Unterschiedliche Artefakte – Bilder, Zeichnungen, Briefe, Alltagsgegenstände – dokumentieren kulturelle Begegnungen zwischen Okzident und Orient. Wie das im Falle von militarized cultural encounters und außerhalb von Museen und Archiven funktioniert, darauf bietet die hervorragend vorbereitete und mit sorgfältig recherchierten Begleitbeiträgen ausgestattete Online-Ausstellung, die im Folgenden besprochen wird, eine spannende und außergewöhnliche Antwort.
Im Rahmen des von der europäischen Förderlinie HERA finanzierten internationalen Verbundforschungsprojekts „Making War, Mapping Europe“, das von Prof. Dr. Oliver Janz an der Freien Universität Berlin geleitet wurde, unter Beteiligung des Trinity College Dublin und der britischen Universitäten von Swansea und York, entstand eine virtuelle Ausstellung über interkulturelle Kontakte im Kontext von Militär und Krieg: http://www.mwme.eu/exhibition/index.html
Die Jahrestage der napoleonischen Kriege und des Ersten Weltkrieges haben ein breiteres öffentliches Interesse für diese Ereignisse geweckt. Die Ausstellung richtet sich daher nicht ausschließlich an ein wissenschaftliches Publikum, sondern ist darüber hinaus auch für eine breite, historisch interessierte Öffentlichkeit konzipiert.
In sechs Themenbereichen werden Begegnungen von deutschen, französischen und englischen Soldaten mit dem Vorderen Orient und der Peripherie Europas im „langen 19. Jahrhundert“ vorgestellt:
- Französische Soldaten in Italien, 1795-1814
- Britische und französische Soldaten in Ägypten und in der Levante, 1798-1920
- Bayerische Soldaten in Griechenland, 1832-1862
- Deutsche Soldaten im Osmanischen Reich, 1914-1918
- Deutsche Soldaten auf dem Balkan, 1914-1918
Thematische Kategorien wie Gender, Gewalt, Besatzung und Erinnerung erleichtern die Orientierung und ermöglichen zugleich den Vergleich zwischen den Begegnungen in den unterschiedlichen zeitlichen und geographischen Rahmen. 320 Bilder und Artefakte, eingebettet im historischen Kontext, sowie thematische Essays zu verschiedenen Aspekten des kulturellen Kontakts verdeutlichen, wie militärische Einsätze und Expeditionen letztlich auch als Katalysatoren für unterschiedlichste Formen einer interkulturellen Begegnung fungierten. Die Exponate stammen aus Museen, Archiven und privaten Nachlässen – eine Quellen-Bandbreite, die erst durch den kollaborativen Forschungsansatz des Projekts, den es besonders zu würdigen gilt, erreicht wurde.
Während weitere Online-Ausstellungen1 zu militärhistorischen Themen Flash Animationen einsetzen beziehungsweise die Vorab-Installation von zusätzlichen Plugins und Software nicht ausschließen können2, erweist sich „Making War, Mapping Europe“ als besonders benutzerfreundlich. Der Betrachter kann sich anhand der thematischen Kategorien sehr gut orientieren, die Seite funktioniert einwandfrei mit unterschiedlichen Browsern (Firefox, Google Chrome, Internet Explorer, Microsoft Edge). Bilder wie Texte können heruntergeladen, Metadaten können abgerufen werden.
Fazit: Eine inhaltsvolle und überzeugende Ausstellung, bei der die wissenschaftlichen Erkenntnisse einen soliden Rahmen für die kontextuelle Verortung der historischen Exponate bieten und so tiefgehende Einblicke in die Hintergründe und Dynamiken kultureller Begegnungen ermöglichen. Hervorzuheben sind die hervorragende Strukturierung und die gelungene Zusammenführung von wissenschaftlicher Kompetenz und webtechnologischen Modalitäten. Es bleibt zu hoffen, dass die Online-Ausstellung weiterhin zugänglich bleibt beziehungsweise um weitere Bilder und Artefakte erweitert wird. Denkbar und sinnvoll wäre der Einsatz von thematisch relevanten Podcasts oder Videoformaten für ein medienaffines Publikum, um die Breitenwirkung zu verstärken und das Interesse an den aus dem Forschungsprojekt entstandenen wissenschaftlichen Monographien zu erhöhen. Empfehlenswert wäre, die bereits sehr gute Sichtbarkeit im Netz der Ausstellung durch weiteres Verlinken auf relevanten Webpräsenzen weiterhin zu pflegen. Eine noch breitere Rezeption könnte durch eine deutschsprachige Fassung der thematischen Einführung und zumindest eines Teils der Essays gefördert werden.
Genutzte Quellen:
Ankündigung der Ausstellung bei H-Net: URL: https://networks.h-net.org/node/73374/announcements/108638/launched-onli..., zuletzt abgerufen am 16.03.2017.
Ankündigung der Ausstellung bei 1914-1918-online: URL: http://www.1914-1918-online.net/news/2015-04-12_Online_Exhibition_launch..., zuletzt abgerufen am 16.03.2017.
- 1. Eine Auflistung weiterer Online-Ausstellungen zu militärgeschichtlichen Themenfeldern findet sich hier: http://www.greatwar.co.uk/research/online-exhibition/index-online-ww1-ex..., zuletzt abgerufen am 16.03.2017.
- 2. Als Beispiel können hier „The Price of Freedom: Americans at War” des Smithsonian’s National Museum of American History, URL: http://amhistory.si.edu/militaryhistory/, oder „On the Ways of the Great War”, URL: virtualexhibition.1418remembered.co.uk, genannt werden (beide zuletzt abgerufen am 16.03.2017), Letzteres ist ein Ergebnis der Kooperation mehrerer Museen.