Mars und Museum. Europäische Museen im Ersten Weltkrieg [AT]

Datum: 
Mittwoch, 18. September 2013 bis Freitag, 20. September 2013
Ort: 
Berlin
Deadline: 
Dienstag, 30. April 2013

Es ist weitgehend in Vergessenheit geraten, dass nicht nur der Zweite, sondern auch der Erste Weltkrieg ein bedeutender Einschnitt in der Geschichte der europäischen Museen war. Der Louvre wurde 1914 von Paris nach Toulouse und Blois fast komplett evakuiert. Die Eremitage in St. Petersburg verwandelte sich für Jahre in ein Kriegslazarett und ihre Sammlungen wurden nach Moskau verlagert. In Berlin gefährdete der Krieg u.a. die großartige Münzsammlung im Kaiser-Friedrich-Museum (heute Bode-Museum), die von der Reichsbank als Garantie für Gold in Anspruch genommen wurde. Das British Museum verlor elf seiner Kustoden. In den Operations- und Besatzungsgebieten im Westen und Osten war der Museumsbetrieb aufgrund von Zerstörungen und der Evakuierung vieler Sammlungen jahrelang unterbrochen oder gestört; während und besonders nach dem Krieg blieben Neuerwerbungen erschwert. In vielen Institutionen eröffneten sich in der unmittelbaren Nachkriegszeit aber auch ungeahnte Möglichkeiten für die Umsetzung von Reformen, Neuordnungen und Umbauten. Die Geschichte der europäischen Museen im Ersten Weltkrieg ist bislang, wenn überhaupt nur im Rahmen der Institutionsgeschichte großer und mittlerer Museen aufgearbeitet.

Ziel der geplanten Tagung ist es, das Schicksal von Museumsbauten, von Sammlungen, sowie des Museumspersonals im Ersten Weltkrieg erstmalig vergleichend und transnational zu beleuchten. Die strukturellen Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen Museumsgeschichten im Krieg sollen ebenso beleuchtet werden wie auch nationale Spezifizitäten. So soll die Tagung die sich zunehmend internationalisierende Museumsforschung nicht nur widerspiegeln, sondern durch Identifizierung von Forschungslücken und Desiderata auch entscheidend vorantreiben.

Folgende Aspekte sollen, als Fallbeispiele oder aus vergleichender Perspektive, im Mittelpunkt stehen:

1. Akteure Handlungsweisen, Spielräume, Zirkulation und Erfahrungen von Museumsmitarbeitern an ihren angestammten Institutionen bzw. an der Front. Rolle der Frauen. Politische und wissenschaftliche Positionierungen im europäischen "Krieg der Geister". Museumsarbeit in den Operations- und Besatzungsgebieten. Erarbeitung kriegsaffiner Ausstellungsprojekte.

2. Diskurse Einbeziehung der Museen als Tempel der Kultur gegen die "Barbarei" des Feindes in Propagandaschriften und Vorträgen der jeweiligen Kriegsparteien. Gestaltung museumsspezifischer Argumentationsstränge in Völkerkundemuseen. Entwicklung spezifischer Terminologien an der Schnittstelle zwischen "Kunstschutz" und "Kunstraub". Museen und Museumssammlungen in der Bild-Propaganda der Zeit.

3. Werke und Sammlungen Auslagerungen und Kriegsverluste, Schutzmassnahmen an und in Museen. Forderungen nach "Restitution" einzelner Werke oder Sammlungen, Kunstraubpläne. Ausstellungstätigkeit bzw. Ausstellungsstopp im Krieg. Umwidmung von Museumsgebäuden zu Kriegszwecken. Kunstsammlungen als wirtschaftlicher Faktor. Ausstellungsorganisation an der Front. Erwerbungspolitik, Kunstmarkt und Krieg. Neuordnungs- und Umbaupläne. Umgang mit Museumsgrabungen in Frontgebieten und im außereuropäischen Raum.

Tagungsorte: Technische Universität Berlin, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin / Hamburger Bahnhof, Invalidenstraße 50-51, 10557 Berlin

Skizzen zu Vorträgen (30 Min.) im Umfang von etwa 1.000 Zeichen und kurze Angaben zur Biographie werden bis zum 30. April 2013 erbeten an Prof. Dr. Bénédicte Savoy (benedicte.savoy@tu-berlin.de) und Dr. Christina Kott (christina.kott@u-paris2.fr). Tagungssprachen sind deutsch, englisch und französisch.