Die Bauaufgabe Soldatenfriedhof - Kriegsgräberstätte zwischen 1914 und 1989
Forschungen zu Soldatenfriedhöfen und Kriegsgräberstätten gehören trotz einiger Vorarbeiten - beispielsweise von Meinhold Lurz, Monika Kuberek, Joachim Wolschke-Bulmahn und Christian Fuhrmeister - nach wie vor zu den Desideraten der Kunst- und Architekturgeschichte. Gerade im Hinblick auf den nahezu ein Jahrhundert zurückliegenden Ersten Weltkrieg und das 100-jährige Bestehen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. im Jahr 2019 erscheint eine kritische Betrachtung des Wissensstandes unerlässlich.
Zunächst gilt es, den Forschungsstand zu bilanzieren. Zweitens sollen - ebenso ausgehend von einer Analyse der Memorialarchitektur selbst wie der überlieferten visuellen und schriftlichen Quellen - Perspektiven für unterschiedliche methodische Zugänge diskutiert werden. Im Zentrum steht die Frage, welchen Beitrag eine genuin objekt- und quellenbezogene Untersuchung von Soldatengräbern, Sammelfriedhöfen und Kriegsgräberstätten des Ersten und Zweiten Weltkriegs für eine Geschichte des Kriegstodes im 20. Jahrhundert liefern kann.
Zugleich sind vielfältige interdisziplinäre Anknüpfungspunkte gegeben, da dieser Gegenstandsbereich neben der Kunst- und Architekturgeschichte unter anderem auch von der Gartengeschichte, der Landschafts- und Freiraumplanung, der Volkskunde und der empirischen Kulturwissenschaft sowie der Militär- und Zeitgeschichte bearbeitet wurde und wird. Fallweise wird zudem eine dezidiert komparatistische Untersuchungsperspektive einzunehmen sein, um die Besonderheiten des halbstaatlichen deutschen Totengedenkens im Vergleich zur Kommemorialarchitektur anderer Staaten zu profilieren. Schließlich ist gerade angesichts der aktuellen Tendenzen einer zunehmend virtuellen Erinnerungskultur die Nutzungs- und Rezeptionsgeschichte dieser notwendig 'unbequemen' Anlagen - zwischen politischem Totenkult, ewigem Ruherecht, Baudenkmal, nationalem Kulturerbe und internationalem Lernort - zu diskutieren.
Der erste Teil des Kolloquiums wird am 19. und 20. Februar 2014 vom Institut für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin, der zweite Teil am 11. und 12. September 2014 vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München ausgerichtet.
Die Veranstalter danken dem Ulmer Verein - Verband für Kunst- und Kulturwissenschaften e.V. für einen Zuschuss zu den Kosten des zweiteiligen Kolloquiums.
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Programm:
Kolloquium 1
Ort: Humboldt-Universität zu Berlin, Senatssaal, Unter den Linden 6, 10099 Berlin
Mittwoch, 19 Februar 2014
14.00 Begrüßung / Grußwort
Peter A. Frensch, Vizepräsident für Forschung der HU Berlin
Markus Meckel, Außenminister a.D., Pfarrer i.W., Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge (Berlin)
14.30 Einführung
Kai Kappel (Berlin) und Christian Fuhrmeister (München)
14.45 Sektion 1: Quellen und Strukturen
Kurzporträts von drei Quellenbeständen:
Peter Päßler, Archiv des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge (Kassel)
Herbert Karbach, Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes (Berlin)
Nina Janz, Abteilung Militärarchiv des Bundesarchivs (Freiburg/Br.)
Jakob Böttcher (Halle und Berlin): Rahmenbedingungen für den Bau deutscher Kriegsgräberstätten nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg
Marta Garcia Carbonero (Madrid): Landscape Gardening and War Memorials during and after WW I
16.30 Kaffeepause
17.15 Sektion 2: Belgien
Jan Vancoillie (Wevelgem/Belgien): Vom Feldgrab zum Kameradengrab. Die deutschen Soldatenfriedhöfe des 1. Weltkriegs in Flandern
Karen Shelby (New York): Belgian or Flemish - National Identity in the World War I Belgian Military Cemeteries
18.15 Pause mit kleinem Imbiss
19.00 Sektion 3: Gedenkkulturen und Spannungsfelder
Rainer Knauf (Illingen-Hüttigweiler): Soldatentod und individuelles Gedenken. Formen der militärischen Friedhofs- und Grabmalgestaltung am Beispiel des Ehrenfriedhofs des Ersten Weltkriegs auf dem Saarbrücker Hauptfriedhof
Ulrich Knufinke (Braunschweig): "Ihren für das Vaterland dahingegangenen Söhnen die dankbare Israelitische Religionsgemeinde". Ehrenmale und Friedhöfe für jüdische Gefallene des Ersten Weltkriegs
Anett Ladegast (Berlin): Dreiländereck. Die Soldatenfriedhöfe auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf (Berlin/Brandenburg) als Orte der Begegnung
Mischa Gabowitsch (Potsdam): Der föderale militärische Gedenkfriedhof bei Moskau
21.00 Ende des ersten Tages
Donnerstag, 20 Februar 2014
09.00 Sektion 4: Kriegsgräberstätten und Soldatenfriedhöfe des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.
Christian Fuhrmeister (München): Robert Tischler, Chefarchitekt 1926-1959: Ein Desiderat
Korbinian Böck (Münster): Das Freikorpsehrenmal auf dem Annaberg/Oberschlesien
Reiner Sörries (Kassel): Werner Lindner: Heimatschutz, Kriegsgräberfürsorge, Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal
Kai Kappel (Berlin): Strategische Memorialarchitektur für die Bundesrepublik? El Alamein und Tobruk
11:00 Kaffeepause
11.30 Sektion 5: Inklusion - Exklusion (Teil 1)
Nina Janz (Freiburg/Br.): Die Kriegsgräberfürsorge der Wehrmacht im zweiten Weltkrieg (Beispiel Parkkina)
Jens Nagel (Zeithain/Sachsen): Gefangen - gestorben - begraben. Sowjetische Kriegsgefangene in der deutschen Erinnerungskultur
Marco Dräger (Göttingen): Opfer der Wehrmachtsjustiz auf Soldatenfriedhöfen
13.00 Nachwort
Ralf Eckert (Stadtallendorf): Beobachtungen zum deutschen Totengedenken in Afghanistan
13.30 Arbeitsessen der ReferentInnen beider Kolloquien
15.00 Ende zweiter Tag
Kolloquium 2
Ort: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Katharina-von-Bora-Straße 10, 80333 München
Donnerstag, 11 September 2014
14.00 Begrüßung / Grußwort
Wolf Tegethoff, Direktor des Zentralinstituts für Kunstgeschichte München
Rolf Wernstedt, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge (Hannover)
Christian Fuhrmeister (München) / Kai Kappel (Berlin): Rückblick auf den ersten Teil des Kolloquiums sowie Einführung
14.30 Sektion 6: Italien (Teil 1)
Klaus Tragbar (Innsbruck): Die Inszenierung der Toten. Italienische Kriegsgräberstätten im Alpenraum als Mittel faschistischer Propaganda
Daniele Pisani (Venezia): I sacrari della Grande Guerra nell'Italia fascista
Hannah Malone (Cambridge): Fascist Italy's Ossuaries of the Great War: Objects or Symbols?
16.00 Kaffeepause
16.45 Sektion 6: Italien (Teil 2)
Birgit Urmson (Berkeley): Resting in Foreign Soil - US and German WWII Military Cemeteries in Italy: A Study In Contrasts
Anne Schmedding (Berlin): Die Moderne als Tradition. Dieter Oesterlen (1911-1994): Soldatenfriedhof Futa-Paß
17.45 Pause mit kleinem Imbiss
18.30 Sektion 7: Die religiöse Dimension
Jörg Schilling (Hamburg): Kriegerehrenzeichen für das Gemeindeempfinden. Die Beratungstätigkeit des Vereins für Christliche Kunst - evangelische Grab- und Gedenkkultur in Württemberg nach dem 1. Weltkrieg
Wolfgang Voigt (Frankfurt/Main): Josef Klarwein: Bad Berka 1931, Mount Herzl 1948
Shimrit Shriki (Au i. d. Hallertau und Jerusalem): Was Jesus in the Wehrmacht? National-Religious Commemoration in the Klagenfurt Kalvarienberg
20.00 Umtrunk
Freitag, 12. September 2014
09.00 Sektion 8: Gedenkorte und -praxen im internationalen Vergleich (Teil 1)
Claudia Niederl-Garber (Graz und Wien): Totenkult als Staatsideologie. Der Brüderfriedhof in Riga (1924?1936)
Neelima Jeychandran (Los Angeles): India Gate: A Palimpsest War Memorial
Kate C. Lemay (Montgomery/Alabama): German and American Material Culture and Constructions of Mourning in France
10.30 Kaffeepause
11.15 Sektion 8: Gedenkorte und -praxen im internationalen Vergleich (Teil 2)
Rasmus Kjærboe (Aarhus): Heroes Between Materiality and Myth. The Memorial Grove for the Danish Resistance
Aleksandar Ignjatovic (Belgrad): Modern Archaism as Trans-Historical Unity: Yugoslav War Memorials of the 1960-1970s
Janes-Laslo Stadler (München): Die Partisanennekropole in Mostar
Ingrid Scheurmann (Berlin und Dortmund): Kriegsgräberstätten in Belgien und Frankreich - Gedenkstätten, Erinnerungsorte oder Weltkulturerbe?
13.15 Mittagspause
14.15 Sektion 9: Inklusion - Exklusion (Teil 2)
Lars Thiele (Dresden): Sowjetische Kriegsgefangene auf Friedhöfen in Bayern
Ann Katrin Düben (Leipzig): Kriegsgräberstätten als Schauplätze regionaler und überregionaler Erinnerungskonflikte: die 'Kriegsgräberstätten' im Emsland
Jörg Skriebeleit (Flossenbürg): Das Memorialkonzept des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge und die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg [Arbeitstitel]
15.45 Christian Fuhrmeister, Kai Kappel: Zusammenfassung
16.00 Ende des Kolloquiums
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Kontakt:
Christian Fuhrmeister
Zentralinstitut für Kunstgeschichte
Katharina-von-Bora-Str. 10
80333 München
089 289 27 557
089 289 27 607
http://www.kunstgeschichte.hu-berlin.de/2013/11/kolloquium-bauaufgabe-so...