Reichswehr-Projekt – Workshop 2025
Dennis Werberg
Miszelle
Veröffentlicht am: 
31. Januar 2025

Nach den, auch für die Wehrmachtführung überraschenden »Blitzsiegen« über Polen und Frankreich 1939/40 plante das deutsche Militär den Überfall auf die Sowjetunion operativ von Anfang an als »Blitzkrieg«. Dieser scheiterte nach anfänglichen großen Geländegewinnen vor Moskau. Auf der Suche nach den Hintergründen der Kriegführung der Wehrmacht richtet sich der Blick beinahe zwangsläufig auf die Reichswehr als organisatorische Vorgängerin. Hier stoßen Betrachterinnen und Betrachter heute jedoch auf das Problem, dass die Grundlagenforschung zur Reichswehr bereits in den 1980er Jahren verebbt ist. Selbst im Hinblick auf die Themen Kriegsbild und Operatives Denken, zu denen immerhin einige neuere Arbeiten vorliegen, stellt sich der Forschungsstand recht disparat dar. Hier setzt der geplante Workshop an.

In der Militärpublizistik der Weimarer Republik wurden zwar bereits früh Ideen diskutiert, die materielle Überlegenheit des Gegners in einem künftigen bewaffneten Konflikt durch hoch bewegliche Kriegführung und rasche Herbeiführung einer militärischen Entscheidung zu unterlaufen – der Begriff »Blitzkrieg« selbst findet sich hier bereits 1935. Doch was in der Reichswehr in den 1920er und frühen 1930er Jahren für die Landesverteidigung tatsächlich geplant und in ihren Manövern und Kriegsspielen intensiv geübt wurde, war die Landesverteidigung aus der strategischen Defensive. Realistisch betrachtet war das 100.000 Mann starke Reichsheer und die kleine Reichsmarine auch kaum zu mehr in der Lage.

Als verbindendes Element sowohl im imaginierten und im ab 1939 geführten Angriffskrieg als auch in der von der Reichswehr eingeübten, hoch mobil geführten Verteidigung und im sog. hinhaltenden Gefecht sticht die Beweglichkeit der Kriegführung und die Geschwindigkeit der Truppenbewegungen hervor. Diese hatten ihren festen Platz in der Geschichte des operativen Denkens deutscher Landstreitkräfte spätestens seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Beschleunigung und Geschwindigkeit waren jedoch Phänomene, die nicht nur die Militärs, sondern die gesamte Gesellschaft der Weimarer Republik umtrieben. Die geschichtswissenschaftliche Forschung hat in diesem Zusammenhang bereits mehrfach auf die große kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung von technischer Modernisierung, Beschleunigung und Tempo hingewiesen, die sich etwa in der allgemeinen Technikbegeisterung, vor allem für Raketen, Rennwägen und Flugzeuge sowie in der Heroisierung von Rennfahrern und Piloten äußerte. Gleichzeitig hatten die Kriegsplanungen mit dem Aufbau einer kaum beweglichen Miliz, eines Grenz- und Landesschutzes und im Festungsbau jedoch auch eine statische Komponente, die das Gegenstück zur beweglichen Kriegführung bildete.

Ziel des Workshops ist es, den disparaten Forschungsstand zum Kriegsbild und zum operativen Denken in der Reichswehr sowie in der jungen Wehrmacht kritisch zu überprüfen und unter Einbeziehung neuerer, kulturhistorischer Erkenntnisse zur Weimarer Republik zu erweitern. Im Mittelpunkt steht erstens die Frage, wie es der Reichswehr gelang, von der Landesverteidigung ausgehend die Grundlage für die operativen Erfolge der deutschen Land-, See- und Luftstreitkräfte zwischen 1939 und 1941 zu legen. Zweitens soll untersucht werden, welche Einflussfaktoren hier wesentlich waren und wie sich diese zueinander verhielten. Zu denken wäre in diesem Zusammenhang nicht nur an die oft hervorgehobene Tradition des operativen Denkens (Gerhard Groß), die Entwicklung moderner Militärtechnik (Markus Pöhlmann, Jens Wehner) oder die Herausforderungen bei technischen Modernisierung und die Beharrungskräfte bei der Beibehaltung älterer Militärtechnik (z.B. Kavallerie), sondern auch an die große Bedeutung, die Beschleunigung und Tempo im »Zeitgeist« der Weimarer Republik zukam. Dabei sollen drittens die Betrachtungen um die internationale Dimension erweitert werden, indem die deutsche Perspektive auf Entwicklungen im Ausland und der zeitgenössische Blick aus dem Ausland auf die Entwicklungen in Deutschland einbezogen werden.

Organisation

Der Workshop findet am 09./10. Juli 2025 am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) in Potsdam statt. Die Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch. Wir laden Interessierte ein, sich für die Veranstaltung anzumelden und bis zum 17. März 2025 neben einer Übersicht zur eigenen Biographie einen Themenvorschlag in Form eines Kurzexposés (max. 500 Wörter) einzureichen. Im Rahmen des Workshops soll den Teilnehmenden dann die Möglichkeit gegeben werden, ihre Überlegungen in Impulsvorträgen (5-7 Minuten) vorzustellen – der Schwerpunkt soll jedoch auf der Diskussion liegen. Um die Diskussion anzuregen, ist angedacht, dass die Referentinnen und Referenten im Vorfeld Thesenpapiere einreichen, die allen Teilnehmenden des Workshops zusammen mit weiteren Dokumenten zum Thema in Form eines Readers bereitgestellt werden. Die Veranstalter übernehmen Reise- und Übernachtungskosten in Anlehnung an das Bundesreisekostengesetz.

 

Kontakt:

DennisWerberg@bundeswehr.org
FriederikeHartung@bundeswehr.org