Partisanen- und Aufstandsbewegungen während des Zweiten Weltkriegs - der Slowakische Nationalaufstand in vergleichender Perspektive

Jahrestagung des Collegium Carolinum in Kooperation mit dem Institut für Zeitgeschichte München-Berlin
Datum: 
Donnerstag, 6. November 2014 bis Sonntag, 9. November 2014
Ort: 
Bad Wiessee
Deadline: 
Samstag, 31. Mai 2014

Die Partisanenbewegungen des Zweiten Weltkriegs sind ein bisher nur wenig erforschtes Phänomen der europäischen Zeitgeschichte. Bisher finden sich vor allem Darstellungen zu ihrer militärgeschichtlichen Bedeutung oder zu Formen der nationalsozialistischen Partisanenbekämpfung. Dagegen mangelt es an Studien, die Motivationen und politischen Orientierungen der Partisanen sowie die gesellschaftlichen Kontexte beleuchten.

Die Jahrestagung des Collegium Carolinum 2014 nimmt den siebzigsten Jahrestag des außerhalb der slowakischen Forschung kaum beachteten Slowakischen Nationalaufstands von 1944 zum Anlass, nach den Entstehungsbedingungen und Organisationsformen von Partisanengruppen zu fragen. Ziel ist ein Vergleich der Partisanenbewegungen in der Slowakei mit anderen Widerstandsgruppen in Europa während des Zweiten Weltkriegs. Als Partisanen werden hierbei irregulär kämpfende Verbände verstanden, die einen "Kleinen Krieg" gegen eine Besatzungsmacht führend zugleich in einem Beziehungsgefüge zu den am "Großen Krieg" beteiligten Mächten stehen.

Dieser "Kleine Krieg" hatte immer auch eine politische Zielsetzung. Von Interesse ist somit, in welchen Zusammenhang der Kampf der Partisanen zu den von politischen Widerstandsgruppen getragenen Aufständen (Slowakischer Nationalaufstand, Warschauer Aufstand, Prager Aufstand) stand. Mit Blick auf politische Zielsetzungen von Partisanen ist darüber hinaus ihre Rolle in den europäischen Nachkriegsgesellschaften zu betrachten.

Für die Konferenz sind folgende Themenfelder vorgesehen:

1. Motivationen und Entstehungskontexte von Partisanenbewegungen

Partisanen, verstanden als "Parteigänger" einer kriegführenden Macht, werden meist als Widerstandskämpfer gegen eine feindliche Besatzung angesehen. Oft steht hinter ihrem Einsatz eine politische Agenda, die über das Ziel des militärischen Freiheitskampfes hinausreicht und auf die Errichtung neuer politischer Ordnungen zielt. Neben vor allem kommunistisch orientierten Gruppen im Kampf gegen die nationalsozialistische Besatzungsherrschaft finden sich auch national motivierte Partisanenverbände (etwa in der Ukraine, Polen oder dem Baltikum), die zum Teil in wechselnden Koalitionen agierten. Zugleich bildeten sich Gruppen, die aus purem Überlebenskampf zu Partisanen wurden. Neben entflohenen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern trifft dies insbesondere auf Juden zu, die sich Partisanenverbänden anschlossen oder selbst Kampfverbände gründeten. Ziel dieses Panels ist es, Motivlagen der jeweiligen Partisanenbewegungen mit Blick auf die politischen Kontexte zu unterscheiden und sie vergleichend in die Geschichte des Zweiten Weltkriegs einzuordnen.

2. Politischer Widerstand, Partisanenkrieg und Aufstände

Insbesondere im östlichen Europa war in den letzten Kriegsjahren der Übergang zwischen irregulär agierenden und sich regulär konstituierenden Kampfverbänden fließend. Der Kampf der Partisanen ist zudem immer auch im Zusammenhang mit größeren Widerstandsaktionen wie dem Warschauer Aufstand, dem Slowakischen Nationalaufstand oder dem Prager Aufstand zu sehen. Insbesondere für die Tschechoslowakei und Polen ist deswegen zu klären, in welchem Verhältnis das Handeln von Partisanenverbänden zu Planungen der jeweiligen Exilregierungen oder des heimischen politischen Widerstands standen. Vor Ort spielte wiederum das Verhältnis zwischen Partisanen und Zivilbevölkerung eine große Rolle, sowohl bezüglich der Unterstützung und Rekrutierung als auch der Gewalt gegen nicht kooperationswillige bzw. als "feindlich" definierte Zivilisten oder das erzwungene Requirieren von Material und Lebensmitteln. Nicht zuletzt sind Wechselwirkungen zwischen der Partisanenbekämpfung (unter anderem die deutschen sog. Vergeltungsmaßnahmen) und dem Partisanenkampf zu beleuchten.

3. Die Partisanen des Zweiten Weltkriegs nach 1945

Jede Nachkriegszeit kennt das Problem, Soldaten und andere am Krieg Beteiligte in die Nachkriegsgesellschaften zu integrieren. Folgt man der Annahme, dass Partisanen oftmals mit einer politischen Zielsetzung agierten und setzt dies in Beziehung zu den politischen und staatlichen Umwälzungen infolge des Zweiten Weltkriegs, so gerät die konkrete Rolle der Partisanen nach 1945 in den Blick. Neben der rechtlichen Behandlung von Partisanen und der damit verbundenen Integration durch sozialstaatliche Maßnahmen soll auch analysiert werden, inwieweit sich Partisanen organisierten. So gab es (1.) Gruppierungen, die etwa zur Etablierung der kommunistischen Herrschaft beitrugen. Es finden sich (2.) Fälle, in denen Partisanen nach Kriegsende aufgrund ihrer politischen Orientierung oder aufgrund ihrer während des Kampfes ausgeprägten Irregularität ins Abseits gerieten oder verfolgt wurden. Schließlich kämpften (3.) einige Partisanengruppen nach Kriegsende weiter und verfolgten dabei, wie zum Beispiel im Baltikum oder der Ukraine, ihre nationalistischen Ziele. Das Schicksal der Partisanen ist somit ein wichtiger Marker, um die Entwicklung der Nachkriegsgesellschaften zu untersuchen. Dies betrifft insbesondere die Erinnerungskultur an die Partisanen. Hier ist nach ihrer Bindung an die eigentlichen Trägergruppen zu fragen wie auch nach Entwicklungen, die über das Jahr 1989 hinausreichen. Hinsichtlich der Zeit nach 1945 ist außerdem die juristische Auseinandersetzung mit Partisanenkampf und -bekämpfung von Interesse, vor allem die Verfolgung (oder Nicht-Verfolgung) von Kriegsverbrechen. Damit verbunden ist die Frage nach der Bedeutung des Partisanenkriegs bzw. der heute viel diskutierten "Asymmetrischen Kriegführung" für völker- bzw. kriegsrechtliche Interpretationen und Modifikationen nach dem Zweiten Weltkrieg.

Erwünscht sind Beiträge zu den drei Themenfeldern zur Tschechoslowakei und zu anderen europäischen Fallbeispielen. Die Vorträge (20 Minuten) können in deutscher oder englischer Sprache gehalten werden. Die Herausgabe eines Tagungsbandes ist beabsichtigt.

Bitte reichen Sie eine kurze Skizze Ihres geplanten Vortrags (1-2 Seiten) in deutscher, tschechischer, slowakischer oder englischer Sprache ein bei: Ulrike Lunow (ulrike.lunow@extern.lrz-muenchen.de)

Tagungskonzeption: Jürgen Zarusky, Volker Zimmermann, Martin Zückert

-------------------------------------------

Kontakt:

Ulrike Lunow

Collegium Carolinum

Hochstr. 8

81669 München

(t) 089-552606-0

(f) 089-552606-44

ulrike.lunow@extern.lrz-muenchen.de

http://www.collegium-carolinum.de