Merten Kröncke
Aufsatz
Veröffentlicht am: 
04. Juni 2021
DOI: 
https://doi.org/10.15500/akm.18.01.2019

1. Einleitung

Am 19. Oktober 1939, keine zwei Monate nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs und keine zwei Wochen nach dem Ende des Polenfeldzugs, gab das deutsche Oberkommando des Heeres eine Aufmarschanweisung heraus, die die nächste Offensive der Wehrmacht projektierte: den Angriff auf Westeuropa. Doch jene Aufmarschanweisung blieb nicht ohne Kritik. Besonders unzufrieden war der Generalstabschef der Heeresgruppe A, Erich von Manstein. Als er die Planungen analysierte, dachte er daran, wie deutsche Militärs vor mehreren Jahrzehnten schon einmal einen Angriff auf Frankreich vorbereiteten. Damals plante Alfred von Schlieffen, Generalstabschef von 1891 bis 1905, die Verteidigungsstellungen an der deutsch-französischen Grenze in einer gigantischen Schwenkbewegung mit dem rechten Heeresflügel zu umgehen, die französischen Truppen somit zu umfassen und sie schließlich zu vernichten. Manstein verglich die operative Idee Schlieffens mit der jetzigen Planung und, so heißt es in seinen Memoiren, es wurde ihm „klar, daß weder das OKH noch Hitler daran dachten, den Schlieffenplan in der wahren Größe seiner Konzeption zum Muster nehmen zu wollen. Schlieffen hatte seinen Plan auf die volle und endgültige Entscheidung gegen das französische Gesamtheer angelegt. [...] In dem Operationsplan von 1939 liegt demgegenüber der Gedanke, die volle Entscheidung anzustreben, keineswegs beschlossen.“1

Als Manstein seinen daraufhin entwickelten Alternativplan Hitler persönlich präsentierte, forderte er laut der Vortragsnotiz nahezu wortgleich zu seiner späteren Beschreibung des Schlieffenplans, die Operation müsse auf „die volle Entscheidung in Frankreich [...] gerichtet sein.“2 Hitler war laut dem Heeresadjutanten Gerhard Engel von Mansteins Ideen „begeistert“3 und machte sie zur neuen Grundlage der deutschen Angriffsplanung. Als die Wehrmacht am 10. Mai 1940 ihre Offensive begann, hing demnach, das legt die Episode zumindest nahe, Schlieffens Schatten über dem Westfeldzug: Anlass genug also, näher zu untersuchen, wie der Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ die Militärelite des Westfeldzugs 1940 prägte.4 Genau das möchte ich nun tun.

Mit dem Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ sind in einem weiten Sinn nicht nur Schlieffens Kriegsplanungen, sondern auch sein operatives Denken sowie der Marnefeldzug von 1914, in dem seine operative Idee in einer modifizierten Form zur Anwendung kam, gemeint. Der Begriff ‚Militärelite‘ soll diejenigen Militärs bezeichnen, die auf die Planung und Führung des Westfeldzugs auf deutscher Seite besonderen Einfluss ausübten, was etwa Erich von Manstein, Heinz Guderian oder Franz Halder einschließt. Bei dem in der Fragestellung auftauchenden Terminus ‚Erfahrungsraum‘ schließlich handelt es sich um eine analytische Kategorie Reinhart Kosellecks, die zusammen mit ihrem Pendant, dem Erwartungshorizont, meine Arbeit organisieren soll.5 Koselleck betont, dass Erfahrung die Erwartung zwar nicht determiniert, aber doch maßgeblich beeinflusst, was sich beispielsweise zeigt, wenn Manstein aus dem Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ Erwartungen bezüglich bestimmter Kriegspläne ableitet. Die Verschränkung von Erfahrung und Erwartung wird somit produktiv: „Keine geschichtliche Handlung wird vollzogen, die nicht auf Erfahrung und Erwartung der Handelnden gründet.“6 Insofern eignen sich beide Kategorien dazu, die geschichtswissenschaftliche Analyse anzuleiten.

Meine Arbeit verstehe ich als Beitrag zu einer modernen Operationsgeschichte, die – so lautet die einhellige Forderung – allgemeinhistorisch ausgerichtet und mit politik-, sozial- oder kulturgeschichtlichen Perspektiven kombiniert werden soll.7 Diese Forderung glaube ich einzulösen: methodisch durch den Bezug auf Kosellecks allgemeinhistorische Kategorien Erfahrungsraum und Erwartungshorizont; inhaltlich, indem erstens die Frage nach langfristigen Prägungen der Militärelite schon grundsätzlich von einem über die Operationsführung hinausweisenden Interesse ist und zweitens indem ich nicht nur das operative, sondern auch das politische Denken der Militärelite untersuchen werde.

Bei dem Vorhaben lässt sich auf einigen Arbeiten aufbauen, die bereits das Verhältnis von Westfeldzug und Schlieffenplan in Ansätzen thematisiert haben. Dabei handelt es sich einerseits um Studien, die langfristige Entwicklungen im deutschen operativen Denken und Handeln untersuchen und dabei in der Regel die Kontinuitäten betonen.8 Andererseits sind Arbeiten gemeint, die sich dem Westfeldzug im engeren Sinn widmen und von denen ich zwei hervorheben möchte:9 zum einen Hans-Adolf Jacobsens Studie über die deutsche Feldzugsplanung, in der der Autor einen Vergleich der ersten Aufmarschanweisung von 1939 mit dem Schlieffenplan vornimmt und zu dem Ergebnis kommt, dass beide deutlich unterschiedlich waren.10 Zum anderen ist die Arbeit von Karl-Heinz Frieser zu nennen, die als wichtigste Gesamtstudie zum Westfeldzug aus deutscher Sicht gilt.11 Frieser vergleicht unter anderem die operativen Konzepte Schlieffens und Mansteins und betont die Parallelen, außerdem argumentiert er, im Westfeldzug sei es zu einer ‚Revolutionierung der Kriegführung‘ gekommen. Im Unterschied zu den genannten Arbeiten geht es mir indes weniger darum, durch eine vergleichende Perspektive tatsächliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede festzustellen, als darum, die Wahrnehmungen der historischen Akteure zu untersuchen.

Die Untersuchung stützt sich auf ein heterogenes Korpus publizierter Quellen, das zum Beispiel zeitgenössische Werke über Schlieffen und den Marnefeldzug, Artikel in militärischen Fachzeitschriften, Denkschriften und Planungsdokumente, Tagebücher und Briefe umfasst. Eine wichtige Rolle spielt auch die Memoirenliteratur. Deren Quellenwert ist zwar gewiss hochgradig problematisch, andererseits scheint es mir aber auch übertrieben zu sein, alle rückblickenden Quellen pauschal als unglaubwürdig zu verwerfen, zumal da der Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ für die Akteure vergleichsweise selten mit einem apologetischen Bedürfnis verbunden gewesen sein dürfte.

Zunächst soll nun die Prägung der Militärelite vor dem Westfeldzug skizziert werden (Kapitel 2). Anschließend gilt es zu analysieren, wie der Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ die deutschen Planungen für die Offensive beeinflusste (Kapitel 3). Danach wird die Phase der eigentlichen Kampfhandlungen zu behandeln sein (Kapitel 4), bevor abschließend das Verhältnis von Krieg und Politik untersucht werden kann (Kapitel 5).

2. Grundlegung

2.1 Orte des Kontakts

Wie konnte die spätere Militärelite des Westfeldzugs mit dem Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ vor dem Zweiten Weltkrieg in Berührung kommen? Diese Frage möchte ich nun klären und unterscheide dafür drei Orte des Kontakts: erstens die Zeit bis 1914, zweitens den Marnefeldzug, drittens die militärfachliche Debatte nach dem Weltkrieg.12

Zum ersten Ort des Kontakts: Inwiefern die Akteure noch persönlich mit Schlieffen in Berührung kommen konnten, hing maßgeblich von ihrem Alter ab. Schlieffen war von 1891 bis 1905 Generalstabschef, er starb am 4. Januar 1913. Diejenigen, die die Wehrmacht in den höchsten Positionen während des Westfeldzugs führten, waren meist zwischen 1881 und 1890 geboren. Rundstedt, Jahrgang 1875, war schon die Ausnahme.13 Dieser Altersunterschied verhinderte zwar die professionelle Zusammenarbeit mit dem Generalstabschef Schlieffen, nicht jedoch jedweden persönlichen Kontakt. Dazu bot zum Beispiel der Pagendienst im Berliner Schloss Gelegenheit, den alle adligen Unterprimaner und Selektaner des Kadettenkorps zu leisten hatten. Manstein etwa erlebte in dieser Funktion persönlich den „Chef des Großen Generalstabs, der Feldmarschall Graf Schlieffen, dessen überragende Bedeutung uns schon damals ein Begriff war.“14 Außerdem, so ein zweites Beispiel, konnten einige Akteure Schlieffen als Schüler der Kriegsakademie erleben, wo er etwa 1910 anlässlich ihres hundertjährigen Bestehens eine Rede hielt.15

Zentral für den Kontakt mit Schlieffens operativem Denken war vor dem Ersten Weltkrieg indes die militärische Ausbildung. Gelehrt wurde die für die in Rede stehende Fragestellung besonders relevante Operationsführung vornehmlich auf der Kriegsakademie, die für die Verwendung im Generalstab qualifizierte und die unter anderem von Manstein, Guderian und Halder besucht wurde.16 Auf die Lehrinhalte übte Schlieffen, dem die Kriegsakademie als Generalstabschef unterstand, nachhaltigen, auch über seine Amtszeit hinausgehenden Einfluss aus. In einer zeitgenössischen Darstellung heißt es etwa, Schlieffen habe „dieser Pflanzstätte des Generalstabes viel Sorgfalt zugewendet. Auf ihren Studiengang und auf die Auswahl der Lehrer übte er entscheidenden Einfluß. Alljährlich überzeugte er sich von dem Fortgange der Studien durch gelegentliche Besuche der Hörsäle.“17 Ich halte also fest, dass die Militärelite des Westfeldzugs bereits in der Zeit bis 1914 mit dem Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ in Berührung kam.

Beim nächsten Ort des Kontakts handelte es sich um den Marnefeldzug 1914. In der Forschung wird zwar angesichts der Modifikationen, die Schlieffens Nachfolger Helmuth von Moltke am Plan seines Vorgängers vornahm, bisweilen dafür argumentiert, dass 1914 eher ein Moltke- als ein Schlieffenplan zur Ausführung kam.18 Doch zu dieser Debatte muss ich mich nicht positionieren, denn entscheidend ist für meine Fragestellung lediglich, dass die Militärelite von 1940 die Wahrnehmung hatte, mit einem Plan in den Krieg gezogen zu sein, der auf Schlieffens Ideen basierte. Guderian beispielsweise sprach wie die meisten anderen Akteure ausdrücklich vom „‚Schlieffen-Plan‘ von 1914“ und meinte gar, die „Klarheit und überzeugende Kraft seiner [Schlieffens, M. K.] Gedanken beeindruckte seinen Nachfolger, den jüngeren Moltke, so stark, daß sein Feldzugsplan mit geringen Veränderungen auch nach seinem Tode bestehen blieb und 1914 unter anderen Voraussetzungen zur Ausführung kam.“19

Während des Marnefeldzugs wurde der überwiegende Teil der späteren Militärelite des Westfeldzugs noch nicht in höheren Stäben eingesetzt, wo die Reflexion der operativen Gesamtdimension der Kampfhandlungen besonders nahe lag.20 Dafür machte der Einsatzort das Nachdenken über den Schlieffenplan umso wahrscheinlicher, denn zu Kriegsbeginn überwog der Einsatz an der Westfront deutlich. Beispielsweise waren allein bei der für den Feldzug äußerst wichtigen 2. Armee am rechten Flügel unter anderem Manstein, Guderian, Fedor von Bock und Wilhelm Keitel tätig.21

Die Militärelite des Westfeldzugs konnte im Marnefeldzug 1914 also durchaus mit dem Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ in Kontakt kommen. Doch die Konstruktion des Erfahrungsraums war damit noch nicht abgeschlossen. Es folgte der dritte Ort des Kontakts, die Debatte nach dem Weltkrieg über Schlieffen, seinen Kriegsplan und den Marnefeldzug.

Sich nach 1918 mit dem Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ zu beschäftigen, lag bereits deshalb nahe, weil im Militär das Lernen aus der Vergangenheit als besonders wichtig galt.22 Dass die Militärelite des Westfeldzugs die Debatten um den vergangenen und den künftigen Krieg verfolgte und an ihnen teilnahm, war umso wahrscheinlicher, da sie schwerpunktmäßig in ,Denkpositionen‘ Verwendung fanden, etwa im Generalstab oder der Offiziersausbildung.23 In derartigen Positionen wurden die Akteure mit einer regelrechten Flut von Literatur über den Marnefeldzug und Schlieffen konfrontiert. Zum Beispiel behandelte das amtliche Reichsarchivwerk Der Weltkrieg die Marneschlacht in zwei Bänden auf über 1000 Seiten,24 1920 erklärte die Schriftleitung des Militär-Wochenblatts die Marneschlacht zum Schwerpunkt ihrer militärgeschichtlichen Veröffentlichungen,25 1938 publizierte die vom Reichskriegsministerium herausgegebene Militärwissenschaftliche Rundschau ein Sonderheft zum 25. Todestag Schlieffens.26 Hinzu kamen Schlieffens eigene Schriften, von denen bis zum Westfeldzug die meisten veröffentlicht vorlagen. Seine Denkschrift von 1905 – gemeinhin als der Schlieffenplan bezeichnet – wurde zwar nie publiziert, dafür aber immerhin in Paraphrase und Zitaten vom Reichsarchiv recht ausführlich wiedergegeben.27

Die Militärelite des Westfeldzugs war mit besagten Schriften vertraut. Manstein bezog sich zum Beispiel in seinen Memoiren explizit auf Abschnitte aus Schlieffens Cannae, Der Feldherr und Der Krieg in der Gegenwart.28 Guderian verfasste über eine Passage aus letzterem Text einen ganzen Aufsatz und demonstrierte in einer anderen Abhandlung, dass er sich bis in taktische Details hinein mit dem Marnefeldzug auskannte.29 Und auch Hitler verfügte, obwohl er nie eine Offiziers- oder gar Generalstabsausbildung durchlief, „durch ein intensives Studium militärischer Handbücher über ein fast lexikalisches militärisches Detailwissen.“30 1944 meinte er laut Guderian: „Ich habe Clausewitz und Moltke studiert und alle Aufmarschpläne Schlieffens gelesen. Ich bin besser im Bilde als Sie!“31

Ich ziehe das Fazit, dass die Militärelite des Westfeldzugs mit dem Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ durch ihre Erlebnisse bis 1914, durch den Marnefeldzug und durch die militärfachliche Debatte nach dem Weltkrieg eingehend in Kontakt kam. Der letztgenannte Kontaktort dürfte der wichtigste gewesen sein, nicht zuletzt da er zeitlich am nächsten an den Westfeldzug heranreichte und somit den Erfahrungsraum, der 1940 wirkmächtig wurde, final konstituierte.

2.2 Erfahrungsraum: Das Bild vom Schlieffenplan nach dem Ersten Weltkrieg

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Frage virulent, wie der Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ zu bewerten war. Immerhin hatte der auf Schlieffens Ideen beruhende Marnefeldzug nicht mit dem erhofften Sieg, sondern mit einer strategischen Niederlage geendet, auf die ein jahrelanger Abnutzungskrieg folgte, an dessen Ende das Kaiserreich den Krieg verlor.32 Eben darauf rekurrierte auch der damalige Oberbefehlshaber des Heeres Werner von Fritsch, als er 1936 in seinem Vorwort zur dritten Auflage von Schlieffens Cannae-Schrift schrieb, Schlieffens „Gedankenwelt entstammt die geistige Schulung, mit welcher Führung und Generalstab in den Weltkrieg getreten sind. Seine Lehre war der Vernichtungsgedanke, der unsere Kriegführung beherrscht hat. Wir haben den Krieg verloren. Sind die Lehren des Grafen Schlieffen abwegig gewesen?“ Die klare Antwort, die sich Fritsch selbst gab, lautete: nein. Er schrieb: „Nach dem Kriege laut gewordene Zweifel an der Richtigkeit Schlieffenscher Lehre sind mehr und mehr verstummt. Man erkennt heute allgemein, daß nicht der Vernichtungsgedanke an sich irrig war, sondern daß die unzulängliche Art, mit der man ihn zu verwirklichen suchte, der Grund der Mißerfolge wurde.“33

Damit nahm Fritsch einen Gedanken der sogenannten ‚Schlieffen-Schule‘ auf, einer Gruppierung, die den ehemaligen Generalstabschef verteidigte und stattdessen Fehler anderer, besonders von Moltke dem Jüngeren, für die Niederlage verantwortlich machte.34 Entscheidend ist für die hier behandelte Fragestellung, dass derartige Deutungen von der späteren Militärelite des Westfeldzugs zu großen Teilen übernommen wurden. Guderian meinte zum Beispiel in seinen Memoiren, das „Scheitern des sogenannten Schlieffen-Planes kann ihm [...] nicht zur Last gelegt werden, sondern nur den Epigonen.“35 Günther Blumentritt, während des Westfeldzugs Stabsoffizier in der Heeresgruppe A, schrieb über Gerd von Rundstedt, den damaligen Oberbefehlshaber der Heeresgruppe, er hatte „strong personal views about Germany’s part in the First World War. For example, he regarded the Battle of the Marne in 1914 as having been lost by Germany because Schlieffen’s 01 [sic] Plan of a strong right flank had been watered down; the Army Command Staff, far to the rear, had not led with sufficient firmness“.36 Und selbst Wilhelm von Leeb, der mit der Betonung der Defensive in seinem Werk Die Abwehr eher im Kontrast zu den Ansichten Schlieffens stand, zollte ihm Respekt und meinte, die Westoffensive von 1914 sei wegen einer angesichts der neuen Stärke der Verteidigung schon im Grundsatz zu geringen Schwerpunktbildung gescheitert.37

Freilich gab es unter der Militärelite des Westfeldzugs auch Kritiker Schlieffens, beispielsweise Halder. Er meinte rückblickend, Schlieffen habe „mit dem Überdruck an fachlicher Arbeit und Zwang den preußischen Genstb unbeweglich gemacht, d. h. geistig eingeengt und erdrückt“. Indes sprach Halder im gleichen Kontext auch von Schlieffens „ohne Zweifel sehr hohen persönlichen und geistigen Leistung und seiner ungeheuren Autorität“.38 Viel schärfer kritisierte Heinrich Nolte, im Westfeldzug bis zum 12. Juni Adjutant Halders, nach dem Zweiten Weltkrieg Schlieffen in einer ganzen Monographie. Doch auch diese Kritik relativiert sich insofern, als Nolte bekannte, dass er vor 1945 Kritik an Schlieffen „als Sakrileg verurteilt“ hätte und von seiner Lehre „geblendet“ worden sei.39

Als Ergebnis halte ich insofern fest, dass der Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ nach 1918 trotz der verlorenen Marneschlacht positiv konnotiert war, dass die ‚Schlieffen-Schule‘ bis zum Westfeldzug die hegemoniale Deutungsposition innehatte und dass die spätere Militärelite des Westfeldzugs diese Deutung zu großen Teilen übernahm. Konsequenz von all dem war, dass es nach dem Krieg gar kein Bedürfnis nach grundlegenden Änderungen der operativen Doktrin gab.40 Vielfach wurde stattdessen gefordert, Schlieffen weiterhin als Vorbild zu begreifen. Fritsch schrieb beispielsweise in seinem Vorwort zu Schlieffens taktisch-strategischen Aufgaben: „In der Anwendung der grundsätzlichen, an keine Zeit gebundenen Gesetze der Kriegskunst [. . . ] bleibt Graf von Schlieffen auch heute noch ‚ein klassischer Lehrer, der den Weg weist zum Siege‘, dessen Geist im deutschen Heere lebendig bleiben muß, auf daß er seinen Führern auch weiterhin voranleuchte!“41 Einer Prägung der späteren Militärelite durch Schlieffen in ihrem operativen Denken und damit in ihrem Erwartungshorizont für den künftigen Krieg stand also nichts im Wege.

2.3 Erwartungshorizont: Prägungen im operativen Denken

Wegen des positiven Bilds vom Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ war es nur konsequent, dass die Eckpfeiler des operativen Denkens bis zum Westfeldzug gegenüber der Schlieffenzeit dieselben blieben. Die Prinzipien von Bewegung, Vernichtung, Angriff, Umfassung, Schwerpunktbildung und Überraschung galten also weiterhin. Graduelle Anpassungen wie die Aufwertung der Abwehr und des Durchbruchs änderten daran nichts Grundlegendes.42

Der wichtigste Unterschied im operativen Denken gegenüber der Schlieffenzeit betraf die Heeresmotorisierung und die Entwicklung eigenständig operierender Panzerdivisionen, die als Antwort auf die Frage begriffen wurden, wie die Kriegführung nach dem Stellungskrieg ihre Beweglichkeit zurückgewinnen konnte. Doch selbst in dieser Debatte wurde Schlieffen, in dessen Denken der Panzereinsatz gar nicht vorkam, bisweilen als Autorität zitiert. Beispielsweise stellte sich Guderian in seinem Aufsatz Der mißverstandene Schlieffen in der Frage der Führung motorisierter Verbände ausdrücklich in die Tradition des früheren Generalstabschefs.43

Die Zeitgenossen meinten selbst, dass das operative Denken der Militärelite nachhaltig von Schlieffen geprägt worden sei. In einer Darstellung von 1938 heißt es etwa über die Offiziere der Wehrmacht: „Sie alle zählen zu Schlieffens Schülern, auch wenn sie nicht zu seinen Füßen gesessen haben; sie alle zehren von seinem Vermächtnis [...]. Schlieffen ist der Lehrmeister der Strategie gewesen und ist es geblieben, denn der große Krieg, welcher die Gegenwart von Schlieffen trennt, hat die Spuren seines Schaffens nicht nur nicht verwischt, sondern in einem Ausmaße verstärkt, daß sie deutlich auch in die Zukunft weisen.“44 Blumentritt bestätigte rückblickend, die „obersten Führer des Heeres waren im Sinne von Moltke und Schlieffen geschult und diese Schule bevorzugte [...] mit Vorliebe die grosse operative Umfassung, also ‚Cannae‘.“45 Ebenso meinte Manstein, dass die Reichswehr und durch sie auch die Wehrmacht „aus der Niederlage des Ersten Weltkrieges die große deutsche Führungs- und Ausbildungstradition gerettet und wiederbelebt hatte.“46 Derartig von Schlieffen geprägt, zogen die Akteure in den Westfeldzug.47

3. Planungen

3.1 Die erste Aufmarschanweisung: „Das ist ja der alte Schlieffenplan“

Nachdem der Polenfeldzug wenige Wochen nach Kriegsbeginn beendet war, arbeitete das Oberkommando des Heeres eine Aufmarschanweisung für den Angriff auf Westeuropa aus, die am 19. Oktober 1939 herausgegeben wurde. Sie sah vor, einen starken rechten Flügel bei der Heeresgruppe B zu bilden, der durch Holland und Belgien vorrückt, während die Heeresgruppe A den Vormarsch in Südbelgien deckt und die Heeresgruppe C die deutsch-französische Grenze verteidigt.48 Die Militärelite assoziierte sofort eine Neuauflage des Schlieffenplans, da sich beide operative Konzepte zumindest insofern vordergründig ähnelten, als der rechte Flügel den Schwerpunkt bilden und offensiv vorgehen sollte, während der linke defensiv bleibt. Blumentritt war überzeugt, es „spielte die Erinnerung an diesen Schlieffen-Plan bewusst oder unbewusst eine wichtige Rolle im Denken des Generalstabs. Man wollte es diesesmal besser machen und den wirklichen Schlieffen-Plan in seiner Idealform verwirklichen.“49 Guderian meinte ebenfalls: „Das OKH hatte – von Hitler zum Angriff gedrängt – die Absicht, den alten sogenannten ‚Schlieffen-Plan‘ von 1914 wieder anzuwenden.“50 Und Hitler sagte Mitte Oktober nach einer Besprechung mit Halder zu Keitel und Jodl: „Das ist ja der alte Schlieffenplan mit dem starken rechten Flügel“.51 Der Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ war also in hohem Maße präsent und organisierte das Denken der Akteure.

Die erste Aufmarschanweisung stieß nahezu ausnahmslos auf Ablehnung. Dabei wurde auch mit dem Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ argumentiert. Der gegenwärtigen Planung fehle nämlich das Überraschungsmoment, da sie zu sehr dem Konzept von 1914 ähnele. Manstein schrieb: „Es erschien mir reichlich niederziehend, daß unserer Generation nichts anderes einfallen solle als die Wiederholung eines alten Rezeptes, selbst wenn dieses von einem Manne wie Schlieffen stammte. Was sollte schon dabei herauskommen, wenn man einen Kriegsplan aus dem Schrank holte, den der Gegner bereits einmal gemeinsam mit uns durchexerziert hatte und auf dessen Wiederholung er eingerichtet sein mußte!“52 Halder schrieb rückblickend, die erste Planung „war ein fantasieloser Abklatsch des Schlieffenplanes, dessen Schwächen der erste Weltkrieg gezeigt hatte.“53 Und zum 6. Dezember notierte Engel in seinen Aufzeichnungen, Hitler lehne „den alten Schlieffenschinken“ ab.54

Es ließe sich auf den ersten Blick annehmen, dass die Akteure eine ‚Wiederholung‘ des Schlieffenplans deshalb kritisierten, weil sie ihn für ein schlechtes operatives Konzept hielten. Das kommt so allerdings höchstens bei den zitierten Äußerungen Halders und Hitlers zum Ausdruck. Mehrheitlich wurde aber nicht der Schlieffenplan an sich, sondern nur die fehlende Neuheit kritisiert. Die Ablehnung einer Wiederholung des Schlieffenplans lässt sich sogar gut mit Schlieffens Denken vereinbaren, nämlich mit dem von ihm vertretenen Prinzip der Überraschung.

In Wirklichkeit war indes, wie die einschlägige Forschung schon seit Längerem betont, die erste Aufmarschanweisung keineswegs eine Kopie des Schlieffenplans.55 Während Schlieffen nämlich die Vernichtung der gegnerischen Streitkräfte und die endgültige Kriegsentscheidung anstrebte, hatten die ersten Planungen für den Westfeldzug ein viel begrenzteres Ziel, nämlich die Eroberung des Benelux-Raums als Ausgangsbasis für die weitere Kriegführung. Einige Militärs, insbesondere Manstein, registrierten den Unterschied und kritisierten statt der vordergründigen Nähe eher die Ferne der ersten Aufmarschanweisung vom Schlieffenplan in diesem Punkt. Manstein schrieb, es „wurde mir klar, daß weder das OKH noch Hitler daran dachten, den Schlieffenplan in der wahren Größe seiner Konzeption zum Muster nehmen zu wollen. Schlieffen hatte seinen Plan auf die volle und endgültige Entscheidung gegen das französische Gesamtheer angelegt. [...] In dem Operationsplan von 1939 liegt demgegenüber der Gedanke, die volle Entscheidung anzustreben, keineswegs beschlossen.“56 Ausgehend von der demnach maßgeblich auf dem Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ basierenden Kritik an der ersten Planung entwickelte Manstein, den „Schlieffenplan in der wahren Größe seiner Konzeption zum Muster“ nehmend, eine alternative operative Konzeption, die als ‚Sichelschnitt‘-Plan in die Geschichte einging.

3.2 Der Mansteinplan: ‚Sichelschnitt‘ im Geiste Schlieffens

Mansteins Alternativplan zielte in Übereinstimmung mit Schlieffen einerseits auf „die volle Entscheidung in Frankreich, [...] die Vernichtung der franz. Widerstandskraft“,57 und andererseits auf die operative Überraschung, die nun durch eine Schwerpunktverlagerung von der Heeresgruppe B im Norden zur Heeresgruppe A in der Mitte gelingen sollte. Ähnlich wie Schlieffen plante Manstein ein Manöver, bei dem ein Heeresflügel die Kräfte der Westmächte binden sollte, sodass der andere Flügel sie im Rücken umfassen und schließlich vernichten konnte. Vertauscht war nur die Richtung des Manövers: Bei Schlieffen sollte der linke, südliche Flügel binden und der rechte vorrücken, bei Manstein hingegen der rechte Flügel in Vortäuschung einer Wiederholung des Schlieffenplans binden und die Umfassung von Süden erfolgen, und zwar durch den Vorstoß schneller Panzerverbände der Heeresgruppe A durch die Ardennen über Sedan bis zur Kanalküste.

Freilich: Neben den Gemeinsamkeiten gab es auch eine ganze Reihe an Unterschieden. Zum Beispiel beruhte der Mansteinplan anders als der Schlieffenplan auf einer Durchbruchsoperation, nämlich zu Beginn bei Sedan; die Umfassung war als isolierter Vorstoß eines schnellen Panzerkeils ohne Flankenschutz statt wie bei Schlieffen als geschlossene Drehbewegung eines zusammenhängenden Flügels mehrerer Armeen gedacht; schließlich sollten bei Schlieffen die gegnerischen Truppen in einem einzigen zusammenhängenden Manöver vernichtet werden, bei Manstein musste indes für die endgültige Entscheidung auf den ‚Sichelschnitt‘ noch ein zweiter Operationsabschnitt folgen, den sich Manstein allerdings als Angriff in den Rücken der Maginotlinie „im Sinne des Schlieffen-Planes“58 dachte.

Trotz der Unterschiede überwogen die Gemeinsamkeiten. Es gab eine auffallende Ähnlichkeit zwischen Schlieffen- und Mansteinplan. Mansteins Konzept basierte auch auf den Schlieffenschen operativen Prinzipien, also auf Offensive, Schwerpunktbildung, Bewegung und – anders als die erste Aufmarschanweisung – auch auf Vernichtung, Umfassung und Überraschung. Der Wandel von der ersten, dem Schlieffenplan nur vordergründig ähnelnden Aufmarschanweisung zum ‚Sichelschnitt‘-Plan war insofern in den Augen Mansteins keineswegs eine Entfernung, sondern vielmehr eine Annäherung an das operative Konzept von 1905/14.

Ich ziehe das Fazit, dass sowohl die Kritik an der ersten Aufmarschanweisung als auch die davon ausgehende Entwicklung des Mansteinplans umfassend vom Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ geprägt wurde. Nachdem Mansteins Konzept schließlich nach langen Konflikten akzeptiert worden war, bildete es das Fundament für die Aufmarschanweisung vom 24. Februar 1940, auf deren Grundlage das Deutsche Reich den Angriff auf Westeuropa führte.59

4. Kampfhandlungen

4.1 Strukturen: Eine „Revolutionierung der Kriegführung“?

Karl-Heinz Frieser stellt die These auf, das „Erfolgsgeheimnis“ des Westfeldzugs sei gewesen, dass sich die deutsche Kriegführung während der Operation zu einem Blitzkrieg entwickelte, was einen „dialektischen Umschwung“ und eine „Revolutionierung der Kriegführung“ mit sich gebracht habe.60 Frieser begründet seine These nicht nur, aber doch hauptsächlich mit dem Einsatz neuer Technik, insbesondere der Panzer, die 1940 als operativ selbständige Verbände eingesetzt wurden. Gleichzeitig betont er, dass es sich bei der Technisierung und Motorisierung ‚nur‘ um neue Mittel handelte, die eine Rückkehr zu alten operativen Prinzipien ermöglichten: „Der ‚Blitzkrieg‘ von 1940 war zunächst einmal nichts anderes als die Wiederbelebung des klassischen ‚operativen Bewegungskrieges‘ eines Moltke und Schlieffen.“61 Daher überrascht es kaum, dass in der Forschung auch mehrere Stimmen weniger von einer Revolutionierung sprechen und stattdessen eher die Kontinuitäten in der Kriegführung betonen.62 Ich selbst positioniere mich nicht zu dieser Debatte und halte lediglich fest, dass die Kriegführung offenbar sowohl alte als auch neue Elemente umfasste, was nicht nur die Forschung, sondern auch die Zeitgenossen zu einer Deutung herausforderte.

Einige Akteure betonten die Neuartigkeit der Kämpfe, ohne dabei zugleich auf traditionelle Elemente zu verweisen. Helmuth Greiner, ein Offizier im Oberkommando der Wehrmacht, meinte etwa: „Im ersten Weltkrieg hatte sich fast bis zuletzt die Verteidigung als die stärkere Form der Kriegführung erwiesen, die abstoßende Kraft der Feuerwaffen durch keine Angriffsmittel niedergerungen werden können. Seitdem war durch die Weiterentwicklung des Motors eine entscheidende Wandlung in den Kampfverhältnissen eingetreten. Der moderne Panzer und das Kampfflugzeug stellten Angriffsmittel von höchster Durchschlagskraft und größter Schnelligkeit dar“.63 Greiner – und das gilt auch für andere derartige Aussagen – sprach hier jedoch keineswegs von einer Ablösung vom Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘. Sein Hinweis auf die Verteidigung im Ersten Weltkrieg legt vielmehr nahe, dass er sich von einem ganz anderen Erfahrungsraum, nämlich dem Stellungskrieg, abgrenzen wollte.

Andere Stimmen betonten auch durchaus die Kontinuität zum traditionellen operativen Denken, beispielsweise Halder. Er sprach zwar explizit von einer durch die neue Technik verursachten „Revolution in der Kriegführung“, doch meinte er im gleichen Kontext: „Im Grunde [...] waren die technischen Neuerungen nur Mittel, einen alten Grundsatz durchzusetzen, daß nämlich [...] Operation Bewegung ist“. Der Einsatz neuer Technik, den „man heute gern als Charakteristikum herausstellt, war nur Mittel zur praktischen Durchführung der alten deutschen Auffassung von der ‚Operation‘. In ihr, der geistigen Konzeption, sehe ich das entscheidende Element“.64 Auch Manstein betonte, dass die neuen Aspekte der Kriegführung in das traditionelle operative Denken integriert waren. Schon vor dem Westfeldzug habe die Wehrmacht es „verstanden, die Entartung der Kriegführung zum Stellungskriege [...] zu überwinden. In der deutschen Wehrmacht war es gelungen, mit Hilfe der neuen Kampfmittel wieder zur wahren Führungskunst in beweglicher Operationsführung zu gelangen.“65 Sein Fazit zum Feldzug von 1940 lautete, die Wehrmacht habe „seit dem Ende des Ersten Weltkrieges einiges dazugelernt und sich zugleich der unwandelbaren Gesetze der Kriegskunst wieder erinnert.“66 Ein letztes Beispiel für die Betonung von Kontinuität liefert Friedrich von Rabenau, der Chef der Heeresarchive, in einem für die Zeitschrift Das Reich bestimmten Artikel von Anfang Juni 1940.67 Zwar lautete der Titel seines Textes sogar „Revolution der Kriegführung“, und Rabenau schrieb auch, dass der Einsatz der neuen Technik dem Kampf „den Stempel einer neuen Epoche aufdrückt.“ Doch zugleich meinte er, dass „all das Neue gerade die Wiederkehr des Bewegungskrieges herbeigeführt hat“, und schloss seinen Text mit einem Urteil über die ‚klassische Strategie‘, die er als das verstand, „was uns Feldmarschall Graf Schlieffen [...] übermittelt hat“: „Es ist unendlich viel Neues, was dieser Krieg bringt, aber eine Überwindung der klassischen Strategie soll man ihn nicht nennen. Die im Weltkriege außer Kraft gesetzten Grundwahrheiten sind in diesem Kriege durch das Wirken eines Genies endlich wieder zu ihrem Recht gekommen.“

Eine bestimmte Gruppe versuchte allerdings tatsächlich, sich vom Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ zu distanzieren, und zwar Hitler und seine Entourage. Das Oberkommando der Wehrmacht unterdrückte die Publikation von Rabenaus Artikel. Jodls Begründung, der Keitel zustimmte, lautete: „Die Bedenken bestehen darin, daß der Artikel mehr das ‚hohe Lied‘ Schlieffens und v. Seeckts singt, und das erscheint mir zur Zeit nicht zweckmäßig. Wir haben bestimmt nicht nur deswegen gesiegt, weil wir zu Schlieffen und Seeckt zurückgefunden haben.“68 Hitler selbst betonte im Reichstag am 19. Juli 1940 die Unterschiede zwischen ‚seinem‘ operativen Konzept und dem Schlieffenplan: „Zum Unterschied des Schlieffen-Plans vom Jahre 1914 ließ ich das Schwergewicht der Operation auf den linken Flügel der Durchbruchsfront legen, allein unter scheinbarer Aufrechterhaltung der umgekehrten Version.“69 Nachdem Hitler geendet hatte, sekundierte Göring: „Ein Wunder erschien die deutsche Strategie, eine Revolution aller geheiligten taktischen und strategischen Prinzipien warf alle Vorstellungen und Pläne über den Haufen.“70 Damit übereinstimmend zog der Reichsarbeitsführer Konstantin Hierl in einem Text für den Völkischen Beobachter mit dem Titel „Die deutsche Oberste Führung im Westfeldzug und der Schlieffen-Plan“ das Fazit: „Nicht in Anlehnung an den ‚Schlieffen-Plan‘ oder auf dem Boden der Cannaedoktrin oder sonstiger starrer Lehrmeinungen, sondern im freien künstlerischen Schaffen aus der Eingebung des kriegerischen Genius heraus hat der Führer die deutsche Wehrmacht zum glorreichsten Siege ihrer ruhmreichen Geschichte geführt.“71

Ich deute die zitierten Aussagen als Teil der NS-Propaganda, die kein Interesse an einer aufrichtigen militärfachlichen Auseinandersetzung mit dem Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ hatte und deren Ziel stattdessen darin bestand, Hitlers militärisches Genius herauszustreichen. Dazu musste sie sein Agieren als eigenständige, das heißt von allen anderen und damit auch von Schlieffen unabhängige sowie als neuartig-revolutionäre Leistung darstellen. Allerdings war die Distanzierung der Propaganda vom Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ nicht konsistent, denn bisweilen hob sie selbst die Kontinuität zu Schlieffen hervor. Erich Murawski, ein Offizier der Propagandaabteilung des Oberkommandos der Wehrmacht, schrieb etwa als Erläuterung zum Wehrmachtbericht vom 24. Mai 1940, es „läuft z. Z. noch ein Vernichtungsangriff im konzentrischen Vorgehen von mehreren Seiten. Das ist eine Angriffsform, die bereits bei Beginn der Freiheitskriege im Oktober 1813 bei Leipzig von den verbündeten Preußen, Russen und Österreichern mit Erfolg durchgeführt, von Clausewitz gelehrt und von Moltke und Schlieffen weiterentwickelt wurde.“72 Bei all dem ist allein der Umstand, dass sich Hitler und die Propaganda vor den Lesern des Völkischen Beobachters oder den Reichstagsabgeordneten auf den Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ bezogen, dessen Bekanntheit voraussetzten und überhaupt die Mühe auf sich nahmen, sich von ihm abzugrenzen, ein weiterer Beleg für seine Präsenz.

Ich halte deshalb fest, dass der Erfahrungsraum auch während und nach dem Westfeldzug ein wichtiger Bezugspunkt blieb, um die Strukturen der Kriegführung zu interpretieren. Seine Deutung war umkämpft: Während die Propaganda die Distanz zu Schlieffen betonte, hob die Militärelite mehrheitlich die Nähe zum Erfahrungsraum und den evolutionären statt revolutionären Wandel der Kriegführung hervor.

4.2 Ereignisse: Haltebefehle und die Erfahrungen von 1914

Der Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ prägte nicht nur die gedankliche Ordnung der Gesamtkriegführung, sondern auch einzelne Ereignisse während des Westfeldzugs, wobei hier nur ein einziger Komplex herausgehoben werden soll, nämlich die Befehle zum Halt der deutschen Panzer bei Montcornet und Dünkirchen. Die Befürworter der Haltebefehle, zu denen insbesondere Hitler gehörte, argumentierten unter anderem mit der Parallele zwischen der südlichen Flanke der Heeresgruppe A, die sich durch den Vorstoß der Panzer nach Westen immer weiter ausdehnte, und dem äußersten rechten Flügel im Marnefeldzug, den Anfang September 1914 ein französischer Gegenangriff von Paris aus traf, was wiederum die Marneschlacht einleitete, durch welche der deutsche Vormarsch endete. Am 18. Mai, also nach dem ersten Halt der Panzer bei Montcornet, schrieb Hitler an Mussolini: „Soweit es die Zerstörungen der hinteren Verkehrswege der Franzosen zulassen, versucht der Franzose eine neue Abwehr- bzw. Angriffsfront auszubauen. Ich behalte sie im Auge. Das Marne-Wunder 1914 wird sich nicht mehr wiederholen!“73 Nicht unähnlich schrieb der bei der Heeresgruppe C im Süden eingesetzte Offizier Helmuth Groscurth am 19. Mai an seinen Bruder, man müsse „ja jetzt den Sieg erhoffen. Aber Napoleon und die Marne sind Warnungen ernstester Art.“74

Die Gegner der Haltebefehle versuchten, eine andere Deutung des Erfahrungsraums durchzusetzen. Guderian zum Beispiel verkehrte das ‚Marne-Wunder‘-Argument in einer Diskussion mit dem Befehlshaber der Panzergruppe General von Kleist ins Gegenteil: „Ich hatte zuletzt von einer Mission Hentzsch [sic] gesprochen und damit die Erinnerung an das ‚Marne-Wunder‘ von 1914 geweckt. Der Gedanke hieran war vielleicht der Panzergruppe doch etwas unbehaglich.“75 Während die Befürworter der Haltebefehle also die Entblößung der Flanke und den französischen Gegenangriff als Ursachen für die deutsche Niederlage an der Marne betonten und daraus ableiteten, dass solch eine Gelegenheit zum Gegenangriff nun unbedingt verhindert werden müsse, präsentierte Guderian eine ganz andere Deutung der Ereignisse von 1914. Er meinte – eher in Übereinstimmung mit der Schlieffen-Schule –, dass weniger der französische Gegenangriff und eher der durch den Oberstleutnant Hentsch mitverursachte deutsche Rückzug für die Niederlage verantwortlich gewesen sei, und dass man deshalb keine Angst vor offenen Flanken haben müsse.

Die Diskussion zeigt, dass der Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ in seiner Deutung umkämpft war und dazu funktionalisiert wurde, Argumente für gegenwärtige operative Fragen bereitzustellen. Gleichwohl scheint es mir so zu sein, dass der Erfahrungsraum während des Feldzugs anders als in der Planungsphase nicht als zentraler, die Debatten maßgeblich mitstrukturierender Eckpfeiler, sondern eher als gelegentlich eingesetzte, ergänzende Unterstützung bestimmter Deutungen und Positionen diente.

5. Krieg und Politik

5.1 Zuständigkeiten: Machtverlust der Militärs gegenüber der Schlieffenzeit

Die bislang besprochenen Ebenen der Planung und Kampfhandlungen wurden durch die Beziehungen von Krieg und Politik und die damit verbundene Frage der Kompetenzverteilung mitstrukturiert. Der Westfeldzug verhielt sich deutlich anders als der Marnefeldzug 1914 zu Clausewitz‘ Diktum, der Krieg sei als „bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“76 zu verstehen, immerhin übte im Westfeldzug der Politiker Hitler bedeutend größeren Einfluss auf strategische und auch operative Fragen aus als deutsche Politiker während des Marnefeldzugs.77 Das wirft die Frage auf, ob die Militärelite von 1940 diesen Unterschied reflektierte und ob sich der Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ demnach auch auf politisches Gebiet erstreckte.

Vor Kriegsbeginn wurde sich durchaus auf den Erfahrungsraum bezogen, insbesondere beim Konflikt zwischen dem Oberkommando des Heeres und dem Oberkommando der Wehrmacht um die Spitzengliederung. Den Akteuren war bewusst, dass im Marnefeldzug militärische Entscheidungen nahezu ohne Beteiligung des Kaisers getroffen und die Teilstreitkräfte nicht hinreichend koordiniert worden waren, was etwa Alfred Niemann 1929 in einer vierhundertseitigen Monographie mit dem Titel „Kaiser und Heer. Das Wesen der Kommandogewalt und ihre Ausübung durch Kaiser Wilhelm II.“78 feststellte. Das Oberkommando des Heeres folgerte daraus, in Anschluss an die Stellung Moltkes oder Schlieffens allein die Gesamtkriegführung übernehmen zu müssen und bedauerte ihren Machtverlust, als das nicht gelang. Halder etwa sah sich abgehängt von der „ausschlaggebende[n] Bedeutung früherer berühmter Inhaber der Stellung wie v. Moltke und Graf Schlieffen“.79 Das Oberkommando der Wehrmacht hingegen leitete aus den Weltkriegserfahrungen die Forderung nach einer allen Teilstreitkräften übergeordneten Instanz ab und begründete das ebenfalls mit dem Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘. Zum Beispiel hieß es in einem Dokument vom April 1938, das gegen die Unterstellung von Marine und Luftwaffe unter das Heer argumentierte, man habe schon „im Jahre 1914 am rechten deutschen Heeresflügel mit der Unterstellung einer Armee unter die andere die denkbar ungünstigen Erfahrungen gemacht. Sie sollten nicht vergessen werden.“80

Während des Westfeldzugs lehnten die meisten Militärs Hitlers zunehmenden Einfluss auf die Operationsführung ab, was vielleicht als implizite Prägung durch den Erfahrungsraum gewertet werden darf.81 Explizite Rückbezüge auf Schlieffen oder den Marnefeldzug kamen jedoch, soweit ich sehe, in der Frage der Kompetenzverteilung während des Feldzugs von 1940 vergleichsweise selten vor. Ich ziehe das Fazit, dass der Erfahrungsraum auf der Ebene der Kompetenzverteilung zwar immerhin existent, aber doch deutlich weniger präsent als bei den bisher behandelten operativen Aspekten war.

5.2 Strategisches Denken: Neutralitätsbrüche 1914 und 1940

Eine zweite wichtige Frage zum Verhältnis von Krieg und Politik lautet, wie präsent der Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ bei der Berücksichtigung politischer Faktoren in der operativen Kriegsplanung war. Die Verschränkung von Operationsführung und Politik zeigte sich besonders anhand der Neutralitätsverletzungen gegenüber den Benelux-Staaten, die sowohl 1914 als auch 1940 aus der operativen Planung resultierten und auf die sich die folgende Argumentation konzentriert.

Die Militärelite des Westfeldzugs stand bereits insofern in einer Kontinuität zum Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘, als die allermeisten Akteure ebenso wie Schlieffen grundsätzlich operativen Erwägungen Vorrang vor politisch-strategischen einräumten.82 Die Militärs meinten, das Primat des Operativen auch mit Schlieffen erklären zu können. Halder schrieb zum Beispiel, die „Auswirkung der Schlieffen-Schule hat zur Folge gehabt, daß wir Soldaten uns bewußt und betont auf das Gebiet der rein militärischen Führung beschränkten und uns von allem fernzuhalten suchten, was in den Bereich der Politik und zivilen Verwaltung gehörte.“83 Insofern verwundert es nicht, dass die Akteure des Westfeldzugs in Kontinuität zum Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ erneut mit den Neutralitätsbrüchen verbundene politische Kosten in Kauf nahmen, um den dominanten operativen Erwägungen Genüge zu tun.84 Hitler beispielsweise meinte beim Befehlsempfang am 23. November 1939, die „Verletzung der Neutralität Belgiens und Hollands ist bedeutungslos. Kein Mensch fragt danach, wenn wir gesiegt haben. Wir werden die Verletzung der Neutralität nicht so idiotisch begründen wie 1914.“85

Trotz des Primats des Operativen findet sich in den Quellen eine Vielzahl politischer Reflexionen, und zwar durchaus auch solche mit Bezug auf den Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘. Zwar stand potenziell das Deutungsangebot bereit, die Neutralitätsbrüche mit einem affirmativen Bezug auf den Erfahrungsraum zu verteidigen, indem der Durchmarsch durch die neutralen Länder als militärische Notwendigkeit gerechtfertigt wurde.86 Dennoch war der Schlieffenplan 1939/40 nahezu ausnahmslos ein negativer Bezugspunkt, der dazu diente, die Neutralitätsbrüche zu kritisieren. Günther von Kluge meinte zum Beispiel, man solle lieber auf einen Angriff der Westmächte warten und ihnen den Neutralitätsbruch überlassen, denn ein eigener Angriff „macht uns genau wie 1914 die ganze Welt zum Feinde.“87 Und Nolte berichtete von einer Frontreise Brauchitschs und Halders im Herbst 1939, bei der Wilhelm List „Brauchitsch in ernstem Ton etwa fragte; ob wir nichts gelernt hätten aus dem Bruch der Neutralität Belgiens 1914. Der Oberbefehlshaber des Heeres (Ob d H) konnte ihm nur bekümmert antworten, daß er das dem ‚Führer‘ vergeblich vorgetragen habe.“88

In der Frage der Neutralitätsverletzungen war der Erfahrungsraum demnach zwar durchaus präsent. Doch erstens waren die Verweise auf den politischen Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ im Gegensatz zu denen auf den operativen mehrheitlich kritisch. Und zweitens war die Prägung auch nicht so wirkmächtig, dass die Notwendigkeit des Neutralitätsbruchs im Fall einer Westoffensive oder gar das Primat des Operativen wirklich ernsthaft in Frage gestellt worden wäre.

6. Fazit

Das Ziel dieser Arbeit bestand darin, zu klären, wie der Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ die Militärelite des Westfeldzugs 1940 prägte. Um die Frage beantworten zu können, habe ich – angeleitet von Kosellecks Kategorien Erfahrungsraum und Erwartungshorizont – ein heterogenes Korpus publizierter Quellen untersucht und auf dieser Grundlage die Zeit vor dem Westfeldzug, die Feldzugsplanungen, die Phase der Kampfhandlungen und schließlich das Verhältnis von Krieg und Politik analysiert.

Bereits vor dem Westfeldzug kam die spätere Militärelite mit dem Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ eingehend in Kontakt, insbesondere in der militärfachlichen Debatte nach dem Ersten Weltkrieg. Das Bild, das die Akteure von Schlieffen entwickelten, war dabei überwiegend positiv. Darüber hinaus wies das operative Denken im deutschen Heer nach 1918 bedeutende Kontinuitäten zur Schlieffenzeit auf. Konsequenterweise spielte der Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ dann in der Planungsphase für den Westfeldzug eine zentrale Rolle, und zwar sowohl für die Debatte um die ersten Aufmarschanweisungen als auch für die Entwicklung von Mansteins Alternativplan. Während und nach den eigentlichen Kampfhandlungen blieb der Erfahrungsraum eine relevante Größe, auf den sich die Akteure bei der Gesamtdeutung der Kriegführung, aber auch in konkreten operativen Entscheidungsprozessen wie den Konflikten wegen der Haltebefehle bezogen. Meine Hauptthese lautet deshalb: Die Militärelite des Westfeldzugs wurde nachhaltig in ihrem operativen Denken, grundlegend in der Planung für den Angriff und weiterhin bedeutsam während des eigentlichen Feldzugs vom Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ geprägt, der dabei fast ausnahmslos positiv betrachtet wurde.

Doch die Prägung durch den Erfahrungsraum ist in zweierlei Hinsicht zu relativieren. Erstens markierte die Sphäre von Krieg und Politik seine Grenze, hier war der Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ weniger wirkmächtig und wurde – etwa in Bezug auf die Neutralitätsbrüche 1914 und 1940 – auch kritisch beurteilt. Es handelt sich also primär um einen operativen Erfahrungsraum. Und selbst im operativen Bereich, so die zweite Relativierung, darf seine Bedeutung nicht überschätzt werden. Denn die Prägekraft des Erfahrungsraums war offenbar zum Teil individueller Natur und verdichtete sich besonders bei Manstein. In Halders Kriegstagebuch und Hitlers Weisungen hingegen, um zwei andersartige Fälle zu nennen, wird Schlieffens Name überhaupt nicht erwähnt.89

Lohnenswert wäre nun gewiss, sich mit weiterführenden Fragestellungen zu beschäftigen, die das Verhältnis bestimmter militärischer Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte betreffen, was auch dabei helfen könnte, den Stellenwert des Erfahrungsraums ‚Schlieffenplan‘ noch genauer zu taxieren. Zum Beispiel ließe sich komparativ nach dem Einfluss anderer Erfahrungsräume und Personen auf die Militärelite fragen, etwa nach dem Einfluss von Moltke dem Älteren, welcher beispielsweise von Guderian als „der bedeutendste Generalstabschef des deutschen Heeres“, der „am meisten Schule gemacht“ habe, bezeichnet wurde.90 Desgleichen könnte die Relevanz des Erfahrungsraums ‚Schlieffenplan‘ in anderen Zeiträumen und für andere Akteure – etwa für die französische Militärelite – untersucht werden. An Möglichkeiten, meine Ergebnisse zu erweitern und zu differenzieren, mangelt es also nicht.

  • 1. Erich von Manstein, Verlorene Siege, Bonn 1955, S. 97.
  • 2. Hans-Adolf Jacobsen (Hrsg.), Dokumente zur Vorgeschichte des Westfeldzuges, 1939–1940, Göttingen/Berlin/Frankfurt 1956 (Studien und Dokumente zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges 2a), S. 155.
  • 3. Gerhard Engel, Heeresadjutant bei Hitler, 1938–1943. Aufzeichnungen des Majors Engel, hrsg. von Hildegard von Kotze, Stuttgart 1974 (Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 29), S. 75.
  • 4. Auch Gerhard P. Groß spricht im Zusammenhang von Westfeldzug und Schlieffenplan von einem „Erfahrungsraum“, siehe Gerhard P. Groß: Der „Raum“ als operationsgeschichtliche Kategorie im Zeitalter der Weltkriege. In: Jörg Echternkamp/Wolfgang Schmidt/Thomas Vogel (Hrsg.), Perspektiven der Militärgeschichte. Raum, Gewalt und Repräsentation in historischer Forschung und Bildung, München 2010 (Beiträge zur Militärgeschichte 67), S. 115–140, hier S. 134.
  • 5. Vgl. Reinhart Koselleck, ‚Erfahrungsraum‘ und ‚Erwartungshorizont‘ – zwei historische Kategorien. In: Reinhart Koselleck, Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt am Main 42000 (suhrkamp taschenbuch wissenschaft 757), S. 349–375.
  • 6. Reinhart Koselleck, Moderne Sozialgeschichte und historische Zeiten. In: Reinhart Koselleck, Zeitschichten. Studien zur Historik, Frankfurt am Main 2000, S. 317–335, hier S. 331.
  • 7. Vgl. zur Operationsgeschichte etwa Bernd Wegner, Wozu Operationsgeschichte? In: Thomas Kühne/Benjamin Ziemann (Hrsg.), Was ist Militärgeschichte?, Paderborn u. a. 2000 (Krieg in der Geschichte 6), S. 105–113; Dennis E. Showalter, Militärgeschichte als Operationsgeschichte: Deutsche und amerikanische Paradigmen. In: Thomas Kühne/Benjamin Ziemann (Hrsg.), Was ist Militärgeschichte?, Paderborn u. a. 2000 (Krieg in der Geschichte 6), S. 115–126; Sönke Neitzel, Militärgeschichte ohne Krieg? Eine Standortbestimmung der deutschen Militärgeschichtsschreibung über das Zeitalter der Weltkriege. In: Hans-Christof Kraus/Thomas Nicklas (Hrsg.), Geschichte der Politik. Alte und Neue Wege, München 2007 (Historische Zeitschrift Beihefte (Neue Folge) 44), S. 287–308.
  • 8. Vgl. unter anderem Jehuda L. Wallach, Das Dogma der Vernichtungsschlacht. Die Lehren von Clausewitz und Schlieffen und ihre Wirkungen in zwei Weltkriegen, aus dem Englischen übersetzt von Hans Jürgen Baron von Koskull, Frankfurt am Main 1967; Wallachs Ergebnisse werden weitgehend übernommen bei Karl Lange, Marneschlacht und deutsche Öffentlichkeit, 1914–1939. Eine verdrängte Niederlage und ihre Folgen, Düsseldorf 1974 (Studien zur modernen Geschichte 17), S. 154–157. Vgl. des Weiteren zum Beispiel Robert M. Citino, The German Way of War. From the Thirty Years’ War to the Third Reich, Kansas 2005 (Modern War Studies); Gerhard P. Groß, Mythos und Wirklichkeit. Geschichte des operativen Denkens im deutschen Heer von Moltke d. Ä. bis Heusinger, Paderborn u. a. 2012 (Zeitalter der Weltkriege 9).
  • 9. Freilich erwähnen zahlreiche Studien zum Westfeldzug den Schlieffenplan gar nicht oder höchstens beiläufig. Vgl. beispielsweise Telford Taylor, The March of Conquest. The German Victories in Western Europe, 1940, London 1959; Alistair Horne, Über die Maas, über Schelde und Rhein. Frankreichs Niederlage 1940, aus dem Englischen übersetzt von Hansheinz Werner, Wien/München/Zürich 1969; Florian K. Rothbrust, Guderian’s XIXth Panzer Corps and the Battle of France. Breakthrough in the Ardennes, May 1940, New York/London 1990; Robert Allan Doughty, The Breaking Point. Sedan and the Fall of France, 1940, Hamden 1990; Ernest R. May, Strange Victory. Hitler’s Conquest of France, London/New York 2000; Julian Jackson, The Fall of France. The Nazi Invasion of 1940, Oxford 2003; Douglas Fermer, Three German Invasions of France. The Summer Campaigns of 1870, 1914 and 1940, Barnsley 2013; Philip Nord, France 1940. Defending the Republic, New Haven/London 2015.
  • 10. Hans-Adolf Jacobsen, Fall Gelb. Der Kampf um den deutschen Operationsplan zur Westoffensive 1940, Wiesbaden 1957 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 16), S. 31–35.
  • 11. Karl-Heinz Frieser, Blitzkrieg-Legende. Der Westfeldzug 1940, München 1995 (Operationen des Zweiten Weltkrieges 2).
  • 12. Bei der Analyse der Kontaktorte kann ich hinsichtlich der biographischen Rahmendaten zum Teil aufbauen auf Johannes Hürter, Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42, München 22007 (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 66). Die von Hürter untersuchte Personengruppe besteht zwar aus den deutschen Armeeoberbefehlshabern in den ersten Jahren des Kriegs gegen die Sowjetunion, sie deckt sich jedoch zu einem bedeutenden Teil mit der Militärelite des Westfeldzugs.
  • 13. Vgl. zur Altersstruktur der Militärelite allgemein Reinhard Stumpf, Die Wehrmacht-Elite. Rang- und Herkunftsstruktur der deutschen Generale und Admirale 1933–1945, Boppard 1982 (Wehrwissenschaftliche Forschungen 29), S. 285–297.
  • 14. Erich von Manstein, Aus einem Soldatenleben, 1887–1939, Bonn 1958, S. 27.
  • 15. Die Rede ist abgedruckt in Alfred von Schlieffen, Gesammelte Schriften. 2 Bände, Berlin 1913, hier Band 2, S. 446–448.
  • 16. Vgl. zur Kriegsakademie Hans Heinrich Driftmann, Grundzüge des militärischen Erziehungs- und Bildungswesens in der Zeit 1871–1939, Regensburg 1980, S. 68–73; Heiger Ostertag, Bildung, Ausbildung und Erziehung des Offizierkorps im deutschen Kaiserreich 1871 bis 1918. Eliteideal, Anspruch und Wirklichkeit, Frankfurt am Main u. a. 1990 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 416), S. 153–163. Vgl. für die drei genannten Personen Hürter, Heerführer, S. 56; sowie Christian Hartmann, Halder. Generalstabschef Hitlers 1938–1942, Paderborn u. a. 1991 (Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart), S. 34.
  • 17. Hugo von Freytag-Loringhoven, Generalfeldmarschall Graf von Schlieffen. Sein Leben und die Verwertung seines geistigen Erbes im Weltkriege, Leipzig 1920, S. 62; sich daran anschließend Bernhard Schwertfeger, Die großen Erzieher des deutschen Heeres. Aus der Geschichte der Kriegsakademie, Potsdam 1936, S. 123.
  • 18. Vgl. etwa Annika Mombauer, Der Moltkeplan: Modifikation des Schlieffenplans bei gleichen Zielen? In: Hans Ehlert/Michael Epkenhans/Gerhard P. Groß (Hrsg.), Der Schlieffenplan. Analysen und Dokumente, Paderborn u. a. 2006 (Zeitalter der Weltkriege 2), S. 79–99, besonders S. 95f.; Gerhard P. Groß, There was a Schlieffen Plan. Neue Quellen. In: Hans Ehlert/Michael Epkenhans/Gerhard P. Groß (Hrsg.), Der Schlieffenplan. Analysen und Dokumente, Paderborn u. a. 2006 (Zeitalter der Weltkriege 2), S. 117–160, hier S. 159.
  • 19. Heinz Guderian, Erinnerungen eines Soldaten, Heidelberg 1951, S. 79, 414.
  • 20. Vgl. auch Hürter, Heerführer, S. 71–73.
  • 21. Vgl. für die genannten Personen ebd., S. 80f., 620, 628, 646; sowie Wilhelm Keitel, Generalfeldmarschall Keitel. Verbrecher oder Offizier? Erinnerungen, Briefe, Dokumente des Chefs OKW, hrsg. von Walter Görlitz, Göttingen/Berlin/Frankfurt 1961, S. 27f.
  • 22. Vgl. als paradigmatisches Quellenbeispiel Friedrich von Bernhardi: Vom Kriege der Zukunft. Nach den Erfahrungen des Weltkrieges, Berlin 1920. Ähnlich äußerten sich Angehörige der Militärelite des Westfeldzugs, vgl. etwa Heinz Guderian, Schnelle Truppen einst und jetzt. In: Militärwissenschaftliche Rundschau 4 (1939), S. 229–243, hier S. 233; Erwin Rommel, Infanterie greift an. Erlebnis und Erfahrung, Potsdam 111941, S. 5. Vgl. als konzisen Überblick auch Markus Pöhlmann, Großer Krieg und nächster Krieg: Der Erste Weltkrieg in den Kriegslehren und Planungen von Reichswehr und Wehrmacht. In: Gerd Krumeich (Hrsg.), Nationalsozialismus und Erster Weltkrieg, Essen 2010 (Schriften der Bibliothek für Zeitgeschichte – Neue Folge 24), S. 285–297.
  • 23. Vgl. Hürter, Heerführer, S. 103–108.
  • 24. Vgl. zum Reichsarchivwerk Markus Pöhlmann, Kriegsgeschichte und Geschichtspolitik: Der Erste Weltkrieg. Die amtliche deutsche Militärgeschichtsschreibung 1914–1956, Paderborn u. a. 2002 (Krieg in der Geschichte 12), hier besonders S. 187f., 385.
  • 25. Ebd., S. 216.
  • 26. Andreas Heinrich Eugen von Zoellner, Schlieffens Vermächtnis. Ausgegeben zum 25. Todestage des Generalfeldmarschalls Graf von Schlieffen (4. 1. 1938), Berlin 1938 (Sonderheft Militärwissenschaftliche Rundschau).
  • 27. Reichsarchiv (Hrsg.), Der Weltkrieg 1914–1918. 14 Bände, 2 Sonderbände, Berlin 1925–1956, hier Band 1, S. 55–61.
  • 28. Manstein, Soldatenleben, S. 288; Manstein, Verlorene Siege, S. 56, 90, 189.
  • 29. Vgl. Heinz Guderian, Der mißverstandene Schlieffen. In: Die F-Flagge 11 (1935), S. 99–101; Heinz Guderian, Bewegliche Truppenkörper. Eine kriegsgeschichtliche Studie. In: Militär-Wochenblatt 112 (1927/28), Sp. 649–653, 687–694, 728–731, 772–776, 819–822, hier besonders Sp. 687–692.
  • 30. Groß, Mythos und Wirklichkeit, S. 257.
  • 31. Guderian, Erinnerungen, S. 342; zu Hitlers Schlieffen-Kenntnis siehe auch Günther Blumentritt, Zeugenschrifttum. Band 1, Archiv des Instituts für Zeitgeschichte München–Berlin ZS 208.1, online unter: ifz-muenchen.de/archiv/zs/zs-0208_1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. März 2017), S. 98; sowie Hans Meier-Welcker, Aufzeichnungen eines Generalstabsoffiziers, 1939–1942, Freiburg 1982 (Einzelschriften zur militärischen Geschichte des Zweiten Weltkrieges 26), S. 36.
  • 32. Vgl. zum Marnefeldzug Holger H. Herwig, The Marne, 1914. The Opening of World War I and the Battle That Changed the World, New York 2011.
  • 33. Siehe für beide Zitate Alfred von Schlieffen, Cannae. Mit einer Einführung vom Oberbefehlshaber des Heeres General der Artillerie Freiherrn von Fritsch, Berlin 31936, S. V.
  • 34. Vgl. zur ‚Schlieffen-Schule‘ und zur militärfachlichen Beurteilung des Marnefeldzugs nach 1918 Wallach, Dogma, S. 305–329; Lange, Öffentlichkeit, S. 128–154; Pöhlmann, Kriegsgeschichte, S. 314–321. Vgl. als paradigmatische Quellentexte etwa Wolfgang Foerster, Graf Schlieffen und der Weltkrieg. Erster Teil: Die deutsche Westoffensive 1914 bis zur Marneschlacht, Berlin 1921; Wilhelm Groener, Das Testament des Grafen Schlieffen. Operative Studien über den Weltkrieg, Berlin 1929.
  • 35. Guderian, Erinnerungen, S. 414.
  • 36. Günther Blumentritt, Von Rundstedt. The Soldier and the Man, übersetzt von Cuthbert Reavely, London 1952, S. 22.
  • 37. Wilhelm von Leeb, Die Abwehr, Berlin 1938, S. 9f., 18–21, 61, 79f.
  • 38. Beide Zitate in Heidemarie Schall-Riaucour, Aufstand und Gehorsam. Offizierstum und Generalstab im Umbruch. Leben und Wirken von Generaloberst Franz Halder, Generalstabschef 1938–1942, Wiesbaden 1972, S. 91.
  • 39. Heinrich Nolte, Vom Cannae-Mythos. Tendenzen und Katastrophen, Göttingen/Zürich 1991 (Zur Kritik der Geschichtsschreibung 5), Zitate auf S. 7 und S. 44.
  • 40. Vgl. etwa Manstein, Soldatenleben, S. 347f.
  • 41. Alfred von Schlieffen, Die taktisch-strategischen Aufgaben aus den Jahren 1891–1905, Berlin 1937 (Dienstschriften des Chefs des Generalstabes der Armee Generalfeldmarschalls Graf von Schlieffen 1), S. VI.
  • 42. Vgl. Groß, Mythos und Wirklichkeit, S. 61–198.
  • 43. Guderian, Der mißverstandene Schlieffen.
  • 44. Zoellner, Schlieffens Vermächtnis, S. 1.
  • 45. Blumentritt, Zeugenschrifttum, S. 98; vgl. ähnlich Keitel, Erinnerungen, Briefe, Dokumente, S. 389f.
  • 46. Manstein, Verlorene Siege, S. 57.
  • 47. Freilich machen Blumentritts Bezug auf Moltke und Mansteins Verweis auf die „deutsche“ Tradition deutlich, dass Schlieffen keineswegs die einzige Instanz war, die das operative Denken der Akteure prägte.
  • 48. Die Aufmarschanweisung findet sich in Jacobsen, Vorgeschichte, S. 41–46. Die zweite Aufmarschanweisung vom 29. Oktober und die dritte vom 30. Januar unterschieden sich zumindest nicht grundsätzlich, siehe ebd., S. 46–53, 59–63.
  • 49. Blumentritt, Zeugenschrifttum, S. 98.
  • 50. Guderian, Erinnerungen, S. 79.
  • 51. Keitel, Erinnerungen, Briefe, Dokumente, S. 226; ähnliche Assoziationen etwa bei Franz Halder, Hitler als Feldherr. Der ehemalige Chef des Generalstabes berichtet die Wahrheit, München 1949, S. 28; Adolf Heusinger, Befehl im Widerstreit. Schicksalsstunden der deutschen Armee 1923–1945, Tübingen/Stuttgart 1950, S. 71, 77.
  • 52. Manstein, Verlorene Siege, S. 96; ähnliche Kritik an der fehlenden Überraschung mit Bezug auf Schlieffen findet sich etwa bei Guderian, Erinnerungen, S. 79; Heusinger, Befehl, S. 71.
  • 53. Halder, Hitler als Feldherr, S. 28.
  • 54. Engel, Heeresadjutant, S. 69.
  • 55. Vgl. besonders Jacobsen, Fall Gelb, S. 31–35; auch etwa Frieser, Blitzkrieg-Legende, S. 74f.
  • 56. Manstein, Verlorene Siege, S. 97; vgl. auch Bernhard von Loßberg, Im Wehrmachtführungsstab. Bericht eines Generalstabsoffiziers, Hamburg 21950.
  • 57. Vortragsnotiz zu Mansteins Gespräch mit Hitler am 17. Februar 1940 in Jacobsen, Vorgeschichte, S. 155. Zu Schlieffens Vernichtungsabsicht beim Angriff auf Frankreich siehe die Denkschrift von 1905 in Gerhard Ritter, Der Schlieffenplan. Kritik eines Mythos. Mit erstmaliger Veröffentlichung der Texte und 6 Kartenskizzen, München 1956, S. 157, ebenso zitiert in Reichsarchiv, Der Weltkrieg, Band 1, S. 58.
  • 58. Manstein, Verlorene Siege, S. 123f.
  • 59. Die neue, vierte Aufmarschanweisung findet sich in Jacobsen, Vorgeschichte, S. 64–68; vgl. für den Konflikt um den Operationsplan besonders Jacobsen, Fall Gelb.
  • 60. Zitate in Frieser, Blitzkrieg-Legende, S. 431, 232.
  • 61. Ebd., S. 431, ähnlich auch ebd., S. 427.
  • 62. Vgl. beispielsweise R. L. DiNardo, German Armour Doctrine: Correcting the Myths. In: War in History 3 (1996), S. 384–397, besonders S. 396f.; Citino, German Way of War, S. XV, 311.
  • 63. Helmuth Greiner, Die Oberste Wehrmachtführung, 1939–1943, Wiesbaden 1951, S. 109; vgl. ähnlich etwa Johann Adolf von Kielmansegg, Panzer zwischen Warschau und Atlantik, Berlin 1941, S. 87; Manteuffel in B. H. Liddell Hart, Jetzt dürfen sie reden. Hitlers Generale berichten, aus dem Englischen übersetzt von Kurt Dittmar, Stuttgart/Hamburg 1950, S. 163; Guderian, Erinnerungen, S. 415.
  • 64. Zitate in Peter Bor, Gespräche mit Halder, Wiesbaden 1950, S. 145–147, 87.
  • 65. Manstein, Verlorene Siege, S. 57.
  • 66. Ebd., S. 148.
  • 67. Der Text ist abgedruckt in Wallach, Dogma, S. 380–384. Von dort stammen auch die folgenden Zitate.
  • 68. Zitiert nach ebd., S. 384.
  • 69. Reichstag (Hrsg.), Verhandlungen des Reichstags. 4. Wahlperiode 1939. Band 460: Stenographische Berichte 1939.–1942. Anlagen zu den Stenographischen Berichten, 1.–8. Sitzung, Berlin 1942, S. 70.
  • 70. Ebd., S. 79.
  • 71. Konstantin Hierl, Die deutsche Oberste Führung im Westfeldzug und der Schlieffen-Plan. In: Wilhelm Weiß (Hrsg.), Triumph der Kriegskunst. Das Kriegsjahr 1940 in der Darstellung des „Völkischen Beobachters“, München 21942, S. 67–74. Im gleichen Sammelband finden sich zahlreiche ähnliche Aussagen. Vgl. analog auch etwa Erich Murawski, Der Durchbruch im Westen. Chronik des holländischen, belgischen und französischen Zusammenbruchs, Oldenburg/Berlin 1940, S. 61f.
  • 72. Ebd., S. 133.
  • 73. Hans Rothfels (Hrsg.), Akten zur Deutschen Auswärtigen Politik, 1918–1945. Serie D: 1937–1945. Band 9: Die Kriegsjahre. Zweiter Band, 18. März bis 22. Juni 1940, Frankfurt am Main 1962, S. 305–306, hier S. 306; ähnlich auch Hitlers Rede im Reichstag am 19. Juli, siehe Reichstag, Verhandlungen, S. 70f.
  • 74. Helmuth Groscurth, Tagebücher eines Abwehroffiziers, 1938–1940. Mit weiteren Dokumenten zur Militäropposition gegen Hitler, hrsg. von Helmut Krausnick/Harold C. Deutsch, Stuttgart 1970 (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 19), S. 520.
  • 75. Guderian, Erinnerungen, S. 96.
  • 76. Carl von Clausewitz, Vom Kriege, hrsg. von Werner Hahlweg, Bonn 191980, S. 210; vgl. auch ebd., S. 990–998.
  • 77. Vgl. etwa Groß, Mythos und Wirklichkeit, S. 116f., 198; Geoffrey P. Megargee, Hitler und die Generäle. Das Ringen um die Führung der Wehrmacht 1933–1945, aus dem Amerikanischen übersetzt von Karl Nicolai, Paderborn u. a. 2006.
  • 78. Alfred Niemann, Kaiser und Heer. Das Wesen der Kommandogewalt und ihre Ausübung durch Kaiser Wilhelm II., Berlin 1929; ähnliche Beobachtungen auch bei Manstein, Soldatenleben, S. 53f., 221, 282f.; Keitel, Erinnerungen, Briefe, Dokumente, S. 157; Walter Warlimont, Im Hauptquartier der deutschen Wehrmacht, 1939–1945. Grundlagen, Formen, Gestalten, Frankfurt am Main 1962, S. 24.
  • 79. Zitiert in Schall-Riaucour, Aufstand und Gehorsam, S. 74f.; vgl. ähnlich auch Halder in Bor, Gespräche, S. 74; Manstein, Soldatenleben, S. 220–222; Guderian, Erinnerungen, S. 420.
  • 80. Keitel, Erinnerungen, Briefe, Dokumente, S. 159; vgl. auch ebd., S. 157–160.
  • 81. Manstein beispielsweise beklagte in seinen Memoiren in einem ganzen Kapitel die „Entmachtung des OKH“, siehe Manstein, Verlorene Siege, S. 67–90; vgl. ähnlich unter anderem Groscurth, Tagebücher, S. 218; Loßberg, Wehrmachtführungsstab, S. 53.
  • 82. Vgl. Groß, Mythos und Wirklichkeit, S. 263, 273f., 317f.; Megargee, Hitler und die Generäle, S. 16, 284.
  • 83. Halder in Schall-Riaucour, Aufstand und Gehorsam, S. 144; vgl. die ähnlichen Aussagen, in denen freilich Schlieffens Name nicht explizit auftaucht, bei Blumentritt, Rundstedt, S. 55; Guderian, Erinnerungen, S. 416.
  • 84. Operativ vorteilhaft war die Möglichkeit, die Befestigungsanlagen an der deutsch-französischen Grenze zu umgehen. Die politischen Kosten bestanden demgegenüber in erster Linie in der Verschlechterung der Beziehungen zu den neutralen Staaten. Sie wurden allerdings gegenüber dem Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ insofern relativiert, als sich das Deutsche Reich 1940 im Gegensatz zu 1914 durch den Angriff auf Polen sowieso schon mit den maßgeblichen Garantiemächten der Benelux-Staaten im Krieg befand.
  • 85. Michael Salewski (Hrsg.), Deutsche Quellen zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges, Darmstadt 1998 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 34a), S. 82.
  • 86. Das war die zentrale Rechtfertigungsstrategie unter anderem bei Johann Victor Bredt, Die belgische Neutralität und der Schlieffensche Feldzugsplan, Berlin 1929.
  • 87. Zitiert in Hürter, Heerführer, S. 165.
  • 88. Nolte, Cannae-Mythos, S. 46; ähnliche Reflexionen mit Bezug auf den Erfahrungsraum ‚Schlieffenplan‘ etwa bei Keitel, Erinnerungen, Briefe, Dokumente, S. 223; Wilhelm von Leeb, Generalfeldmarschall Wilhelm Ritter von Leeb. Tagebuchaufzeichnungen und Lagebeurteilungen aus zwei Weltkriegen, hrsg. von Georg Meyer, Stuttgart 1976 (Beiträge zur Militär- und Kriegsgeschichte 16), S. 223; Heusinger, Befehl, S. 71, 85; Groscurth, Tagebücher, S. 454.
  • 89. Franz Halder, Kriegstagebuch. Band 1: Vom Polenfeldzug bis zum Ende der Westoffensive (14. 8. 1939 – 30. 6. 1940), hrsg. von Hans-Adolf Jacobsen/Alfred Philippi, Stuttgart 1962, S. 389; Adolf Hitler, Hitlers Weisungen für die Kriegführung, 1939–1945. Dokumente des Oberkommandos der Wehrmacht, hrsg. von Walther Hubatsch, Frankfurt am Main 1962, S. 329.
  • 90. Guderian, Erinnerungen, S. 414.
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