Weltkriege edieren - Geschichtspolitik, Dokumentationspraxis, rechtlich-ethische Standards
Der Erste und der Zweite Weltkrieg gehören nach wie vor zu den Ereignissen jüngerer Zeitgeschichte, die sowohl von der historischen Fachwissenschaft als auch der breiten Öffentlichkeit vermehrte Aufmerksamkeit erfahren. Die stete Öffnung und das Auffinden von neuen Archivmaterialien und Entwicklung neuer Fragestellungen und theoretisch-methodischen Herangehensweisen machen dabei deutlich, dass diese beiden Themenkomplexe noch lange nicht erschöpfend analysiert worden sind.
Wissenschaftliche Editionen spielen bei der Erforschung der Geschichte der beiden Weltkriege sowie anverwandter Themenkomplexe und bei der Generierung von neuen Forschungsimpulsen nach wie vor eine zentrale Rolle. Die sich rasch weiterentwickelnden technischen Möglichkeiten, der mediale Wandel und das Internet bieten wissenschaftlichen Editionen neue Möglichkeiten der Dokumentations-, Darstellungs- und Nutzungsweisen. So sind in den letzten Jahren immer mehr Digitalisierungstools, datenbankbasierte Programme, Redaktionssysteme und Forschungsumgebungen entstanden, die neue Arbeitswerkzeuge zur Verfügung stellen, und nicht nur das kollaborative Arbeiten an wissenschaftlichen Editionen, sondern auch den Editionsvorgang und die Publikationsformen selbst nachhaltig verändert haben.
Traditionelle Printpublikationen sind zwar nach wie vor der Standard in der wissenschaftlichen Community. Sie werden jedoch zunehmend um digitale Angebote ergänzt. So haben die letzten Jahre aufgezeigt, dass immer mehr die Tendenz zu so genannten Hybrid-Editionen vorherrscht, die die Vorteile beider Publikationsformate vereinen wollen. Manchmal wird sogar der Schritt gegangen, auf die Printpublikation gänzlich zu verzichten. Digitale Editionen brechen dabei nicht nur die aus der Buchform bekannten und verfestigten Aufbau- und damit auch Denkmodelle von Editionen auf. Indem sie von ihrer Logik her von Beginn an als interaktives Medium angelegt sind, eröffnen sie Nutzern neue Nutzungsmöglichkeiten und damit innovative Zugänge zu den edierten Dokumenten. Nicht zuletzt führt ihre Zurverfügungstellung im Internet zu neuen Arbeitsweisen mit wissenschaftlichen Editionen. Gleichzeitig stellen Hybrid- und digitale Editionen die durchführenden Institutionen vor neue Herausforderungen, etwa in Fragen der Usability oder in Urheberrechtsangelegenheiten.
Der Workshop möchte am Beispiel von wissenschaftlichen Editionen und digitalen Projekten zum Ersten und Zweiten Weltkrieg und anverwandten Themenkomplexen diese neueren Entwicklungen von wissenschaftlichen Editionen aufgreifen und anhand konkreter Beispiele aus der Praxis diskutieren. Editionswissenschaftliche und geschichtspolitische Fragestellungen stehen dabei ebenso im Fokus wie die Möglichkeiten und Herausforderungen, die digitale Präsentationsformen eröffnen.
Veranstaltungsort: Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI), Goethestr. 31, 45128 Essen
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Programm:
Donnerstag, 05.02.2015
15.00 Begrüßung | Vorstellung der Teilnehmer
I. Grundsatzfragen der Dokumentationspraxis
15.30 Wolfgang Lukas: Der "Schatten" des Editors - dokumentierte vs. konstruierte Realität?
16.00 Diskussion
16.30 Kaffeepause
II. Technische Fragen der Dokumentationspraxis
17.00 Nico Nolden: Editionen ins Spiel bringen. Wie geschichtswissenschaftliche Grundlagenforschung von digitalen Spielen lernen kann
17.30 Thomas Burch: Forschungsnetzwerk und Datenbanksystem - eine dezentrale Arbeitsumgebung für digitale Editionsvorhaben
18.00 Diskussion
Freitag, 06.02.2015
III. Geschichtspolitik
09.00 Susanne Heim: Den Holocaust edieren unter geschichtspolitischen Vorzeichen
09.30 Markus Roth: Die Chronik des Getto Litzmannstadt - Dokumentation, Edition, Präsentation
10.00 Henning Scholz: Europeana auf dem Weg von einer digitalen Bibliothek zu einer digitalen Dienstleistungsinfrastruktur
10.30 Diskussion
11.00 Kaffeepause
IV. Rechtlich-ethische Fragen
11.30 Sylvia Asmus | Johannes Rost: Rechteklärung im digitalen Zeitalter - Die virtuelle Ausstellung "Künste im Exil". Ein Erfahrungsbericht
12.00 Tobias Herrmann: Editionen und Online-Präsentationen von Quellen des Bundesarchivs - Möglichkeiten und Grenzen
12.30 Peter Haslinger: Vom digitalen Umgang mit ediertem Grauen - einige forschungsethische Fragen
13.00 Diskussion
13.30 Abschlussdiskussion
14.00 Ende
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Kontakt:
Dr. Tara Windsor
Kulturwissenschaftliches Institut
Goethestr. 31
45128 Essen