Attraktion der Nazi-Bewegung

Datum: 
Mittwoch, 13. Februar 2013 bis Freitag, 15. Februar 2013
Ort: 
Tutzing
Deadline: 
Mittwoch, 30. Januar 2013

Vor 80 Jahren übernahmen die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland. Ernst Bloch hatte schon 1924 gewarnt: "So ist nicht gering anzuschlagen, wie Hitler die Jugend hat. Man unterschätze nicht den Gegner, sondern stelle fest, was so vielen eine psychische Gewalt ist und sie begeistert."

Zeitgenössisch glaubten viele Demokraten, dass die nationalsozialistische Bewegung nur eine der vielen sektiererischen Gruppierungen der Weimarer Zeit bliebe, die mit ihrer Hass-Propaganda, ihrer kruden völkischen Ideologie, ihrem kreischenden Führer, ihren pseudosakralen Ritualen und ihrer Brutalität die Menschen letztlich abstoßen würde. Worin bestand indes die Anziehungskraft der Nazi-Bewegung? Was brachte die Menschen zum Besuch von Parteiveranstaltungen, zur Bekehrung zu Hitler, zur Parteimitgliedschaft oder zum SA-Beitritt, zur Beteiligung an Gemeinschaftsbeschwörungen, Hassorgien und Gewalt gegen Juden und politische Gegner?

Warum wählten die Deutschen in wachsender Zahl quer durch die unterschiedlichsten Schichten und Milieus die NSDAP, warum versprachen sich immer mehr Menschen von einem Sieg der Nazis nationale Erneuerung und Reinigung? Was machte die Attraktion für die Jugend aus, für die Frauen? Warum fand die Judenfeindschaft so großen Anklang? Wie konnte es geschehen, dass eine antidemokratische Führer-Partei als volksnaher Protest gegen die Etablierten wahrgenommen wurde?

Die Anfälligkeit für die Nazi-Ideologie muss auf dem Hintergrund der Niederlage im Ersten Weltkrieg und der Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre gesehen werden. Mit dem Zusammenbruch der alten Ordnung und den sozialen und ökonomischen Umstürzen gingen alle Sicherheiten verloren. Subjektiv spiegelte sich die Krise im Erleben von Ohnmacht, Wut und dem Verlangen nach einem radikalen Neuanfang.

In den aktuellen Krisenzeiten erleben wir eine anwachsende gewalttätige Neonazi-Szene und einen zunehmenden "Extremismus der Mitte". Gibt es Parallelen zu der historischen Nazi-Bewegung, die uns die Attraktion des Rechtsextremismus heute verständlicher werden lässt?

Auf der Tagung wollen wir diesen Fragen aus den unterschiedlichen Blickwinkeln der Geschichtswissenschaft, der Sozialpsychologie und der Psychoanalyse nachgehen und dabei unseren Diskussionsprozess immer wieder reflektieren.

Veranstaltungsort:

Evangelische Akademie Tutzing

Schloss-Str. 2+4

82327 Tutzing

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Programm:

Mittwoch, 13. Februar 2013

18.00 Uhr Abendessen

19.00 Uhr Begrüßung und Einführung

Dr. Gudrun Brockhaus/Dr. Ulrike Haerendel

19.30 Uhr Erlebniswelten im nationalsozialistischen Milieu - Gewalt, Ordnung, Gemeinschaft

Prof. Dr. Peter Longerich

Donnerstag, 14. Februar 2013

08.45 Uhr Andacht in der Schlosskapelle

09.00 Uhr Die Attraktion des Ersten Weltkriegs für die Nazi- Bewegung

Prof. Dr. Gerhard Hirschfeld

Wie man Helden macht. Heroische Mythenbildung nach dem Ersten Weltkrieg bis zur Machtergreifung

Dr. Sabine Behrenbeck

10.45 Uhr Kaffeepause

11.00 Uhr Populismus, Nationalsozialismus und 1933

Prof. Dr. Peter Fritzsche

12.00 Uhr Hitler - Psychodynamische Überlegungen

Dr. Falk Stakelbeck

12.45 Uhr Mittagessen

14.15 Uhr Hilfe beim Aufbau - Hilfe zum Sieg: Was zog Frauen am Nationalsozialismus an?

Dr. Franka Maubach

15.00 Uhr Große Gefühle - das nationalsozialistische Erlebnisangebot

Dr. Gudrun Brockhaus

15.45 Uhr Kaffeepause

16.15 Uhr "Machtergreifung" or "Machtergriffenheit"? The sudden enthusiasm for Hitler 1930-33

Prof. Dr. Roger Griffin

17.15 Uhr Kommentar zum Tagungsverlauf und Diskussion

PD Dr. Christian Schneider/Marina Mayer

18.00 Uhr Abendessen

19.30 Uhr Ewige Schönheit. Film und Todessehnsucht im Dritten Reich

Präsentation des Filmes von Marcel Schwierin

Freitag, 15. Februar 2013

09.00 Uhr Mit Gewalt aus der Ohnmacht. Sozialpsychologische Anmerkungen zum Rechtsradikalismus

Prof. Dr. Heiner Keupp

Rechtsextreme Biographien - Fallbeispiele aus der Arbeit im Jugendstrafvollzug

Judy Korn

10.30 Uhr Kaffeepause

10.45 Uhr Ordnung und Rebellion - Rechtsextreme Gefühls- und Lebenswelten

Jan Buschbom

11.45 Uhr Kommentare und Diskussion mit den Referentinnen und Referenten der Tagung

12.45 Uhr Ende der Tagung mit dem Mittagessen

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Kontakt:

Dr. Ulrike Haerendel

Stellv. Direktorin

Evang. Akademie Tutzing

Schloss-Str. 2+4

82327 Tutzing