnberg, Bd. 3 (Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis in's 16. Jahrhundert, Bd. 3), hg. von K. Hegel, Leipzig 1864, Teil III, Kap. 1, S. 122. Es wird allerdings angenommen, dass Schweppermann aufgrund seines hohen Alters nicht bei der Schlacht von 1322 teilnahm, jedoch an der Schlacht bei Gammelsdorf 1313. Erst im 15. Jahrhundert fand eine Neuauslegung der Teilnahme bei Gammelsdorf auf Mühldorf statt. – vgl. u.a. auch: Johannes Aventinus, Bayerische Chronik, hg. von Georg Leidinger, Düsseldorf 1988, S. 197–201; vgl. Bernhard Lübbers, Das Kloster Kastl in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Ein geistliches Zentrum des Nordgaus während der Regierungszeit Ludwigs des Bayern?, in: Tobias Appl, Manfred Knedlik (Hg.), Oberpfälzer Klosterlandschaft. Die Klöster, Stifte und Kollegien der Oberen Pfalz, Regensburg 2016, S. 39–42.
- 15. Vgl. Ausstellungstafel HT 7: 1322–2022: Deutungskämpfe und Identität, „1322 – Ritter, Schlacht und Königswürde, Geschichtszentrum und Museum Mühldorf am Inn, Mühldorf 2022.
- 16. Zum Kultur-Mobil des Landkreises Mühldorf am Inn vgl.: https://www.lra-mue.de/regionalentwicklung/kultur-mobil.html (Letzter Aufruf: 4.06.2023); zur Bilanz der Sonderausstellung –Pressemitteilung vgl.: https://www.lra-mue.de/asset/C1F89BC0-77B4-4D6B-87352C52608FB167/ (Letzter Aufruf: 4.06.2023).