Revolution, Krieg und die Geburt von Staat und Nation
Krieg - Revolution - Nation
Dieser Dreiklang fasst das modernisierungstheoretische Deutungsmuster zusammen, mit dem der Wandel der alteuropäischen Gesellschaft hin zu den Staatsnationen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts charakterisiert wird. Die Ideen von Freiheit und Gleichheit sprengten das Gehäuse des Ancien Régime ebenso wie koloniale Abhängigkeiten und stellten die politische Ordnung auf eine neue Legitimationsgrundlage: Der Nationalstaat gab liberalen Bürgerrechten Raum und ermöglichte durch starke Abgrenzung nach außen die Partizipation immer größerer Gruppen im Innern. Diese Prozesse gaben einem ganzen Zeitalter, von der (Nord-) Amerikanischen Unabhängigkeit bis zur unvollendeten Revolution von 1848/49 den Namen "Age of Revolutions".
In den letzten Jahren sind Zweifel an einer allzu teleologischen Deutung dieser Verläufe laut geworden. Auf Debatten über den Revolutionsbegriff folgten Untersuchungen zu den Widersprüchen und vielschichtigen Intentionen der an der Nationsgründung beteiligten Gruppierungen. Damit wurde nicht zuletzt die "whig history" eines zunehmenden Emanzipations- und Liberalisierungsprozesses kritisch hinterfragt. Die Diskussion um die Implikationen von "Citizenship" lotete die In- und Exklusionspotentiale bürgerlicher Herrschaft im Nationalstaat aus.
An diesen kritischen Impetus der revisionistischen Geschichtsschreibung knüpft die Tagung an. Von Osteuropa, den Rändern Europas und vom amerikanischen Kontinent aus diskutieren die Referentinnen und Referenten die aus west- und mitteleuropäischen Zusammenhängen stammende Trias "Krieg - Revolution - Nation". Auf welche Regionen lässt sich das Deutungsmuster übertragen? Liefert die Ausweitung des räumlichen Horizonts Argumente auch für den west- und mitteleuropäischen Diskussionszusammenhang? Zwei Zeiträume stehen im Mittelpunkt: Die Jahrzehnte um 1800 als dem klassischen Revolutionszeitalter und die Jahre um den ersten Weltkrieg, in dessen Umfeld erneut territoriale und politische Ordnungen In Frage gestellt und neu gestaltet wurden. ------------------------------------------------------------------------
Donnerstag, 14. Februar 2013, Abend
Neue Aula, Hörsaal 14
18.00 Uhr Begrüßung durch den Rektor der Universität Tübingen
Prof. Dr. Bernd Engler
18.30 Uhr Begrüßung und Eröffnung der Tagung
Prof. Dr. Ewald Frie, Universität Tübingen
Key Note Lecture: 19.00 Uhr
Prof. Dr. Jürgen Osterhammel, Universität Konstanz
Krieg - Revolution - Bürgerkrieg
21.00 Uhr Geburtstagsempfang im Kleinen Senat
Freitag, 15. Februar 2013, Vormittag
Neue Aula, Großer Senat
9.00 Uhr
Prof. Dr. Ute Planert, Universität Toronto
Krieg, Nation, Revolution: Entwicklungen im langen 19. Jahrhundert
Teil I "Um 1800"
Moderation: Prof. Dr. Sylvia Paletschek, Universität Freiburg
9.15 Uhr
Prof. Dr. Wolfgang Knöbl, Universität Göttingen
Staatenbildung nach der Unabhängigkeit - ein US-amerikanischer Sonderweg?
10.00 Uhr
Prof. Dr. Horst Carl, Universität Gießen
Der ausgebliebene Befreiungskrieg. Gebremste Nationsbildung in Belgien und den Niederlanden 1780-1830
10.45 Uhr Diskussion, anschließend Kaffeepause im Kleinen Senat
11.30 Uhr
Prof. Dr. Stefan Rinke, FU Berlin
Der Preis der Freiheit: Revolution, Krieg und Nation in Lateinamerika im atlantischen Kontext, 1760-1830
12.15 Uhr
Prof. Dr. Wolfgang Gabbert, Universität Hannover
Zwischen Unabhängigkeitskampf, Caudillismus und guerra de reforma - Staats- und Nationsbildung in Mexiko, 1800-1861
13.00 Uhr Diskussion, anschließend Mittagspause
Freitag, 15. Februar 2013, Nachmittag
Neue Aula, Großer Senat
Teil II: "1890-1930"
Moderation: Prof. Dr. Friedrich Lenger, Universität Gießen
15.00 Uhr
Prof. Dr. Malte Rolf, Universität Bamberg
Aufstand, Aufruhr oder Revolution? Das Jahr 1905 und der Wandel der Nationsbilder im Königreich Polen
15.45 Uhr
Prof. Dr. Marie-Janine Calic, Universität München
Der Erste Weltkrieg und die Entstehung des jugoslawischen Staates
16.30 Uhr Diskussion, anschließend Kaffeepause im Kleinen Senat
17.00 Uhr
PD Dr. Christoph Jahr, Universität Düsseldorf/HU Berlin
Irische Revolution und irische Unabhängigkeit
17.45 Uhr Diskussion
Samstag, 16. Februar 2013, Vormittag
Neue Aula, Großer Senat
Moderation: Prof. Dr. Cornelia Rauh, Universität Hannover
9.00 Uhr
Prof. Dr. Stefan Plaggenborg, Universität Bochum
Viel Krieg, aber keine Nation: die Entstehung der modernen Türkei
9.45 Uhr
Prof. Dr. Jörg Baberowski, HU Berlin
Gewalt als Machttechnik. Revolution und Staatswerdung an der asiatischen Peripherie der Sowjetunion 1917-1941
10.30 Uhr Diskussion, anschließend Kaffeepause im Kleinen Senat
11.30 Uhr
Prof. Dr. Dieter Langewiesche, Universität Tübingen
Kommentar
12.00 Uhr Schlussdiskussion
Moderation: Prof. Dr. Ewald Frie, Universität Tübingen
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Prof. Dr. Ewald Frie (Tagungsleitung)
Maike Hausen (Organisation)
Seminar für Neuere Geschichte der
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Wilhelmstraße 36
72074 Tübingen
Mail: krieg-revolution-nation@uni-tuebingen.de
Teil: +49 7071 29 72381